Fish im Trüben
Melkerin, aber diese Füße waren niemals durch Kuhscheiße geplatscht, und diese Hände hatten noch keinen Tag harter Arbeit verrichtet.
Sie warf Matthew einen schnellen Blick zu, und der warnte sie rasch: »Er ist Privatdetektiv.«
Die blassen Augenbrauen der Melkerin hoben sich, und der rosa Mund formte ein lautloses Oh!
»Professor Granger hat mich geschickt, weil er sich Sorgen um Claire macht«, erklärte ich.
Es gab ein tödliches Schweigen. »Sind Sie ihre Freundin?« fragte ich.
»Ich bin ihre beste Freundin«, sagte das Mädchen. »Wir sind zusammen zur Schule gegangen.«
»Wissen Sie, was mit ihr passiert ist?«
»Nein. Nun, sie... es ist nicht...«, sie sah Matthew hilfesuchend an, aber er wich ihrem Blick aus.
»Wenn sie Ihre beste Freundin ist, wie kommt es dann, daß sie Ihnen nicht gesagt hat, wo sie hinwollte?«
Das Mädchen wurde rot. »Ich weiß es nicht.«
»Hat sie so was schon mal gemacht? Mitten im Semester abzuhauen, ohne jemand was zu sagen?«
»Nein, natürlich nicht.«
»Machen Sie sich denn keine Sorgen?«
»Natürlich mache ich mir Sorgen. Aber ich weiß nichts.«
»Claire ist Ihre beste Freundin, und Sie kennen sie schon ein Leben lang, und Sie wissen nicht, warum sie weggelaufen ist, ohne ihrem Vater zu sagen, wohin?« fuhr ich sie an.
Ich machte auf tougher Typ, aber die beiden spielten irgendein Spielchen, und es wurde Zeit, damit aufzuhören. Ihr hübsches Gesicht verzog sich, und sie brach in Tränen aus und stürzte in ihr Zimmer.
»Wenn Sie sich entschließen zu reden, dann rufen Sie mich an«, schrie ich ihr nach, bevor sie die Zimmertür zuknallte.
Matthew sah mich finster an und ging dem Mädchen nach, also ging ich allein raus. Der Köter hörte mich kommen, ließ ein furchterregendes Gebelle los, stürmte durch den Flur und stürzte sich auf mich. Ich sprang zur Seite, ein Manöver, das ich vor viel zu vielen Jahren im Rugbyteam meiner katholischen Jungenschule in Darlinghurst perfektioniert hatte. Der Hund verfehlte mich und schlitterte das Linoleum entlang. Nachdem ich mich überzeugt hatte, daß die Luft rein war, trat ich ihm fest in den Arsch — Köterkotelett.
Ich war so gut gelaunt wie seit Stunden nicht mehr und ging raus, bevor das empörte Jaulen des Hundes den Zorn der Newtown-Ortsgruppe zur Befreiung der Tiere auf mich zog.
Am Nachmittag rief ich Granger an und nahm ein Taxi zum Mungo-McCallum-Gebäude der Universität von Sydney, einem häßlichen, schachtelartigen Sechzigerjahre-Gebäude, das von irgendeinem großkotzigen Architekten entworfen wurde. Ich sagte dem Professor, ich sei der Meinung, daß seine Tochter aus freiem Willen gegangen sei, ihre Mitbewohner aber entweder nicht gewillt oder nicht in der Lage seien, zur Klärung ihrer Gründe beizutragen.
Er zündete umständlich eine Pfeife an, vielleicht, um Zeit zum Nachdenken zu gewinnen, und fragte zu beiläufig: »Miranda hat nichts gesagt?«
»Nein. Sie brach in Tränen aus und bekam einen Wutanfall, aber ich denke, das war gespielt, um mich loszuwerden.«
»Miranda ist ein sehr nervöses Mädchen«, sagte er. »Sehr nervös.«
»Wirklich?« fragte ich. Als nächstes würde er mir erzählen, daß sie an einer Nervenkrankheit litt. »Ich glaube, sie weiß etwas, das sie mir nicht sagen will. Vielleicht hatten die Mädchen einen Streit. Wenn sie sich sehr nahestehen, könnte das Claire genug aufgeregt haben, um auszuziehen.«
»Worum könnten sie sich denn streiten?« fragte er.
Niemand konnte so naiv sein. »Um einen Mann natürlich. Worum sonst streiten sich Frauen?«
»Claire hat mir gegenüber niemals einen Mann erwähnt«, sagte er und klang verwirrt. Der Professor hatte eine Menge über Frauen zu lernen und noch mehr über Erziehung.
Diese Untersuchungsmethode führte zu nichts, also fragte ich ihn, ob Claire noch andere Freunde habe. Vorzugsweise jemanden, der keine Spielchen spielte.
»Rosie Blake«, sagte er, und sein Mund zog sich zusammen, als ob er auf etwas Saures gebissen hätte. Schlechter Einfluß? Ein Produkt der staatlichen Schule?
Rosie Blake war eine von Grangers Studentinnen, also konnte ich sie mir nach seiner Zweiuhrvorlesung schnappen.
Um die Zeit totzuschlagen, spazierte ich auf dem Campus herum und wunderte mich, wie ruhig, sauber und irreal es hier war und wie gesund, zielbewußt und liebenswürdig die Insassen waren. Ich hatte eine Anwandlung von Nostalgie für die Sechziger, als sich die Universitäten wie sterbende Saurier zu einem einzigen
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