Firkin 2: Die Frösche des Krieges
Orkan. Sie versuchten, wenigstens einen Teil von dem zu verarbeiten, was sie gerade erfahren hatten. Praxx führte sie aus dem Zimmer, durch enge hallende Korridore mehrere hundert Meter tief unter die Erde.
Noch bevor sich die schweren armierten Tore vor ihnen auftaten und den Blick freigaben auf die höhlenartige Halle, in der das Thaumatron stand, spürten sie es. Spürten es eher, als daß sie es hörten: das pulsierende Vibrieren starkthaumarer Teilchen, die mit hoher Geschwindigkeit ein magikinetisches Feld bildeten. Die Luft selbst war geladen, jede Bewegung in diesem Raum erzeugte einen Wirbel winziger blitzender Fünkchen. Sie gingen über metallene Gitterroste, durch die sie in die Etage tief unter sich sahen – es war ein überwältigender Ausblick.
Das Thaumatron füllte die Höhle beinahe vollständig aus. Es sah aus wie der verschlungen und verwickelt konstruierte Unterbau einer Brücke. Die Anlage pulste und vibrierte im Takt des Energiestroms, der durch sie hindurchfloß.
Stumm und von ehrfürchtigem Staunen ergriffen, starrten die Kinder die Anlage an. Praxx hatte große Mühe, das dröhnende Brummen zu überschreien.
»Das Thaumatron!« brüllte er. »Vor vielen Jahren gebaut – der Energielieferant für unsere Experimente und Tests. Kann bis zu fünfundzwanzig Gigathaum produzieren. Üblicherweise brauchen wir aber nur eine Leistung zwischen zehn und zwölf. Verlören wir es, wären wir vollkommen hilf- und schutzlos. Absolut wehrlos.«
»Wie funktioniert es?« schrie Hogshead. Das Brummen war ohrenbetäubend.
»In etwa so wie ein magischer Ring. Nur größer. Einige natürliche Substanzen sind mit magischen Feldern verbunden, bei anderen können sie induziert werden. Wenn du sie in der entsprechenden Weise anordnest und ein wenig Elementarenergie zuführst, stellst du ein positives Feedback her, und schon hast du dein eigenes Thaumatron. Nun ja, ein bißchen mehr gehört natürlich schon noch dazu: Dinge wie Dämpfungswiderstände, Absorptionsvorrichtungen, um im Fall von Überspannung das Durchschmelzen zu verhindern, und dergleichen. Aber sonst – eigentlich ganz simpel.«
Hogshead war fasziniert. Courgette ging der Krach auf die Nerven. Dawn steckte sich die Finger in die Ohren und zog eine Schnute.
»Wenn es den Cranachiern in die Hände fällt, haben wir keine Möglichkeit mehr, sie aufzuhalten. Und deshalb brauchen wir euch. Irgendwo in eurer Vergangenheit gibt es einen Zeitpunkt, einen Vorfall, eine zufällige Begegnung oder eine Frage, die – wäre sie anders gestellt worden – alles, was jetzt geschieht, verhindert hätte… einen Schicksalsknoten, der einen gehörigen Tritt braucht.«
»Was?« schrie Firkin. »Wollen Sie etwa behaupten, daß wir an allem schuld sind?«
»Nein!« brüllte Praxx. »Ich will damit nur sagen, daß ihr den Schlüssel zur Lösung des Problems besitzt. Ihr seid das Bindeglied zur Vergangenheit, das uns fehlt.«
»Einer von uns? Aber wie? Was haben wir getan?« schrie Courgette, die allmählich und noch sehr verschwommen eine leise Ahnung bekam, was das bedeuten konnte. Die Milch der frommen Denkungsart stockte und wurde zur sauren Suppe der vagen Erkenntnis.
»Es kann alles mögliche sein«, antwortete Praxx. »Vielleicht seid ihr irgendwann mal falsch abgebogen. Oder wart an einer Stelle, wo ihr schon ein bißchen früher hättet sein sollen. Oder erst ein bißchen später. Wir müssen lediglich herausfinden, wo ihr was gemacht habt, welches Ereignis es war, das alles ausgelöst hat. Und dann … ein bißchen stupsen!«
»Ach! Sonst nichts? Aber das ist doch unmöglich!« schimpfte Firkin.
»Nein, nicht unmöglich. Nur äußerst unwahrscheinlich. Das einzige, was die Angelegenheit tatsächlich ein wenig problematisch macht, ist die Tatsache, daß wir nur drei Tage Zeit haben, um die Verbindung zu Fisk in eurer Vergangenheit herauszufinden. Kommt schon.«
Drei Tage, um das Atom einer Nadel in einer Million Heuhaufen zu finden …! Logo – kein Problem!
Dawn zupfte Firkin heimlich am Ärmel und flüsterte: »Wer ist eigentlich Fisk?«
Firkin zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
»Sag mal – frierst du eigentlich nicht?« fragte Schikaneder. Die berittene cranachische Reichsgeheimpolizei war auf ihrem Marsch auf den Höhen des Foh-Passes angekommen, und der heulende Nordwind schleuderte ihnen Schneeregen und Hagelkörner entgegen. Der Winter stand kurz bevor und nutzte die erste Gelegenheit weidlich aus, einmal wieder richtig
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