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Fischland Mord - Küsten-Krimi

Fischland Mord - Küsten-Krimi

Titel: Fischland Mord - Küsten-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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sein Laptop, daneben
lagen weitere Bücher, eine kleine Lampe brannte. Der Raum wirkte
trotz seiner Größe heimelig. Draußen dagegen war es ganz dunkel geworden, der
Sturm tobte noch heftiger als eben.
    »Kassandra?«, rief Paul von oben. »Die untere linke Schublade vom Schreibtisch. Da liegen ein paar alte Umlaufmappen, ich brauch die
blaue mit der Aufschrift Seefahrtschule. Leg sie raus, ja?«
    »Mach ich«, sagte Kassandra so leise, dass Paul sie vermutlich gar
nicht gehört hatte. Sie fühlte sich seltsam befangen. Nur zögernd trat sie an
den Schreibtisch heran, zog dann aber entschlossener die Schublade auf und fand
schnell die Mappe, in der Baupläne lagen. Sie schloss die Schublade wieder.
Dabei schaute sie auf das Notebook, auf dem der Bildschirmschoner
abwechselnd Fotos von Möwen und Ostseewellen zeigte. Ihr Finger bewegte sich in
Richtung Leertaste, um ihn zu deaktivieren, aber
das wagte sie doch nicht. Stattdessen fiel ihr Blick auf das neben dem Laptop
liegende Buch, in dem mehrere Papierschnipsel als Lesezeichen
steckten. Überrascht wollte sie es aufnehmen, da kam Paul herunter. Er hatte
ein Hemd übergezogen und steckte in festen Schuhen und Lederjacke. In der Hand
trug er eine Taschenlampe.
    »Können wir?« Er nahm ihr die Mappe aus der Hand und ging voraus.
    »Woher hast du die Pläne?«, fragte Kassandra. »Von der
Gemeindevertretung geklaut oder aus alten
Stasi-Beständen?« Sie hatte überhaupt nicht nachgedacht, bevor
sie sprach, und erschrak über sich selbst. Am liebsten hätte sie die Worte
zurückgenommen, aber dazu war es zu spät.
    Paul wandte sich kurz zu ihr um. Seine Brauen zuckten in die Höhe,
er sah aus, als wisse er nicht recht, wie er darauf reagieren sollte.
»Tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Weder noch«, sagte er
schließlich mit einem kleinen Lächeln. »Mein Vater war Professor an der
Seefahrtschule und in den Achtzigern Mitglied einer Umbaukommission. Als die
Schule geschlossen wurde, legte keiner mehr Wert auf die Pläne, da hat er sie
behalten.« Er schloss seinen Wagen auf. »Steig ein, das
geht schneller, als gegen den Sturm anzulaufen.«
    »Was macht dein Vater heute?«, fragte Kassandra. Erste
dicke Regentropfen prasselten gegen die Windschutzscheibe.
    »Nichts. Er ist tot.«
    »Das tut mir leid. Was ist passiert?«
    Paul warf ihr einen Seitenblick zu. »Wie kommst du
darauf, dass was passiert ist?«
    »Ach Paul, auch wenn du immer so tust – du bist nicht Methusalem.
Dein Vater könnte noch leben.«
    »Hm.« Paul bog in die Strandstraße ab, die er trotz der Schwellen
zur Geschwindigkeitsbegrenzung in halsbrecherischem Tempo entlangraste.
Die Stoßdämpfer des Wagens funktionierten gut, dennoch hielt sich
Kassandra bei jedem Holpern fest. »Mein Vater war schon Dozent an der
Seefahrtschule, als sie noch offiziell so hieß. Lange vor dem Zusammenschluss
zur Ingenieurhochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow Ende der Sechziger. Er
war nicht irgendein Dozent, er war der beste in seinem Fach. Ich hab ihn damals
in Teufels Küche gebracht, als ich …« Paul unterbrach sich und setzte neu an.
»Die Schule wusste genau, was sie an ihm hatte, er wurde später Leiter des
Wissenschaftsbereichs Technische Mechanik. Umgekehrt bedeutete die
Schule das Leben für meinen Vater. Als sie nach der Wende in die Uni Rostock
eingegliedert wurde, sah es erst aus, als bleibe alles mehr oder
weniger beim Alten. Doch dann wurde ein Politikum draus, und das Aus für Wustrow ließ nicht lange auf sich warten. In Rostock haben sie meinen
Vater mit Kusshand genommen, aber das war nicht mehr dasselbe für ihn. Das Ende
der Seefahrtschule bedeutete auch seins. Im Jahr darauf erwischte ihn ein
Infarkt. Meine Mutter konnte das nicht verwinden, sie ist nach Schwerin gezogen
und nie zurückgekommen.«
    Kassandra spürte Pauls Schmerz, egal, wie lange das
her war. »Du bist geblieben.«
    »Ich geh hier erst weg, wenn ich sterbe.« Ein erneuter Seitenblick
traf sie, begleitet von einem Lächeln. »Klingt pathetisch, was? Ist aber so.
Ich könnte nie woanders leben.«

16
    Paul hielt auf dem durchweichten Parkplatz, schaltete das Licht im
Wagen an und blätterte schnell durch die Pläne, bis er den für den Keller
gefunden hatte. »Wo seid ihr rein?«
    »Auf der anderen Seite, die Tür gleich dort um die Ecke.« Sie
erklärte, welchen Weg sie genommen hatten, und beschrieb die ungefähre Stelle
der Mauer im Keller.
    Paul tippte mit dem Finger auf den Plan. »Das muss hier sein.

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