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Fish im Trüben

Fish im Trüben

Titel: Fish im Trüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Geason
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herrühren konnte, aber mehr nach Schmerz aussah, huschte über sein Gesicht. »Schwer. Sharon ist... ein nervöser Typ. Sie ist ganz dafür, Sean an den Haaren nach Hause zu zerren. Sie macht sich Sorgen, was die Nachbarn sagen werden.«
    Da sie in St. Ives wohnten, bezweifelte ich, daß die Nachbarn in der Position waren, sich ein Urteil zu erlauben. St. Ives ist ein sehr teurer North-Shore-Vorort voller Desperados, die in riesigen Villen über ihre Verhältnisse leben und ihre Frauen schlagen, um den Druck des sozialen Aufstiegs zu mildern; es hat angeblich die höchste Familienzerrüttungsrate Sydneys.
    »Haben Sie das kommen sehen?« fragte ich. »Wirkte er unglücklich?«
    »Woher soll ich das wissen?« fragte er trotzig. »Ich arbeite achtzehn Stunden am Tag. Ich sehe den Jungen fast nie und wenn, dann stöhnt er und trabt davon. Ich dachte, das wäre normal.«
    »Wie kommt er mit seiner Mutter zurecht?«
    »Sharon ist eine Perfektionistin. Alles muß genau so sein, wie es zu sein hat. Ich nehme an, daß sie ziemlich viel auf ihm rumgehackt hat, aber man sollte meinen, daß er inzwischen daran gewöhnt ist.« Er machte eine Pause. »Ich bin es jedenfalls.«
    Ich glaubte, einen kleinen Anflug des Bedauerns darüber wahrzunehmen, daß er nicht derjenige war, der abgehauen war. Der große Kerl wirkte ziemlich harmlos und liebenswert, und er gab Sharon wahrscheinlich nach, um den Frieden zu erhalten. Vielleicht fühlte sich der Junge in der Minderheit.
    Da ich mir Seans Sachen ansehen wollte, folgte ich Somers marineblauem BMW raus nach St. Ives. Das Haus war feinste North-Shore-Klasse: eine weiße zweigeschossige Villa mit grünen Fensterläden, Zufahrt, Doppelgarage, manikürtem Park, dem unvermeidlichen Swimmingpool und dem Grillplatz. Alles, was es noch brauchte, um auf die Titelseite von >Vogue Living< zu kommen, war eine Kleinfamilie aus dem Bilderbuch und ein struppiger Hund.
    Sharon, die beim ersten Kieselknirschen ans Fenster flog, war eine dünne, überspannte falsche Blondine mit gebräunter lederartiger Haut und Aerobicbeinen. Sie gehörte zu der Art von Frauen, die von ihrer Unsicherheit in jeder Hinsicht zu weit getrieben werden: die Frisur war zu perfekt, die Diamanten für die Tageszeit zu groß, das Make-up zu offensichtlich und das Benehmen zu übertrieben.
    Auf ihr Insistieren hin bekamen wir den kompletten Nachmittagstee mit silbernem Teeservice, Wedgwood-Porzellan, Schokoladenkuchen aus der Tiefkühltruhe und Kuchengabeln. Das letzte Mal, daß ich eine Kuchengabel gesehen hatte, war im Empfangszimmer eines Klosters der Barmherzigen Schwestern gewesen.
    Was Sharon anging, war zwischen ihr und ihrem Sohn alles in Butter. Er war ein wundervoller Junge, der ihr nie Ärger gemacht hatte, und sie war erstaunt und schockiert über seine Abtrünnigkeit. Als mir klar wurde, daß ich nicht das geringste aus Seans Mutter herauskriegen würde, lächelte ich, gabelte den Schokoladenkuchen in mich hinein und versuchte, die Wahrheit aus der Luft zu greifen.
    Das Haus stank nach Besessenheit. Es war erschreckend sauber, und weder ein Kind noch ein Tier hätten gewagt, seine Perfektion zu beschmutzen. Sharon hatte zwar davon abgesehen, Plastikplanen über die Möbel zu legen, aber man hatte das Gefühl, es wären trotzdem welche da. In der Toilette im Untergeschoß lagen kleine Seifestückchen in Früchteform in Habtachtstellung auf dem Waschbecken, und ich wagte kaum, die unberührten Gästehandtücher zu besudeln. Es war wie ein Puppenhaus, über dem drohend eine gigantische Sharon schwebte, die jede Bewegung verfolgte.
    Seans Zimmer war für eine Teenagerhöhle unnatürlich ordentlich. Wenn der Junge ein Leben hatte, dann führte er es nicht in diesem Haus. Außer Postern von Bon Jovi und Batman und ein paar Schulbüchern — nichts. Da mußte noch mehr sein. Und da war es auch, ein Computerschreibtisch ohne Computer.
    »Hat er seinen Computer mitgenommen?« fragte ich Sharon.
    »Ja. Er liebte dieses Ding.«
    »Was war das für einer?«
    »Ein Amiga.
    »Wofür hat er ihn benutzt, Hausaufgaben?«
    »Ich nehme an, um diese dummen Spiele zu spielen. Er kaufte ständig neue Programme, das weiß ich.«
    »Interessierte er sich für Kunst?«
    »Nicht daß ich wüßte. Warum?«
    »Ich bin ziemlich sicher, daß Amigas für Computergrafik konzipiert sind«, sagte ich. »Hat er Ihnen jemals was von diesen Sachen gezeigt?«
    Sie beschloß, eher beleidigt zu sein als zuzugeben, daß sie nichts über Seans Hobbies

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