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Fischerkönig

Fischerkönig

Titel: Fischerkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wildis Streng
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»Der Siegler hat domols gmoont, wenn’s rechnt, sei des Lichterfeschd unrentabel!« Das letzte Wort war wieder auf Hochdeutsch gekommen, und all der aufgestaute Hass lag darin. »So?«, forderte Lisa zum Weiterreden auf.
    »Unrentabel!«, wiederholte der Mann und schüttelte theatralisch den Kopf. »Wie wenn’s do um sou Zeich wie Rentabilität genna däd!« Heiko nickte zustimmend.
    »Des seh ich scho au so, Herr Holderberg. Nur ist uns zu Ohren gekommen, dass Sie dementsprechend einen rechten Hass auf den Herrn Siegler hatten.« Holderberg warf die Kippe zu Boden und trat mit düsteren Blicken darauf ein, als handle es sich um Siegler persönlich. »Wisst ihr, ich bin halt ein Nationalgoldbacher. Ihr Crailsheimer wolltet ja au net des Volksfest abschaffen, beziehungsweis ihr Fischköpf …, was auch immer.« Lisa verzog ihren Mund zu einem schiefen Lächeln, Hohenloher waren einfach nicht davon abzubringen, alle Menschen, die ursprünglich von nördlich des Saarlandes kamen, als Fischköpfe zu bezeichnen. »Eben drum«, stimmte Heiko zu. Holderberg trat noch einmal auf die Stelle ein, wo er die Zigarette hingeworfen hatte, inzwischen waren die Reste zu bräunlichem Staub zerrieben. »Wie man hört, sei der erwürgt worden«, fuhr er dann fort. »Wisst ihr, ich hätte mir was ganz was anderes für den ausgedacht, Erwürgen geht viel zu schnell.«
    »Solche Aussagen sind nicht gerade dazu angetan, uns von Ihrer Unschuld zu überzeugen, Herr Holderberg«, erinnerte Lisa nun spitz. Holderberg hielt tatsächlich inne und meinte dann etwas versöhnlicher: »Dem war Goldbach doch egal. Dem ging es nur drum, dass er der Herr Ortsvorsteher ist. Und dann wollte er da rumknausern, damit der Ort reich bleibt und so.«
    »So oder so wäre das aber doch niemals durchgegangen, mit dem Lichterfest«, gab Heiko zu bedenken. Im Hintergrund hopste eine Amsel mit einem Wurm im Schnabel umher.
    »Ja, aber allein die Theorie. Außerdem – so ein verregnetes Lichterfest – da legt der Ort schon mal drauf. Aber darum geht es ja nicht. Es kann nicht immer nur ums Geld gehen.« Heiko erinnerte sich, dass das Problem des Lichterfestes war, dass es nur an diesem einen Sonntag stattfand, und genau das war tatsächlich schwierig – denn auf diese Weise setzte der Ort alles auf eine Karte. Regnete es nämlich nur ganz leicht, so war es nicht nur eine Sisyphosarbeit, die Teelichter in den Bechern am Brennen zu halten, sondern es blieben auch die Leute weg. Zudem war der Regen nicht nur ungemütlich, sondern er verschlammte auch die Hälfte der Wege, die immerhin aus Trampelpfaden an Feldern entlang bestanden. Insbesondere verwandelte Regen den Bereich um die Treppe herum in eine glitschige und nicht ungefährliche Schlitterpartie. Trotzdem gab es niemals einen Ausweichtermin, die Arbeiten im Vorfeld waren einfach zu kompliziert, zu aufwändig.
    »Kennen Sie einen Heinz Hintermann?«, fragte Heiko nun.
    »Flüchtig kenn ich den. Wir waren zusammen auf der Realschule. Und wie man sich da halt so kennt. Aber sonst nicht.«
    »Vom Fischereiverein?«, half Heiko nach.
    Holderberg winkte ab. »Da war ich seit Jahren nicht.«
    »Hatten Sie mit dem Hintermanns Heinz in letzter Zeit anderweitig zu tun?«
    Holderberg schüttelte den Kopf, dass die Haarsträhnen flogen.
    »Sie wohnen hier allein?«, mutmaßte Lisa.
    »Sieht mer des?«
    »Ich meine nur, wegen Ihres Alibis?«
    »Wann war denn der Mord?«
    »Am Sonntag«, informierte Heiko.
    »Sonntag …, da hab ich daheim den ›Tatort‹ angeschaut. Passt ja sogar irgendwie, gell?«
    Heiko überging den schlechten Witz. »Um was ging’s denn?«
    »Ach, irgendwas mit Kinderschändern.«
    »Und Sie waren allein?«
    »So allein wie Hänsel und Gretel im Wald.«
    »Das ist halt kein richtiges Alibi«, stellte Heiko fest. Holderberg schnalzte mit der Zunge und entblößte unfroh das gelbliche Gebiss.
    »Na, also ich weiß ja net viel über die Polizei, awwer ii glaab, fir an Haftbefehl langt’s aa nouni.«
    »Nun, wir müssen Sie mindestens bitten, Crailsheim nicht zu verlassen«, stellte Lisa fest. Holderberg wechselte wieder zu Hochdeutsch. »Das können Sie nicht von mir verlangen! Ich müsste ja meine Termine in Japan und Amerika absagen.«
    »Was arbeiten Sie eigentlich, Herr Holderberg?«, fragte nun Heiko.
    »Hartz Vier!«, war die knappe, aber dennoch aufschlussreiche Antwort. »Gelernter Kaufmann.«

    Der Vizefischerkönig starrte auf die trübe und zugleich hier und da glänzende

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