Fish - Noch mehr Fish - Fuer immer Fish
wir auf unserer Station arbeiten. Trotzdem habe er das Gefühl, irgendwie nicht dazuzugehören. Er bat mich, ihn auf eine andere Station zu versetzen. Juan ist ein erstklassiger und engagierter Pfleger. Wir brauchen dringend Leute wie ihn bei uns, aber er will nicht bleiben! Irgendetwas muss ich falsch machen. Natürlich hatten wir auch früher schon Pfleger und Schwestern, die den Belastungen nicht gewachsen waren, doch seit zwei Jahren haben wir niemanden mehr gehabt, der sich versetzen lassen wollte. Wir führen sogar eine Warteliste mit Leuten, die auf der Sechs arbeiten wollen. Und deshalb glaube ich, Juans Versetzungsgesuch ist ein Warnzeichen. Möglicherweise sind wir dabei, wieder in unsere alten Muster zurückzufallen. Außerdem ist die Sache mit Juan nicht das Einzige, was mir Sorgen macht.«
»Sondern?«
»Ich kann es schwer beschreiben, weil es eher ein Gefühl ist. Ich spüre, wie das Engagement schwindet. Wenn ich die Pfleger und Schwestern höre, ist da nicht mehr dieselbe Begeisterung in ihren Stimmen wie früher. Und die Ruflichter über den Zimmern blinken immer länger, ehe jemand hingeht. Die Leute helfen einander weniger, und bei besonders unangenehmen Arbeiten scheinen alle nur noch zu versuchen, sich unsichtbar zu machen. Letzte Woche hat sich ein Patient, der an einem Morphiumtropf hing, übergeben, als ich gerade zufällig an seinem Zimmer vorbeikam. Ich drückte den Rufknopf, aberes dauerte ewig, bis endlich jemand kam, um mir zu helfen ihn zu waschen und ihm ein frisches Hemd anzuziehen.«
»Ich denke, ich verstehe, was du meinst, Liebes. Andererseits musst du zugeben, dass du recht hohe Ansprüche stellst. Vielleicht macht ihr momentan einfach eine schwierige Phase durch. Du hast neue Leute eingestellt, und ein paar deiner besten Schwestern sind im Mutterschaftsurlaub. Eventuell musst du etwas Geduld haben, bis die Neuen sich eingearbeitet haben und mit deinem Tempo mithalten können.«
»Hoffentlich hast du Recht. Dennoch macht es mir schwer zu schaffen. Meine Station ist nicht mehr, was sie vor meiner Beförderung war, und ich empfinde das als persönliches Versagen.«
Ein Montagmorgen im Good Samaritan
Im sechsten Stock herrschte rege Betriebsamkeit, als Rhonda die Tür zum Treppenhaus öffnete und Richtung Pausenraum eilte. Dort gab es eine Kaffeemaschine und einen Kühlschrank für die Angestellten.
Als Rhonda eintrat, begrüßte sie die drei Mitarbeiter mit einem herzlichen »Guten Morgen«. Zwei der drei erwiderten ihren Gruß freundlich. Juan jedoch, der allein an einem Tisch saß, blickte nur kurz auf. Was mag bloß mit Juan sein?, fragte Rhonda sich besorgt.
Auf dem Weg zu ihrem Büro kam sie an einigen Patientenzimmernvorbei. Über zwei der Türen blinkte das Ruflicht. Sie ging in das erste Zimmer, wo Mrs. Swanson lag und um ein Glas Wasser bat. Nachdem sie eine Weile mit Mrs. Swanson geplaudert hatte, trat Rhonda wieder auf den Flur und sah, dass das Licht über der zweiten Tür immer noch blinkte. Dort angekommen, stellte sie fest, dass eine Schwester und ein Pfleger in dem Zimmer waren. Eine der Patientinnen war die ruhige und zurückhaltende Lois Anderson, und in dem anderen Bett lag eine Frau, die in der letzten Nacht eingeliefert worden sein musste. Sie schlief unruhig.
Die beiden Mitarbeiter unterhielten sich angeregt über eine Gameshow, die sie am Vorabend gesehen hatten und nahmen weder von Lois noch von dem blinkenden Licht Notiz. Als Rhonda eintrat und leise, aber freundlich »Guten Morgen« sagte, schraken sie hoch.
»Guten Morgen, Rhonda. Hast du gestern Survivor gesehen? Nicht zu fassen, was für einen ekligen Kram die da essen mussten.«
»Nein, habe ich nicht gesehen«, antwortete Rhonda. »Aber habt ihr zufällig gesehen, dass Lois den Schwesternruf gedrückt hat?«
Verdutzt blickten beide zu Lois, die zaghaft bat: »Können Sie mir bitte zur Toilette helfen?«
»Ich helfe Ihnen«, sagte die Schwester hastig, und der Pfleger verließ das Zimmer. Rhonda folgte ihm.
»Kannst du mir erklären, was das gerade eben sollte, Rob?«
»Tut mir Leid, Rhonda. Wir gucken beide regelmäßig Survivor, und irgendwie haben wir uns festgequatscht.«
»Im Patientenzimmer?«
»Ähm, tja, das war wohl nicht so gut, was?«
»Ich schätze es nicht, wenn in den Zimmern Gespräche geführt werden, die nichts mit den Patienten zu tun haben. Und ich halte erst recht nichts von Gesprächen, bei denen es um ›ekligen Kram‹ geht. Lois brauchte Hilfe, und ihr habt es
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