Fischland Mord - Küsten-Krimi
schönen Abend.« Sie beäugte Arnold noch einmal neugierig, bevor sie
sich davonmachte.
Arnold sah ihr hinterher, bis sie ganz sicher verschwunden war und
nicht mehr wiederkam.
»Violetta ist gewöhnungsbedürftig, aber eine gute
Seele«, erklärte Kassandra belustigt.
»Es muss ja was an ihr dran sein. Wer ist dieser Raimund, über den ihr gestritten habt? Ich dachte, bisher stünde bloß Jonas zur Debatte.«
»Raimund ist allein Violettas Angelegenheit«,
versicherte sie ihm, auch wenn das nur in einer Hinsicht stimmte.
Die Bedienung platzierte die Teller vor ihnen beiden. Der Matjes und
die grünen Bohnen waren gleichermaßen zart, was Kassandra jedoch nicht davon
abhielt, sofort nach dem ersten Bissen den Faden wieder
aufzunehmen. »Ich hatte fragen wollen, weshalb …«
»Nicht beim Essen«, winkte Arnold ab. »Ein gutes Essen muss man
zelebrieren, nicht zerreden.«
Nur ab und zu schaute er in den nächsten Minuten von seinen Gnocchi
in Käse-Kräuter-Sauce hoch und zu Kassandra hin. Ein bisschen kam es ihr vor,
als sei es ein Test. Sein Test für sie. Dabei hatte das
vielmehr umgekehrt laufen sollen. Bis die Teller abgeräumt
wurden, wechselten sie kein einziges Wort.
»Danke für deine Geduld«, sagte er dann. »Violetta würde mich
wahnsinnig machen.« Er lehnte sich entspannt zurück. »Du wolltest wissen, warum
ich so rastlos war. Vielleicht klingt es abgedroschen, aber man braucht eine
gewisse Freiheit als Künstler. Dennoch hat jede Phase ein Ende, sogar die des
Weltenbummelns.«
Kassandra lag schon die nächste Frage auf der Zunge, da meldete sich
in ihrer Tasche das Handy. Sie ignorierte es, aber Arnold schaute in die
Richtung, aus der das Klingeln kam.
»Dein Handy«, sagte er.
»Wird schon nicht wichtig sein.«
»Geh ruhig ran. Wir haben den ganzen Abend Zeit. Oder hast du noch
was anderes vor?« Lächelnd griff er nach seinem Glas.
Kassandra suchte ihr Handy, während sie sich fragte, warum es Arnold
gar nichts ausmachte, dass ihr Gespräch schon wieder unterbrochen wurde. Das
Display zeigte ihr den Namen der Anruferin. »Mona, hallo«, meldete sie sich und
stand auf, um zum Telefonieren die Terrasse zu verlassen. Dabei spürte sie
Arnolds Blick in ihrem Rücken.
»Hallo, hier spricht die Privatdetektei Kolbert«, sagte Mona mit
einem Lachen in der Stimme.
Kassandra bewegte sich weiter in Richtung Seebrücke, drehte sich
dann aber um und sah gerade noch, wie Arnold den Blick von ihr abwandte und auf
die See hinausschaute. Hatte er vielleicht gehofft, sie würde am Tisch bleiben
und dort telefonieren, sodass er zuhören konnte? Falls er es nämlich
war, der von Kind erpresst wurde, hatte er durchaus einen Grund,
sie zu belauschen. Er würde wissen wollen, was sie wusste: über Josef Kind,
vielleicht auch über Tina Bodenstedt – aber vor allem über ihn selbst.
Kassandra konzentrierte sich auf Mona. »Sag bloß, du
hast schon was erfahren können«, sagte sie erstaunt.
»Na sicher. Ich hab doch gesagt, dass Cornelia, ich meine Frau Degenhard, und ich ganz schnell Freundinnen werden. Ich kann sehr
überzeugend sein.«
»Das bezweifle ich nicht.« Sie schrak zusammen, als
über ihr eine Möwe kreischte.
»Wo bist du?«, erkundigte sich Mona. »Unterbreche ich was?«
»Nur meine Recherchen über einen Künstler namens
Arnold Kesting. Ich sitze gerade mit ihm in einem Restaurant an
der Seebrücke.«
»War nicht das letzte Mal die Rede von einem Jonas? Mensch,
Kassandra, du hast aber einen Männerverschleiß!« Mona lachte. »In dem Fall will
ich lieber gleich zum Punkt kommen: Violetta soll froh sein, dass sie Raimund
Degenhard los ist. Der Mann lässt nichts anbrennen. Oder sagen wir besser, er
ließ nichts anbrennen, bis Cornelia dahinterkam. Da hat es vor einiger Zeit
eine Künstlerin gegeben, die bei ihr ausgestellt hat, die konnte
Degenhards Charme offenbar ebenso wenig widerstehen wie Violetta.
Cornelia hat das rausgefunden, ihm ein Ultimatum gestellt und mit Scheidung gedroht. Wenn sie Wind davon bekommen hätte, dass Degenhard nach der Sache mit dieser Bodenstedt tatsächlich eine neue
Affäre angefangen hat, wäre es zappenduster für unseren
lieben Raimund geworden. Cornelia hätte ihn rausgeschmissen.«
»Bodenstedt? Tina Bodenstedt?«, vergewisserte sich Kassandra. »Die
Bildhauerin?«
»Ja, so hieß sie. Ist das wichtig?«
»Das könnte man sagen.« Dennoch wusste Kassandra nicht
recht, wie sie diese Information einordnen sollte. Hatte Kind
Tina Bodenstedt und
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