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Fischer, wie tief ist das Wasser

Fischer, wie tief ist das Wasser

Titel: Fischer, wie tief ist das Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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woher immer diese Kopfschmerzen kommen.» Wieder zitterte ihr Atem. «Aber ich habe trotzdem Angst.»
    Ich nahm sie ein wenig fester in den Arm. «Vor dem Apparat?»
    «Nein, nicht vor dem. Ich habe Angst vor dem, was sie in meinem Kopf finden. Wissen Sie, manchmal sitze ich in meinem Versteck ganz in der Nähe, wo die anderen immer spielen, und drücke mir die Daumen auf die Lider, weil ich Angst davor habe, dass die Schmerzen meine Augen herausdrücken könnten.»
    Ich fühlte die dünnen Haare zwischen meinen Fingern und wollte nicht daran denken, was sich unter dieser Kopfhaut verbarg. «Tut das gut?», fragte ich und kraulte über ihren Scheitel. «Das hat noch nie jemand bei mir gemacht», entfuhr es ihr, sie zog den Rotz wieder nach oben, der ihr so flüssig wie die Tränen das Gesicht hinunterlief. «Vielleicht bin ich auch selbst schuld, dass mich nie jemand in den Arm nimmt. Ich bin oft sehr böse, wahrscheinlich wissen Sie das gar nicht, Frau Leverenz, aber ich hasse so viele Menschen und ich will ihnen dann nur Schlechtes tun.»
    Ich setzte mich auf die Bettkante und versuchte, die Ruhe selbstzu sein, dieses zitternde Kind sicher in meinen Armen zu halten und es zu wiegen.
    «Ich bleibe bei dir, bis du eingeschlafen bist, Gesa», hörte ich mich sagen. «Dann gehe ich wieder nach oben in mein Bett.»
    Sie unterbrach ihr Schluchzen, richtete sich kurz auf und wandte das nasse Gesicht mir zu. «Sind Sie auch hier im Krankenhaus?»
    Ich nickte. «Ja, wie gesagt, auch ich habe ein paar schreckliche Stunden hinter mir.»
    «Was ist passiert?», fragte Gesa und ich konnte sehen, dass sie sich um mich sorgte. Ich war gerührt.
    «Reicht es dir, wenn wir morgen darüber reden? Ich denke, für heute hattest du genug Unglück zu verdauen.»
    Ich wollte sie nicht damit belasten. Und ich wollte ihr nicht von Sjard erzählen, solange ich nicht wusste, was mit ihm geschehen war. Ich konnte meine Geschichte und die Ungewissheit ja selbst nicht ertragen.
    «Es ist richtig, dass sie dich morgen untersuchen, Gesa. Du wirst sehen, dann wird alles gut!»
    Für mich gab es keinen Zweifel, dass sie auch etwas entdecken würden in ihrem kleinen, schlauen Kopf. Ich hatte eine böse Ahnung. Mir wurde übel, ich wäre gerne aufgestanden, doch ich hatte Gesa versprochen, bei ihr zu bleiben, bis sie schlief.
    Ich legte meine kraftlosen Beine mit auf die Decke, rutschte ein wenig tiefer, sodass ich neben ihr lag und ihren Atem auf meinem Gesicht spürte. Ihre Augen waren zwar geschlossen, doch die Lider zuckten nervös, als wäre sie noch immer auf der Hut.
    «Versuche zu schlafen, kleine Gesa», summte ich in ihr Ohr. Sie lächelte, als ich «kleine Gesa» sagte.
    Ich dachte, sie würde schon schlafen, doch sie sammelte all ihre restliche Energie und spitzte die Lippen, schmatzte kurz. Ichmerkte, dass sie mir noch etwas Wichtiges sagen wollte. Es war etwas Schönes, etwas Friedliches, denn ein Lächeln rutschte zwischen die Silben.
    «Wissen Sie, ich finde, unser Haus sieht aus wie ein   … wie ein   …»
    Die Kraft versiegte.
    «…   wie ein Seeräuber mit einer Augenklappe», ergänzte ich.
    Und dann lächelte sie sich in den Schlaf.
     
    Gesa träumte selten, doch in dieser Nacht tat sie es. Die schlaflose Nacht, nachdem sie von zu Hause geflüchtet war, die ganzen Strapazen hatten sie müde gemacht. Und als Okka Leverenz ihr die Kopfschmerzen fortgestreichelt hatte und sie endlich die Weichheit und Wärme des Bettes genießen konnte, da war sie sanft und leise eingeschlafen und träumte einen wunderbaren, friedlichen Traum vom Kartoffelfeuer. Sie saß mit all den anderen Kindern im Kreis und lachte laut, aß Unmengen von heißen Kartoffeln und war glücklich. Sie spürte eine Hand auf ihrem Oberarm, die über ihre Haut rieb, es wurde kühler und sie bekam eine Gänsehaut, doch die Hand lag noch immer auf ihr.
    Moment. Das war kein Traum. Diese Hand   …
    Gesa öffnete erschreckt die Augen. Diese Hand lag wirklich dort. Und ihr war kalt. Die Bettdecke war zurückgeschlagen. Es war stockdunkel im Zimmer. Eine andere Hand drückte ihren Kopf in das Kissen. Sie konnte sich nicht umdrehen. Jemand hielt sie fest. Noch eine Hand. Eine dritte Hand packte ihre Beine, als sie losstrampeln wollte. Sie versuchte sich zu wehren, spannte ihren Oberkörper an, wollte sich aufbäumen, doch die Hände waren viel zu kräftig. Was war passiert?
    Und dann drang ein brennendes Piksen unterhalb ihrer Schulterein. Eine Spritze, kein Zweifel,

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