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Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive

Titel: Fische füttern - Genovesi, F: Fische füttern - Esche Vive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabio Genovesi
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öffne die Tür, und im Laden steht mein Vater mit einem Kunden, der sich Schwimmer aussucht. Er hält sie ins Licht, dreht und wendet sie, als könne er durch sie hindurchsehen. Mein Vater begrüßt mich, ich mache ihm ein Zeichen, dass ich in die Kammer gehe, in mein Zimmer. Ich will jetzt allein sein. Der Raum hat weder Fenster noch Licht, hier sind nur die Würmer, die sich raschelnd bewegen und scharren und sich aneinander reiben, und mehr brauche ich im Moment nicht. Ist schon okay so.
    Er sagt: »Warte, da ist …«
    Aber ich warte nicht, ich mache eine verneinende Geste mit dem Zeigefinger und deute auf die Falttür, reiße sie auf und geh in die Kammer. Und dort, auf meiner Pritsche, sitzt der kleine Champion.
    Er zuckt zusammen und springt auf. Er trägt seine komplette Rennfahrerausrüstung: Hose, Mannschaftstrikot, sogar den Helm und die Schuhe mit den Pedalplatten.
    »Was machst du denn hier?«
    »Nichts, ich … nichts, Signore.«
    »Willst du mich jetzt auch noch aus diesem Kämmerchen vertreiben?«
    »Nein, ich …«
    »Aber du tauchst ständig hier auf und gehst mir auf den Keks! Wieso bist du denn nicht in der Schule?«
    »Ich bin eine Stunde früher weg, weil ich Langstreckentraining habe.«
    »Ah, wie praktisch. Der junge Herr muss Rad fahren und schwänzt dafür den Unterricht.«
    »Ehrlich gesagt, wäre ich lieber in der Schule geblieben, ich geh nicht gern früher wegen …«
    »Schluss mit diesem Gejammer, es reicht! Ständig diese Klagen Radfahren widert mich an, gewinnen widert mich an, ich kann mich nicht mit den Mädchen unterhalten, ich kann kein Eis essen … Wenn dir das alles so zuwider ist, dann hör doch auf damit.«
    Der kleine Champion hebt den behelmten Kopf und strahlt übers ganze Gesicht. »Aber dann haben Sie ja meine Aufsätze gelesen!«
    »Nein! Was redest du da für einen Quatsch. Ich hab gesagt Nein. Ich denk gar nicht dran, deine Scheißaufsätze zu lesen! Verschwinde, geh zum Training und hör auf zu jammern! Denn wenn du die Schnauze voll hast, kannst du ganz einfach aufhören. Und weißt du, wie? Ich sag’s dir. Am Sonntag ist wieder ein Rennen, richtig? Gut, und das verlierst du. Du verlierst einmal, du verlierst zweimal, und du kannst dich darauf verlassen, dass mein Vater dich in null Komma nichts nach Hause schickt. Verlier doch, verdammt noch mal, ist doch nichts dabei. Verlieren ist das Einfachste auf der Welt!«
    »Aber ich … Ich weiß nicht, ob ich das darf.«
    »Du weißt nicht, ob du darfst? Was redest du da, siehst du, du regst mich schon wieder auf!« Ich spüre, wie etwas in mir hochkocht, aber es ist keine Wut. Es ist etwas anderes. »Du hast das Glück, dass du alles machen kannst, was du willst, du Trottel, aber du beklagst dich immer nur! Sag mir doch mal eins …« Ich zögere ganz kurz, dann beschließe ich, es doch zu sagen, der Tag ist ohnehin versaut. Ich halte ihm meinen rechten Arm unter die Nase. »Du beklagst dich ständig, Champion, aber sag mir, was würdest du machen, wenn du in meiner Lage wärst?«
    »Ich?«
    »Ja, sag schon, was würdest du machen.«
    »Ich, Signore, ich würde mir einen Haken machen lassen.«
    Ich schwöre, das hat er gesagt, und zwar ganz ernst. Trotzdem schaffe ich es nicht, ihm ordentlich eine zu verpassen. Vielleicht weil er minderjährig ist. Vielleicht aber auch, weil ich auf die Idee mit dem Haken selber schon gekommen bin. Als ich die Sache zum ersten Mal nach dem Unfall angesprochen habe, habe ich genau das gefragt: Kann ich nicht wenigstens einen Haken draufsetzen? Und die Ärzte haben gelacht.
    Ich lasse den Arm sinken, mache Platz. »Verschwinde, Kleiner, heute bin ich nicht gut drauf, und du hast mir grade noch gefehlt.«
    »Tut mir leid, wenn der Tag heute nicht so schön für Sie ist, Signore.«
    »Verpiss dich. Und mach, was du willst. Gewinn oder verlier oder sonst was, mir ist das scheißegal.«
    Der Kleine lässt seine Aufsätze auf dem Bett liegen, schnappt sich seine Sporttasche und geht auf die Tür zu.
    »Signore, hier obendrauf sind zwei ganz neue Aufsätze.«
    »Ich lese deine Aufsätze nicht, wie oft soll ich dir das noch sagen. Ich-le-se-sie-ni-hicht !«
    Ich brülle es ihm nach, während er sich schleunigst verdrückt. Er macht die Falttür hinter sich zu und ist weg.
    Ich bin allein. Im Dunkeln zwischen den lebenden Ködern.
    Den Rest des Tages will ich hier nicht mehr raus. Ich bleibe bei den Würmern, bei den Kisten, bei den Aufsätzen des kleinen Champions.
    Und bei Tizianas

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