Fischerkönig
schweigend an einem Gurkenrädchen und wirkte irgendwie abwesend. »Ist alles in Ordnung?«, fragte Andreas. »Oder hab ich wieder was angestellt?« Seine Frau schüttelte nachdenklich den Kopf und nahm sich eine Brotscheibe, um sie auf den Teller zu legen. »Nein, alles okay. Es ist nur, naja, mir tut die Irina so leid. Findest du, man könnte das mit den Zetteln bei der Polizei sagen?« Andreas kaute konzentriert und schluckte schließlich geräuschvoll, als hätte er die Frage nicht verstanden.
Schließlich sagte er aber: »Das kommt ganz darauf an.«
»Worauf?«
»Wenn sie schuldig ist, dann verdient sie so was schon mal.«
»Komm! Denkst du, sie hat einen Killer angeheuert?«
»Was weiß ich.« Andreas schnappte sich ein Ei, setzte es in den bereitgestellten Eierbecher und köpfte es martialisch.
»Jetzt mal ehrlich«, meinte Gaby, »mir tut des Mädle leid. Der Siegler war doch widerlich.«
»Kann ich net beurteilen«, versetzte Andreas. »Ich bin ein Mann.«
Gaby verdrehte die Augen und fragte sich, warum Männer sich niemals trauten, andere Männer optisch zu beurteilen. Sie fürchteten wohl, für schwul gehalten zu werden, wenn sie etwa einen Geschlechtsgenossen als gut aussehend deklarierten. »Jetzt mal im Ernst: Gegen den Walter hatten doch viele was.«
»Hm«, machte Andreas, stippte seinen Löffel ins Salz und begann, sein Ei zu verzehren.
»Die Lilli wegen der Beziehungskiste, die Morgnerin selber hatte bestimmt auch einen Zorn, wegen dem Haus, der Lothar hat sich mit ihm wegen dem Lichterfest angelegt, und der Sackler ist, glaub ich, auch hinter der Irina her und könnte einen toten Siegler ganz gut brauchen. Und das sind bloß die Goldbacher, von den anderen ganz zu schweigen.«
Andreas wunderte sich keine Sekunde über die Tatsache, dass seine Frau über alles bestens informiert war. Aber offenbar gab es eine Sache, die ihren aufmerksamen Ohren entgangen war. »Du hast aber was vergessen«, erklärte er also.
»Was denn?«
»Einer hatte einen noch viel besseren Grund, den Siegler umzubringen.« Und dann erläuterte er seiner Frau, was und wen er meinte.
Heiko und Lisa hatten beschlossen, trotz des dienstfreien Samstages einen kurzen Abstecher zu dem Mann einzuschieben, der ganz sicher wusste, was es mit dem Westgartshau-sener Weiher auf sich hatte: Otto Waller.
Hier in Satteldorf hatte es anscheinend nicht geregnet. Herr Waller saß in Unterhemd und Bermudashorts auf seinem Gartenstuhl, als seine Frau im geblümten Sommerkleid die Kommissare durch das Haus in den Garten geleitete. Sofort erhob er sich und tadelte seine Frau, dass sie ihn doch bitte vorwarnen sollte, wenn Besuch käme. »Ou, da hab ich jetzt gar nichts gedacht«, entschuldigte sich Gerda lächelnd. »Ach, Herr Waller, machen Sie sich keine Gedanken, wir rennen daheim auch so rum«, beruhigte Heiko. Waller lächelte relativierend, verschwand aber trotzdem im Haus und kehrte kurze Zeit später mit einem T-Shirt bekleidet zurück. Inzwischen hatte Frau Waller die Gäste mit Apfelschorle versorgt. Waller setzte sich wieder an den Tisch und fixierte die Kommissare gespannt. »Und? Habt ihr den Mörder?«
Heiko verneinte. »Viele Verdächtige, aber bisher hatten alle ein Alibi.«
»So.« Waller wirkte richtiggehend enttäuscht, und die Enden seines Schnurrbartes sanken herab. »Uns ist da allerdings heute was Komisches zu Ohren gekommen«, begann Heiko.
»Ja?« Auch Frau Waller lauschte interessiert. Das waren sozusagen Informationen aus erster Hand. Besser ging es gar nicht.
»Anscheinend hat der Verein den Westgartshausener Weiher verkauft?«
Wallers beflissenes Lächeln erstarb, und er nippte nachdenklich an seinem Glas. »Kann sein. Und?«
»Sie wissen doch mehr darüber, Herr Waller. Erzählen Sie mal!«
»Hat das denn überhaupt mit dem Fall zu tun?«, warf Frau Waller ein. So oder so war es interessant. »Wer weiß«, gab Lisa zu bedenken. »Also?«
Waller räusperte sich und nahm noch einen Schluck aus seinem Glas, bevor er antwortete. »Der Siegler war der Meinung, der Verein hätte zu wenig Geld.« Heiko schwieg und zwang Waller damit quasi zum Weiterreden. Der Vorsitzende des ASV Crailsheim seufzte tief, bevor er fortfuhr: »Der hatte es immer so damit, dass man auch was flüssig haben müsste und so. Für schlechte Zeiten. Jedenfalls kamen dann diese Geschäftsleute aus Stuttgart, die den Weiher kaufen wollten, und da hat der Siegler mich … quasi überredet.« Ein kleiner Schwalbenschwarm flog
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