Fischland Mord - Küsten-Krimi
verbergen.«
»Richtig«, räumte Jonas ein. »Aber jemanden nicht
ausstehen können und jemandem einen Mord anhängen wollen sind zwei Paar
Schuhe.«
»Auch wieder wahr.« Sie fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Ich
geh jetzt wirklich in den Garten. Es ist heiß hier drin.« Sie wandte sich um
und sah nur noch aus den Augenwinkeln, dass Jonas sie begleiten wollte, aber
von Paul zurückgehalten wurde.
Draußen war die Luft viel angenehmer. Kassandra schlenderte hinter
die Scheune, wo nur noch Rasen und ein paar Büsche das Grundstück von Schilf
und Bodden trennten, und dachte über das nach, was gerade passiert war. Und ob
Paul nicht doch recht gehabt hatte. Sollten sie tun, was
sie vorhatten? Überhaupt Paul. Ein-, zweimal an diesem Abend war
er ihr ganz fremd vorgekommen.
»Ich fürchte, ich habe meine guten Vorsätze über Bord geworfen.
Schlimm?«
Kassandra drehte sich zu Kesting um und überlegte zum zweiten Mal an
diesem Abend, wie lange er da schon gestanden hatte. Sie schüttelte den Kopf.
»Warum sind Sie …« Er unterbrach sich. »Das ist albern. Darf ich Du
sagen? Wo wir doch sozusagen Partner sind?« Er wartete ihre Antwort nicht ab,
sondern fuhr gleich fort: »Also: Warum bist du allein
hier draußen? Ich meine, warum ist Jonas bei eurem Hauptmann geblieben?«
»Bei wem?«, fragte Kassandra irritiert.
»Paul Freese. Der war doch bestimmt früher bei der Stasi, wie der
sich aufführt.«
Kassandra starrte Kesting an. »Paul?« Dann lachte sie. »Was für ein
Blödsinn! Du kennst ihn doch gar nicht.«
»Nicht nötig. So was kriegt man nicht mehr raus aus den Leuten, das
merkt man einfach.«
»Aha. Du kennst dich da natürlich gut aus – als Westler wirst du
dauernd mit der Stasi zu tun gehabt haben.«
»Freut mich, dass du weißt, wo ich herkomme«, sagte er mit leicht spöttischem Unterton. »Das heißt, du interessierst dich ein kleines
bisschen für mich. Wenn ich Glück habe, nicht bloß, weil ich was über Tina
ausgraben kann. Du hast nach unserem Gespräch jedenfalls nicht im Katalog
geblättert, und mein Studium, das Gerlinde so prominent erwähnt
hat, hätte ich auch nach der Wende beginnen können.«
»Du hast mich beobachtet?« Offenbar sogar recht gut, fügte Kassandra
in Gedanken hinzu. »Warst du Stasi-Spitzel im NSW ?«
»Wo?«
»Im Nicht-Sozialistischen Wirtschaftsgebiet«, übersetzte Kassandra
ironisch.
»Nein, ich schwöre.« Er hob seine Hand und legte zwei Finger auf
seine Brust. »Ich bin viel zu jung dafür.«
Kassandra rechnete nach. Er musste zweiundvierzig sein. »Bist du
nicht.«
»Ah. Du weißt auch, wie alt ich bin. Das ermutigt mich, noch was zu
fragen.« Arnolds Lachen verschwand aus seiner Stimme. »Jonas und du – ist das
was Ernstes?«
Seine Offenheit verblüffte Kassandra, und die Frage machte sie ein
bisschen ratlos. Sie wusste selbst nicht so recht, was sich da entwickelte. Ob
sich überhaupt was entwickelte. Und ob sie das wollte.
»Ich wollte nicht indiskret sein«, sprach Arnold schon weiter,
»sondern nur wissen, ob ich eine Chance habe, dich wiederzusehen. Ich bin noch
eine Zeit lang hier, wegen der Ausstellung und weil ich mir ein paar freie
Wochen gönnen will.« Abwartend sah er sie an.
»Wenn du gern mit einer Landpomeranze ausgehen willst,
würde mich das freuen«, sagte Kassandra nach einem winzigen, wie
sie fand angemessenen Zögern und hoffte, die richtige Entscheidung getroffen zu
haben.
»Wie eine Landpomeranze siehst du nicht gerade aus. Du …«
»Kassandra?« Jonas kam auf sie zu. Er fragte gar nicht erst, ob er
störte.
Arnold griff in seine Jacketttasche und reichte ihr eine
Visitenkarte. »Ruf mich an, wenn du Zeit hast, ja?« Ohne Eile ging er in den
vorderen Teil des Gartens zurück und bog um die Ecke zum Scheunentor.
»Ihr seid schon beim Du? Ging ja schnell. Wozu sollst
du ihn anrufen?«, fragte Jonas.
»Er will sich mit mir treffen. Was Besseres konnte uns gar nicht
passieren, findest du nicht? Wenn ich mit Kesting essen gehe, kann ich ihm ein
bisschen auf den Zahn fühlen.«
Jonas wandte sich ab und schaute zu den Fackeln, um die sich ein
paar schwatzende Ausstellungsbesucher scharten. »Ja. Vermutlich.«
»Meinst du, das ist ein Fehler?«
»Wir haben die Sache angefangen, also geh mit ihm essen. Aber sei
vorsichtig.«
Kassandra hatte den Eindruck, dass er beim letzten Satz absichtlich
genügend Interpretationsspielraum ließ. »Warum betonst du das so eigenartig? Du
weißt, dass ich das nicht aus
Weitere Kostenlose Bücher