Fish vor die Hunde
nach Hilfe oder einer Fluchtmöglichkeit um, aber der Parkplatz war leer. Und in diesem Viertel drehten die Leute die Fernseher laut, wenn sie Schreie hörten.
Sie waren Profis — kein überflüssiger Handgriff. Einer hielt mich fest, während der andere zuschlug. Die größte Angst hatte ich um meine Zähne: Ich hab einen Horror vor ausgeschlagenen Zähnen, seit ich als Teenager bei einem Fußballspiel in einen ausgestreckten Arm gerannt bin. Diesmal überlebten meine Zähne, aber meine Nase war gebrochen, mein Gesicht voller Schnittwunden, und ich spürte, wie ein paar Rippen nachgaben, als ich auf dem Boden lag und mir ein Stiefel mit achtzig Kilo Power dahinter zum Abschied einen Tritt versetzte.
Ich kam wieder zu mir, als mich jemand schüttelte. Es war Darren, der Rowdy aus der Wohnung schräg gegenüber, der mit seinen besoffenen Kumpeln von einem Abend im Sportverein zurückkam. Ich erkannte ihn, weil ich ihm in den frühen Morgenstunden mal fast die Tür eingetreten hatte, damit er seine Discomusik abstellte. Darren versuchte, mich zu seinem Wagen zu schleppen, brach aber unter meinem Gewicht und wegen seiner Suffbirne immer wieder zusammen. Ich wollte, daß er mir half, die Treppe raufzukommen, brachte aber keinen sinnvollen Satz zustande, und Darren hatte die wilde Entschlossenheit eines Besoffenen.
Schließlich gelang es ihm, mich in seine Karre mit Vierradantrieb zu hieven und mit quietschenden Reifen zur Ambulanz vom St. Vincent zu befördern. Es war der übliche Kriegsschauplatz, Junkies mit Überdosis, die hastig abgefertigt wurden, Opfer von Autounfällen, die auf Bahren vor sich hin bluteten, Betrunkene mit Schnittwunden und eingeschlagenen Gesichtern und ein Mann mit Magenschmerzen, der rhythmisch stöhnte, während seine Frau flennte.
Wie die meisten Menschen, die auch nur ein Mal im Krankenhaus gewesen sind, würde ich lieber zu Hause sterben, als mich auf Gedeih und Verderb den Halbgöttern in Weiß auszuliefern, aber ich hatte zu große Schmerzen, um wegzulaufen. Nachdem ich ein halbes Jahrhundert gewartet hatte, nahm sich das Pflegepersonal meiner an; Darren war auf einem Stuhl zusammengesackt und schnarchte wie ein Wildschwein.
»Haben wir uns geprügelt?« fragte mich die Krankenschwester bissig. Zu viele von den Verletzungen, die sie am späten Abend in dieser Gegend sah, hatten sich die Leute selbst zuzuschreiben. Sie ließ mich wissen, daß wir Grund genug wären, um Florence Nightingale zur Flucht auf die Krim zu treiben. Man gab mir ein Schmerzmittel, meine Schnittwunden wurden gesäubert, und zwei wurden genäht. Die Nase und die Rippen diagnostizierte man als gebrochen, aber heutzutage läßt man die von selbst heilen. Ich wurde entlassen.
Der Flegel aus Apartment 25 schnarchte immer noch, als ich herauskam. Ich rüttelte ihn mit schmerzverzerrtem Gesicht wach, und wir schlingerten in die Nacht hinaus, Frankenstein und sein Monster. Er brauchte eine ganze Weile, bis er den Schlüssel gefunden und die Karre gestartet hatte. Auf dem Heimweg döste ich neben ihm ein — wahscheinlich der Schock.
Eine Polizeisirene weckte mich unsanft; eine Minute später hatten die Bullen Darren an die Seite gewinkt und schrieben ihn wegen Trunkenheit am Steuer auf. Er wollte Einwände machen, kippte aber immer wieder um. Sie versuchten, ihn dazu zu bringen, den Wagen stehenzulassen und mit dem Taxi nach Hause zu fahren, als einer der beiden das Strandgut auf dem Beifahrersitz entdeckte. »Heilige Scheiße, da ist ja noch einer! Ihr habt wohl n Unfall gebaut, und jetzt geht’s ab in die Heia?«
Sie hielten sich für furchtbar witzig, merkten aber bald, daß ich aus eigener Kraft nirgendwohin gehen würde.
Seufzend luden sie uns in ihren Streifenwagen und brachten uns nach Hause.
Als wir mit dem Lift nach oben fuhren, dankte ich meinem guten Samariter.
»Nächstes Mal laß ich dich lieber verrecken«, knurrte er. Wahrscheinlich würde ich nichts dagegen haben, wenn ich am nächsten Tag wach wurde.
20
»Wie fühlst du dich?« erkundigte sich Lizzie, als ich am Freitagmorgen mit aufgesprungenen Lippen meine Tragödie ins Telefon nuschelte.
Eine gute Frage: Ich fühlte mich wie Hundefutter, ein entgleister Zug, der älteste Mann der Welt. Ich fühlte mich, als ob eine Truppe Flamencotänzer auf meinen Rippen Fandango geübt hätte. Meine Zahnfüllungen taten weh, jedes einzelne Haar schmerzte, meine Haut fühlte sich an wie mit einem Dreschflegel bearbeitet.
»Och, ich werd’s
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