Fischland-Rache
rühren. Soweit ich weiÃ, bleiben die ein paar Tage an der Haut haften.« Zu etwas waren die Krimis, die sie mit Violetta las, doch gut.
»Oh, absolut. Die Krux liegt in dem Wort âºkönntenâ¹. Sie könnten natürlich von SchieÃübungen stammen. Aber eben auch vom Mord an Sascha Freese.«
»Haben Sie Schmauchspuren an seiner Kleidung gefunden?«
»Nein. Leider konnte sich der Rezeptionist deutlicher an den Auftritt Ihres Onkels als an dessen Kleidung erinnern. Sie könnte demnach entsorgt worden sein.«
»Könnte«, betonte Kassandra.
Dietrich nickte beredt. »Das alles war jedenfalls genug für eine Festnahme. Da passt es glänzend ins Bild, dass sich heute zweifelsfrei herausstellte, wer Sascha Freese die Kratzspuren am Hals beigebracht hat: Heinz Jung.«
»Das könnte bei dem Streit im Hotel passiert sein.«
»Da haben wir es wieder â könnte. Nun zählen Sie mal zusammen: Ihr Onkel hatte einen heftigen Streit mit dem Opfer, das mit seiner Waffe getötet wurde, auf der einzig und allein seine Fingerabdrücke zu finden sind. Er hat nicht nur Schmauchspuren an den Händen, sondern an der Leiche haftet auÃerdem seine DNS . Und er kriegt den Mund nicht auf. Weder zu seiner Verteidigung noch, um mit einem Alibi rauszurücken.«
»Er sagt nichts?«, fragte Kassandra verblüfft.
»Keinen Ton. Er wollte keinen Anwalt, also hat er einen Pflichtverteidiger bekommen, aber ob der da ist oder nicht, spielt keine Rolle. Er redet nicht mit ihm. Er redet mit überhaupt niemandem.«
»Wo wurde die Waffe gefunden?«, wollte Paul scheinbar zusammenhanglos wissen. Er hatte in den letzten Minuten nur zugehört.
»Gute Frage. Ich hätte geschworen, dass wir die überhaupt nicht finden, weil der Täter sie bloà an einer günstigen Stelle übers Steilufer hätte werfen müssen. Es sieht so aus, als hätte er das auch tun wollen, nur hat er sich eben keine günstige Stelle ausgesucht. Wir fanden die Waffe auf einem der Bunker, deren Ãberreste da bei Ihnen in der See liegen â auf dem mit dem Graffito von der Fackelträgerin. Ich vermute inzwischen, da hat sich jemand von Sascha Freese, von der Waffe und gleichzeitig womöglich auch noch von Heinz Jung befreien wollen.«
»Sie glauben, jemand will Heinz bewusst den Mord anhängen?«, fragte Kassandra.
»Scheint mir jedenfalls nicht völlig aus der Luft gegriffen zu sein. Vielleicht ist es was Persönliches, vielleicht ist Ihr Onkel aber auch nur das Bauernopfer.«
»Gleichzeitig müssen Sie in Erwägung ziehen, dass es Heinz tatsächlich war.«
»Muss ich, ja«, sagte Dietrich. »Hab ich auch getan, wie meine Kollegen, mein Vorgesetzter und die Staatsanwältin, die immer noch dieser Meinung sind.«
»Was hat Sie wieder von der Theorie abgebracht?«, fragte Paul.
»Heinz Jung war sein Leben lang Polizist. So jemand macht nicht innerhalb weniger Stunden so viele Fehler. Er kennt unsere Arbeit.«
»Heinz könnte im Affekt gehandelt haben«, brachte Kassandra vor.
»Wollen Sie den Advokat des Teufels spielen? Na schön. Nehmen wir an, er ist stinksauer auf Freese, wegen was auch immer. Er stellt ihn in dessen Hotelzimmer zur Rede, schmeiÃt mit Möbeln um sich â und geht wieder, um ihn ein paar Stunden später drauÃen an der Küste umzubringen. Wäre denkbar, allerdings keine Tötung im Affekt mehr, sondern geplant. Aber wenn jemand wie Heinz Jung einen Mord plant, entsorgt er seine Waffe garantiert nicht dermaÃen dilettantisch, dass es an Peinlichkeit kaum zu überbieten ist.«
»Vielleicht hat er nur unglücklich geworfen.«
»Kassandra, was soll das?«, fragte Paul in komischer Verzweiflung. »Ich dachte, wir sind hier, um â¦Â«
»Nein«, unterbrach ihn Dietrich, »lassen Sie sie nur. Das sind genau die Argumente, die ich in der Dienststelle zu hören bekommen habe. Die glauben, Heinz Jung geriet in Panik, warf die Pistole einfach weg und dachte weder an die Konsequenzen noch daran, dass er eine ganze Armada von Spuren hinterlieÃ. Für die ist der Fall so gut wie abgeschlossen. Das wäre vielleicht anders, wenn nicht heute Morgen in Anklam ein hoher Verwaltungsbeamter einer Autobombe zum Opfer gefallen wäre. Weil der Innenminister Druck macht und sich entsprechend alle Kräfte auf die Bombe konzentrieren,
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