Fischland-Rache
einem knubbeligen Fisch auf einer Düne, darüber ein ausgefallen gemustertes Hemd mit einer knallroten Krawatte. Eine attraktive Erscheinung, wenn man auf den flippigen Typ stand.
»Dein Vater wartet drauÃen auf dich«, sagte Paul zu Kassandras Erstaunen. Das war also Ralf Peters gewesen, eine der Krähen, die der anderen kein Auge aushackte. Auf sie hatte er gar nicht so unsympathisch gewirkt, wie Paul ihn einschätzte.
Mirkos Lächeln erstarb, seine Hand fuhr an sein linkes Ohr und befingerte den silbernen Ohrring. »Der soll sich zum â¦Â«
»Mirko«, unterbrach ihn Paul. »Ich weià nicht, warum ihr diesmal gestritten habt, aber er ist dein Vater, und es scheint ihm nicht sehr gut zu gehen.«
»Interessiert mich nicht.«
Kassandra kam nicht umhin, festzustellen, dass Mirko sich ähnlich verhielt wie Paul gestern, als sie ihn auf die Beerdigung angesprochen hatte.
»Er hat den ersten Schritt gemacht, du könntest etwas nachgiebiger sein«, versuchte Paul es noch einmal.
Mirko schloss kurz die Augen. »Na schön«, murmelte er. »Aber wenn du von drauÃen Zeter und Mordio hörst, komm mich da wegholen, damit ich ihn nicht umbringe.« Er hatte kaum die letzte Silbe ausgesprochen, da wurde ihm klar, was er gesagt hatte. »Ach, Mist, entschuldige. Ich â¦Â«
»Schon gut. Ist Inga da?«
»In der Küche. Wirklich, Paul, es tut mir leid.«
»Bring lieber die Sache mit deinem Vater in Ordnung«, sagte Paul im Umdrehen, »statt dich noch ein Dutzend Mal bei mir zu entschuldigen.«
Kassandra wollte Paul zum Küchendurchgang folgen, wurde jedoch von Mirko zurückgehalten. »Das mit Ihrem Onkel tut mir auch leid«, sagte er, ehe er sich abwandte und das Restaurant verlieÃ.
Dankbar sah sie ihm nach. Abgesehen von Mona, einer aufgedrehten Violetta gleich zu Anfang und ein, zwei anderen Fischländern hatte sie niemand direkt darauf angesprochen. Hielten sich die Leute deshalb pietätvoll zurück, weil sie glaubten, dass Heinz zu Recht verhaftet worden war?
In der Küche putzte der zweite Koch gerade den Herd. Inga war damit beschäftigt, Essensreste von Tellern zu kratzen. Der Koch hatte offenbar gerade die Pointe eines Witzes erzählt, Inga lachte auf und sagte: »Muss ich mir merken.« Dann sah sie zum Durchgang. »Hallo, ihr zwei. Die Küche ist leider schon geschlossen, aber ich könnte euch noch einen Salat machen. Oder wollt ihr zu Mona? Die ist vorhin nach Stralsund gefahren.«
»Kommt sie wieder?«, rutschte es Kassandra raus.
Inga hob die Brauen. »Ja, ich denke doch.«
»Gut.« Von da an überlieà Kassandra das Reden Paul.
»Wir sind nicht hungrig, danke«, sagte er. »Du hast gestern gesagt, du wolltest mich sprechen. Da wir gerade vorbeikamen und sahen, dass du noch geöffnet hast, dachte ich, wir könnten ebenso gut gleich reden.«
»Wenn das so ist, setzt euch doch schon mal, ich wasch mir nur kurz die Hände.«
Das Restaurant hatte sich inzwischen weiter geleert, nur an einem einzigen Tisch plauderten noch Gäste. Von Mirko war weder etwas zu sehen noch zu hören.
»Jonas hat doch letzte Woche erwähnt, dass Inga von den Plänen für das Café am neuen Leuchtfeuer gesprochen hat. Vielleicht geht es darum«, spekulierte Kassandra.
»Hab ich gar nicht mitbekommen«, sagte Paul. »Wann war das?«
»Nach der Feier zum âºSeegeflüsterâ¹. Schätze, du warst mit deinen Gedanken bei Sascha.«
In dem Moment kam Inga ins Restaurant und schaute sich um. Erst da wurde Kassandra bewusst, dass Paul sich den Tisch ausgesucht hatte, der am weitesten von der Küche entfernt stand, sodass Inga den ganzen Raum durchqueren musste, um sich ihnen gegenübersetzen zu können.
»Tja«, begann sie und kreuzte ihre Arme auf der Tischkante, »ihr wisst ja, dass ich mich ziemlich in Wustrow verguckt habe. Das âºFischLänderâ¹ ist mir inzwischen sogar wichtiger geworden als das âºMeerFischâ¹. Ich denke darüber nach, das Restaurant in Stralsund zu verkaufen und stattdessen hier noch was aufzumachen, ein Café oder ein Bistro vielleicht.«
»Und was kann ich dabei tun?«, fragte Paul.
Inga lehnte sich zurück, legte ihre linke Hand auf ihre rechte Schulter und strich abwesend über ihr Tattoo, bis hin zum Haaransatz. »Ich bin auf der Suche nach einem geeigneten Standort, und
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