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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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bin. Hätte ja sein können, es machte keinen Unterschied. Ich musste nachrechnen, ich schwör’s.
    Diesmal war es einfacher, denn ich bin dreißig geworden, eine runde Zahl. Ich bin jetzt ein Dreißigjähriger und fühle mich irgendwie komisch, wenn ich das sage, aber es stimmt: Ich bin ein Mann von dreißig Jahren.
    Bin ich glücklich? Ich weiß es nicht. Es gibt glückliche Menschen und traurige Menschen, und dann gibt es die wahrhaftigen Menschen, die manchmal glücklich und manchmal traurig sind. Im Moment bin ich glücklich, weil hier in Muglione heute Abend ein großes Fest stattfindet und wir Mirko feiern, der gestern Weltmeister geworden ist.
    In Stuttgart, nach 270 Kilometern Radrennen. Zehn Kilometer vor dem Ziel hat sich die Gruppe der Besten formiert, und unter diesen Besten war er der Allerbeste, und als die Steigung begann, hat sich Mirko aus den Pedalen erhoben und sein Ding durchgezogen, in einem gnadenlosen Tempo, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzudrehen (um die anderen nicht zu demütigen, wie er mir sagte). Mit jedem Pedaltritt wuchs sein Vorsprung, die Zuschauer tobten vor Begeisterung, und ich traktierte meine Couch mit Fußtritten. Jetzt tut mir der Fuß weh, aber das macht nichts. Weltmeister!
    Gleich nach dem Rennen wurde er interviewt, er war noch ganz außer Atem, und sein Helm saß schief. Er schickte Grüße an seine Frau, eine Spanierin, an seinen Sohn Ignacio und dann auch an mich. Und als er gefragt wurde, wie er es schafft, so stark zu sein, antwortete Mirko Ich habe gelernt zu siegen, als man mir beibrachte zu verlieren . Ein Satz, der im Nu um die Welt ging, aber ich glaube, ich war der Einzige, der ihn verstanden hat.
    Wer weiß, ob sich nicht auch Tiziana das Rennen angeschaut hat. Schließlich hat es ja in Deutschland stattgefunden, wo sie jetzt lebt. Wir haben uns vor zwei Jahren wiedergesehen, oder ist es schon drei Jahre her? Zu Weihnachten. Sie besuchte ihre Eltern mit ihrem deutschen Mann, der blond ist, aber nicht so groß, wie ich es mir von einem Deutschen erwartet hatte, und einem sehr blonden Mädchen, das wohl irgendwann noch größer werden wird als ihr Vater.
    Wir haben uns begrüßt und zwei Küsschen auf die Wange gegeben, und ich habe meinen Arm die ganze Zeit in der Hosentasche behalten. Aber nur deshalb, weil Kinder manchmal erschrecken, wenn sie sehen, dass ich nur eine Hand habe. Wir haben gesagt, dass wir uns vor ihrer Abreise nach Deutschland unbedingt noch auf einen Kaffee treffen müssen, am besten in der Rosticceria Il Fagiano. Wir haben gelacht und einander frohe Weihnachten gewünscht und uns dann nicht mehr gesehen.
    Auch weil ich zu der Zeit mit Marta zusammen war, einer Archäologin aus Parma, die an der Universität Pisa arbeitete. Sie war auf hartnäckiges Drängen des Bürgermeisters nach Muglione gekommen, nachdem man im Zuge der Kanalisationsarbeiten für die neue Wohnsiedlung Muglione 2 im ehemaligen Gewerbegebiet eigenartige Holzkonstruktionen ausgegraben hatte, möglicherweise römische oder phönizische Schiffe, die aus unerfindlichen Gründen im Hinterland von Pisa untergegangen sind.
    Dass es sich in Wirklichkeit um illegal entsorgten Bauschutt handelte, war Marta und ihren Kollegen schnell klar. Noch schneller allerdings war klar, dass unsere Beziehung nicht von Dauer sein konnte. Tatsächlich haben wir uns schon nach zwei Wochen wieder getrennt. Ich könnte jetzt sagen, dass mir das Wiedersehen mit Tiziana klargemacht hat, wie sehr ich immer noch an ihr hänge. Sie hatte zwar ein paar Fältchen mehr und sah aus wie meine Tante, aber ihr Blick hat mich immer noch verzaubert. Aber das entspricht nicht ganz der Wahrheit. Die Wahrheit ist, dass Marta mit einem Kollegen verheiratet war, der nach einem Türkeiaufenthalt wieder nach Italien zurückkam, und so war unsere Geschichte so schnell vorbei wie Mugliones Traum von einer römischen oder phönizischen Vergangenheit.
    Ist schon okay so, mit Marta ging es zu Ende, und ein Jahr später war es auch mit einer anderen zu Ende, die zufälligerweise auch Marta hieß und im Optikerladen im Zentrum arbeitete. Schon merkwürdig, aber das erste Mal, wenn eine Beziehung in die Brüche geht, hast du das Gefühl, die Welt geht unter. Alles erscheint dir plötzlich sinnlos. Du könntest bei einem Brand ums Leben kommen, umzingelt von lodernden Flammen, es würde dir nichts ausmachen. Nach dem Ende der zweiten Beziehung leidest du genauso, wenn auch nicht mehr ganz so lange. Dann folgen die

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