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Fish im Trüben

Fish im Trüben

Titel: Fish im Trüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Geason
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gehört?«
    »Nein, Kumpel. Ich bin in meinem Zimmer geblieben. Was ist los?«
    »Der Kerl, der getötet wurde, war ein libanesischer Drogenhändler. Seine Freundin hat Mike McNicholl beschuldigt, ihn umgebracht zu haben. Sie sagt, sie hätten ein Treffen auf diesem verlassenen Grundstück vereinbart, wo Fayyad McNicholl hundert Riesen übergeben sollte. Jetzt ist Fayyad tot, und das Geld ist verschwunden.«
    Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. »Weißt du, wer McNicholl ist?« fragte ich.
    »Nee, aber wenn es der Bulle ist, den ich mit der Pistole gesehen habe, dann ist er ein schlimmer Typ.«
    »Schlimmer Typ ist bei weitem nicht alles. Er ist ein sehr hochrangiger Bulle, Les, mit sehr guten Verbindungen. Mehrfach für Tapferkeit ausgezeichnet. Der bringt gerne Leute um.«
    »Scheiße. Was sollen wir denn tun?«
    »Wir ziehen dich aus dem Verkehr.«
    »Wie denn?«
    »Sieh mal, Les, solange du auf Alk bist, bist du in Gefahr. Die Bullen brauchen bloß die Plätze zu beobachten, wo die Alkis rumhängen, und dann nehmen sie dich irgendwann mit. Dann hast du einen Unfall, oder sie füllen dich mit Flunderprozentigem ab, und das bringt dich um. Verstehst du, was ich sagen will?«
    »Yeah, Kumpel. Aber ich weiß nicht, ob ich damit aufhören kann...«
    Anscheinend mußte ich Gebrauch davon machen: »Noch was, Les. Garnet ist tot. Er ist letzte Nacht in einen Abwasserkanal gefallen und ertrunken. In der Nähe vom Moore Park.«
    Es folgte ein Schweigen, daß von Furcht oder Trauer oder beidem erfüllt war.
    »Alles in Ordnung, Kumpel?« fragte ich.
    »Yeah. Alles in Ordnung.« Sein Tonfall sagte mir, daß er sich geschlagen gab.
    »O.k., pack deine Klamotten, ich hole dich in einer halben Stunde ab.«
    Ich erkannte das respektable alte Individuum, das an der Country-Trains-Station auf mich wartete, kaum wieder: Es war ein ungewöhnlich sauberer und gezähmter Les. Er trug einen hellblauen Polyesterfreizeitanzug, eine breite Batikkrawatte und einen gehetzten Blick. Und er war gealtert; seine ganze manische Energie war dahin, ausgeschwitzt mit dem Alkohol.
    Ich kaufte ihm Sandwiches, Obstkuchen und ein paar Schokoriegel, und wir saßen die letzten peinlichen Minuten bis zur Abfahrt ziemlich beklommen herum. Rafferty hatte eine Versöhnung zwischen dem alten Mann und seiner verwitweten Schwester eingefädelt, und Les zog nach Dubbo.
    Ich ermahnte ihn, einen Bogen um den Schnaps zu machen, den Mund zu halten und aus der Schußlinie der Bullen zu bleiben: »Die sind alle zusammen zur Akademie gegangen und halten zusammen wie Pech und Schwefel. Trau keinem von ihnen.«
    Er versicherte mir, daß er trocken sei, ein perfekter Rentner werden und Bowling spielen wolle. Ich hatte meine Zweifel, aber ich konnte ihn nicht ewig in Schutzhaft behalten. Das war jetzt Idas Job.
    Ich vergaß für einen Moment, daß die einzigen Männer, die Emotionen zeigen dürfen, Footballspieler, Homos und Südländer sind, und versuchte* Les zu umarmen, als es an der Zeit war, in den Zug zu steigen. Überrascht sprang er zurück, gab mir eine Art Klaps und stürzte davon. Der Zug fuhr los und nahm ein Stück meiner Vergangenheit mit.
    Ich verfolgte die Entwicklung des Fayyad-Mordfalls. McNicholl kam davon. Fayyads Freundin rutschte noch tiefer in Drogen und Schwierigkeiten ab und wurde schließlich aus dem Teich des Centennial Parks gefischt.
    Manchmal, wenn ich McNicholls Foto in der Zeitung sehe oder die letzten Schlagzeilen über Polizeikorruption lese, frage ich mich, ob ich Les wirklich vor einem gewaltsamen Tod oder schlicht vor dem Tod durch Leberzirrhose bewahrt habe.

Loco Parentis

    Professor David Granger war ein erfolgreicher Akademiker und hätte sogar ein guter Gelehrter sein können. Äußerlich wirkte er in dieser Rolle jedenfalls überzeugend — sensibles, intelligentes Gesicht, reizvoll ergrauendes, kräftiges Haar, exzellenter Tweed. Die Fernsehtalkshows liebten ihn. Mir mißfiel er auf den ersten Blick, und ich ertappte mich dabei, daß ich nach einem versteckten, häßlichen Makel suchte.
    »Ich komme wegen meiner Tochter, Mr. Fish«, sagte er und sah sich nervös in meiner bescheidenen Bürosuite um. Er hatte die Stimme eines Schauspielers, geschliffen durch Tausende von Podiumsgesprächen. Sie mußte den Geschichtsstudenten all die Jahre, die er über die Hanse und das Heilige Römische Reich dozierte, kalte Schauer über den Rücken gejagt haben.
    Ich wartete, während er die dahinwelkende Aspidistra, die lädierten

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