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Fischland-Rache

Fischland-Rache

Titel: Fischland-Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Kastner
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sackte Kassandra in sich zusammen und trat einen Schritt zurück. Sie konnte nur tatenlos zusehen, wie Heinz in den Streifenwagen verfrachtet wurde, Dietrich in sein Auto stieg und beide Wagen losfuhren. Minuten später stand sie immer noch an derselben Stelle und starrte die leere Straße entlang.
    Ein vorbeikommendes Fahrrad ließ sie aus ihrer Erstarrung erwachen. Sie drehte sich um und lief auf dem kürzesten Weg zu Wustrows Boddenseite. Als sie den Hügel mit der Fischlandkirche aus rotem Backstein passierte, begannen gerade wie zum Hohn deren Glocken zu läuten. Dahinter lag, beinah unheimlich still, der Hafen. Nebel zog auf. Er würde sich bald so verdichten, dass er alles unsichtbar machte und verschlang, sogar das große Fahrgastschiff, das ganz hinten am Ende des Bootsstegs festgemacht war.
    Brunos Kapitänshaus stand etwas zurückgesetzt am Grünen Weg. Kassandra öffnete das niedrige, quietschende Tor mit dem Rundbogen aus Geäst darüber, ging auf die reich verzierte Holztür zu, die bis auf den blauen Rahmen naturbelassen war, und hoffte, dass sie Bruno antraf. Er hatte die Tür kaum geöffnet, da sah er ihr schon an, dass etwas nicht stimmte, und bat sie herein. Er zeigte sich bestürzt über Heinz’ Festnahme, ihre Fragen wollte er indes nicht beantworten.
    Â»Mädchen«, sagte er. »Es bringt nichts, wenn du dich da einmischst.«
    Â»Aber ich muss doch was tun!«, widersprach Kassandra. »Du hast selbst gesagt, dass halb Wustrow ein Motiv hätte, Sascha umzubringen.«
    Â»So hab ich mich nicht gerade ausgedrückt.« Bruno schmunzelte trotz der ernsten Situation, dann seufzte er. »Manche Dinge lässt man lieber begraben. Wenn Heinz es nicht gewesen ist, hat er nichts zu befürchten.«
    Â»Bruno …«
    Das Gesicht des alten Mannes verschloss sich, und Kassandra ahnte, dass sie nichts mehr aus ihm herauskriegen würde. »Wen willst du schützen?«, fragte sie trotzdem. »Paul? Du hast ihm doch sein Alibi gegeben, oder?«
    Bruno neigte den Kopf. »Hast du etwa seiner Aussage widersprochen?« Er las die Antwort in ihren Augen. »Er hat seine Gründe, Mädchen, misch dich nicht ein«, legte er ihr ein zweites Mal nahe und komplimentierte sie freundlich, aber bestimmt hinaus.
    Frustriert stand Kassandra in der Kälte und zermarterte sich das Hirn darüber, wer außer Bruno ihr helfen konnte. Schließlich fischte sie nach ihrem Handy und wählte Violettas Nummer. »Tut mir leid, dass ich gestern so kurz war, aber …« Sie kam nicht weiter, Violetta unterbrach sie.
    Â»Du meine Güte, Kassandra, du Arme, weißt du schon was über deinen Onkel, haben die ihn echt festgenommen, Frau Dahm von gegenüber sagt, sie hat gesehen, wie sie ihn in Handschellen abgeführt haben, und er hat das alles völlig willenlos mit sich machen lassen, glaubst du, er war’s, ich weiß ja nicht, ob und wenn ja, was er gegen Pauls Bruder hatte, aber Irene hat vorhin gesagt, wenn sie vor fünfundzwanzig Jahren den Mut gehabt hätte, hätte sie ihn selbst umgebracht.« Violetta verstummte abrupt, wahrscheinlich, weil ihr bewusst geworden war, was sie gesagt hatte. Irene war Violettas Tante, und Kassandra witterte ihre Chance.
    Â»Irene hatte Streit mit Sascha? Weißt du, worum es ging?«
    Â»Nnnein.«
    Â»Violetta, ich glaube nicht, dass jemand ernsthaft deine Tante verdächtigt, aber wenn ich rausfinden will, wer Sascha umgebracht hat, muss ich so viel wie möglich über ihn erfahren.«
    Â»Warum fragst du nicht Paul?« Manchmal konnte Violetta erschreckend logisch sein.
    Â»Weil der gerade bei seiner Mutter ist«, sagte Kassandra. Wenigstens ging sie davon aus.
    Â»Ich weiß nicht genau, was damals los war, ich war schließlich noch ein Kind.« Violetta konnte auch unerwartet verschwiegen sein.
    Â»Könntest du’s rauskriegen?«
    Violetta seufzte. »Ich versuch’s, aber versprechen kann ich nichts.«
    Immerhin ein Anfang. Kassandra setzte sich wieder in Bewegung, lief zum Hafen und weiter zum Steg, wo sie hinüber nach Barnstorf schaute und versuchte, in der Dämmerung und durch den Nebel die mittelalterlichen Gehöfte auszumachen, von denen eins die Kunstscheune beherbergte. Jetzt war sie geschlossen, aber im Sommer gab es dort wundervolle Ausstellungen, und der Garten um die Scheune herum war ein Traum. Seufzend wandte sie

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