Fischland-Rache
für ihn gewesen sein. Dass Mirko nicht Ralfs leiblicher Sohn ist, beweist zwar nichts, aber wenn wir die anderen Fakten dazuzählen, passt leider alles zusammen.« Paul schien kurz in Gedanken zu versinken. »Heinz hat eben Mona erwähnt. Meine Frage wird dir nicht gefallen, aber wie sicher bist du dir, dass sie auf diesem Goldschmiede-Treffen war? Wenn sich jemand die Mühe macht, eine Ãberwachungskamera auszutricksen, macht derjenige sich vielleicht auch die Mühe, Fotos zu fälschen.«
»Die sahen absolut echt aus«, protestierte Kassandra. »Sieh sie dir selbst an.« Sie rief erneut Monas Website auf dem Notebook auf. »Wie soll man so was fälschen? Das ist ein Pulk von Menschen und Mona ganz deutlich mittendrin.«
Konzentriert betrachtete Paul die beiden Fotos, auf denen Mona zu sehen war, und nickte schlieÃlich. »Du hast recht, war eine dumme Idee.« Er wollte gerade das Notebook herunterfahren, da klingelte es an der Tür. »Jetzt nicht«, sagte Paul unwillig, doch das Klingeln wurde nur noch nachdrücklicher. »Gehst du aufmachen?«, bat er.
DrauÃen stand ein Mann, den Kassandra zum ersten Mal ohne Begleitung sah. »Ist es Ihre Angewohnheit, nicht zu öffnen, obwohl Sie zu Hause sind?«, fragte Kriminaloberkommissar Harms gruÃlos. Gleich zu sagen, worauf es ihm ankam, hatte er offenbar von Dietrich übernommen, der Kassandra gerade wesentlich lieber gewesen wäre.
Sie bemühte sich, sich ihre Unsicherheit nicht anmerken zu lassen. »Kommt drauf an, wer vor der Tür steht«, gab sie bissig zurück.
Harms ging nicht darauf ein. »Ist Herr Freese zu Hause?«
Kassandra trat einen Schritt zurück und lieà ihn herein.
Ohne aufzustehen, drehte Paul sich auf seinem Stuhl um. »Guten Tag, Herr Harms. Was führt Sie zu mir?«
Harms schürzte die Lippen. »Nachdem Herr Jung aus dem Gefängnis entlassen und seine Unschuld erwiesen ist, suchen wir wieder nach dem Täter.«
»Was kann ich dabei für Sie tun?«, fragte Paul.
»Sie sind der Erste, der mir dazu einfällt. Sie hatten ein Motiv, und von Ihrem Alibi habe ich nie viel gehalten.«
»Ich hatte ein Motiv? Welches?«, fragte Paul ruhiger, als er sein konnte.
Kassandra fühlte sich, als würde ihr der Boden unter den FüÃen weggezogen. War es Dietrich nicht länger möglich gewesen, Pauls alte Strafakte aus den Ermittlungen herauszuhalten?
»Sie haben aus Ihrer Abneigung Ihrem Bruder gegenüber keinen Hehl gemacht, ich bin sicher, wir finden den Grund, wenn wir tief genug graben. Vorerst habe ich mich mit Ihrem Alibi befasst und alle Telefonate überprüft, die Sie geführt haben zwischen dem frühestmöglichen Zeitpunkt des Mordes bis zu unserem Gespräch mit Herrn Ewald. Mir kam nämlich der Gedanke, dass Sie Herrn Ewald angerufen haben könnten, um ihn zu instruieren, was er sagen sollte, sobald wir ihn fragen, ob Sie in der Mordnacht bei ihm waren.«
»Aha. Und habe ich ihn angerufen?«
»Nicht von Ihrem Festnetzanschluss und auch nicht von Ihrem Handy aus.«
»Wozu auch? Ich hätte einfach zu ihm gehen können«, sagte Paul verbindlich. »Hier sind alle Wege kurz. Ich hätte Sascha erschieÃen, die Waffe entsorgen und rüber in den Grünen Weg laufen können, um Bruno sofort zu ⦠instruieren. Alles innerhalb einer Dreiviertelstunde.«
»Bis ich die Telefonate von Herrn Ewald ebenfalls überprüft hatte, habe ich das in Betracht gezogen. Aber dabei sah ich, dass er einen Anruf von Ihren Nachbarn bekam, unmittelbar nachdem Herr Dietrich und ich Sie nach unserer Unterredung in Ihrem Haus verlassen hatten.«
Kassandra fragte sich, wie Paul es schaffte, weiterhin so gelassen zu erscheinen.
»Tatsächlich. Und was sagt Ihnen das?«, fragte er.
»Dass Sie ein kluger Mann sind. Aber versuchen Sie nicht, zu klug zu sein, das kann nach hinten losgehen.«
Endlich erhob sich Paul und trat Harms entgegen. Es kam selten vor, dass jemand so groà war wie er, sie standen sich buchstäblich Auge in Auge gegenüber. »Ich neige nicht dazu, mich zu überschätzen. Wenn Sie wissen wollen, worüber meine Nachbarn mit Bruno Ewald gesprochen haben, sollten Sie sie fragen â ich kann Ihnen da leider nicht behilflich sein.«
»Das habe ich schon getan. Ãbrigens zur Sicherheit auch Herrn Ewald. Beide erklärten
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