Fischer, wie tief ist das Wasser
hätte. Mein Vater war still und ruhig und hielt meine Hand. Und das war schon eine ganze Menge.
«Sie haben ihn noch nicht gefunden.»
«Er hat mich gerettet», sagte ich trotzig. Ich wusste nicht, was das heißen sollte: Sie haben ihn noch nicht gefunden. Ich lag hier und war am Leben und er hatte mich gerettet.
«Keine Angst, Okka, bleib beim Boot und halte dich fest. Ich hole Hilfe, es sind nur ein paar Meter bis zur nächsten Sandbank, und die werde ich schwimmen. Bin gleich wieder da. Und du hältst solange durch, verstanden? Wir sehen uns.»
Ich spürte den Kuss auf meinen Lippen und die kalte Hand, die mir über das Gesicht strich.
Und alles war nass. Was war dann?
Erinnere dich! Erinnere dich! Erinnere dich!
Vielleicht träumte ich schon wieder. Mir wurde schlecht.
«Bist du wach?», hörte ich das Flüstern meines Vaters in meinen Traum gleiten. Ich versuchte, die Augen zu öffnen, die Mundwinkel zu einem Lächeln hinaufzuziehen, doch es misslang mir. Alles, was ich wollte, war schlafen, schlafen, schlafen.
Doch ich zwang mich, diesem Drang zu widerstehen. Es wurde Zeit, dass ich aufwachte. Etwas war geschehen und ich hatte überlebt. Ich blinzelte kurz und versuchte ein Nicken.
«Die Ärzte sagen, es geht dir ganz gut. Kreislauf und Atmung sind wieder im Gleichgewicht. Du hast verdammtes Glück gehabt.»
«Was ist passiert?» Endlich konnte ich mich bewegen, es erforderte alle Konzentration, die noch übrig war, damit ich mich ein wenig aufrichten konnte. Vater half mir und schob ein zweites Kissen unter meinen Rücken.
«Zwei Segler haben dich heute Nacht entdeckt, du bist bei dem heftigen Gewitter gestern Abend mit einem Segelboot gekentert, auf jeden Fall schwammst du halb ohnmächtig im Meer. Gott sei Dank hast du dich mit dem Handgelenk am Mast festgebunden, die Strömung hätte dich sonst unter Wasser gedrückt.» Er hatte meine Hand gegriffen und spielte mit meinen schlaffen Fingern. «Was hast du da auf dem Segelboot gemacht?»
Was hatte ich gemacht? Ich hatte einen Mann geliebt, es war schön, und dann …
«Wir sind vom Sturm überrascht worden und das Boot war auf eine Sandbank gelaufen.»
Vater sah mich an. «Mit ‹wir› meinst du dich und diesen Sjard, nach dem du mich vorhin gefragt hast?»
«Ja, Sjard ist losgeschwommen, um Hilfe zu holen, ich konnte nicht mehr, verstehst du? Papa, da war so viel Wasser und wir haben so dagegen gekämpft und konnten nichts tun, und diese verdammte Angst.»
«Und da hat er dich allein gelassen?» Ich merkte, dass er sich Mühe gab, ganz beiläufig zu klingen, doch ich wusste, was er mit dieser Frage ausdrücken wollte.
«Er wollte mich retten, er hat es mir versprochen!», sagte ich fast beleidigt, wich aber seinem Blick aus.
«Okka, ich sollte dir sagen, dass ich vorhin mit Ben telefoniert habe. Ich wusste ja nicht, dass ihr euch getrennt habt, und wollte ihm Bescheid sagen, was passiert war. Und da hat er mir die Sache mit Liekedeler erzählt.»
Ich drehte meinen Kopf zur anderen Seite und schwieg.
«Du bist da in eine ziemlich gefährliche Sache hineingeraten, Kind. Ich kenne diese Firma, ‹inPharm AG›, habe mal an einem Bericht über ihren Konkurrenzkampf mit diesem amerikanischen Pharmakonzern mitgearbeitet. Ich habe auch schon einiges über diesen Professor Isken gehört. Okka, wenn ich gewusst hätte, dass dieses Unternehmen bei Liekedeler mitmischt, dann hätte ich dir von Anfang an abgeraten, dort zu arbeiten.»
«Papa, du warst doch gar nicht da, als ich mich für Liekedeler entschieden habe. Du hast mir damals nur diesen Zettel auf den Tisch gelegt, dass ich den Job bekomme. Mehr nicht!», sagte ich, ohne meinen Kopf in seine Richtung zu drehen.
«Ich weiß. Ich bin nie da, es tut mir Leid. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum du dich noch nicht bei mir gemeldet hast, seit ich wieder da bin. Kann ich verstehen.» Er seufzte. «Aber, Okka, jetzt bin ich da, hörst du?»
«Hmm», brummte ich, weil ich merkte, dass mir die Tränen in die Augen stiegen.
«Ich bin da und ich werde dir helfen, diese Sache in Ordnung zu bringen, wenn du willst.» Er ließ nicht locker, sanft zog er meinen Kopf zu sich hin, sodass ich ihm ins Gesicht sehen musste. «Du kannst dich die nächsten Tage krankmelden und dich bei mir ausruhen, danach sehen wir weiter.»
«Danach sehen wir weiter, danach sehen wir weiter!», äffte ichihn nach. «Was ist denn mit den Kindern? Nehmen wir mal an, an den Kindern wird in irgendeiner Weise
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