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Fish vor die Hunde

Fish vor die Hunde

Titel: Fish vor die Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Geason
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Er tat irgendwelche Geschmacksstoffe in den Wein und nannte die Mischung Cocktails. Ich erinner mich noch genau an dieses widerlich süße Gebräu namens Bananen-Cocktail. Obwohl — für diese Zeit war es ganz schön gewagt und raffiniert.
    Chicka engagierte Leute mit Fahrrädern und fing an, das Zeug an der Haustür zu verkaufen. Ich kenn einen Millionär hier in Sydney, der wahrscheinlich gern vergessen würde, daß er am Anfang seiner Karriere mal Chickas Bananen-Cocktails verkloppt hat.«
    Sie war nicht zu bremsen. »Chicka kannte jeden. Er lernte einige Winzer oben in den Hunter Hills kennen — damals krochen die noch ziemlich auf dem Zahnfleisch und gehörten nicht zur High Society wie heutzutage — und fing an, in seiner Kneipe Wein vom Faß zu verkaufen.«
    »Die allererste Weinstube«, sagte ich.
    »Ja.« Thel mußte erst mal Luft holen. »Übrigens, dieser Wein ist sehr gut, Sydney — was ist das noch mal?«
    »Victorian Marsanne«, sagte ich. »Chicka hat also mit Alkohol aus Eigenproduktion angefangen.«
    »Ja. Natürlich hat er nie einen Penny Steuern oder Zoll oder so gezahlt. Es war alles unter der Hand.«
    »Und dafür hat ihn nie jemand hochgehen lassen?«
    »Die Bullen haben in seiner Kneipe getrunken. Es war sehr bequem. Und wenn irgend jemand versuchte, in Chickas Revier einzudringen, hat die Polizei ihm einen Besuch abgestattet.«
    »Inzwischen hat er sich zu Hot dogs hochgearbeitet«, erzählte ich ihr. »Man nennt ihn den Hot-dog-King. Dieselbe Arbeitsweise — der Markt wird aufgekauft und die Konkurrenz abserviert. Aber was ich mal gern wüßte — wo ist das ganze Geld? Wir haben’s ja hier mit steuerfreien Profiten aus ungefähr fünfzig Jahren zu tun.«
    »Wenn Chicka ins Gras beißt, wird sich wahrscheinlich herausstellen, daß ihm die Hälfte der Immobilien in den östlichen Stadtbezirken gehört«, sagte meine Tante. »Und er hat wohl schon ne Menge ins Ausland geschafft. Dieser Wirtschaftsprüfer weiß bestimmt darüber Bescheid. Ich kapier nicht, wieso sich jemand solche Mühe macht, Geld zu verdienen, und dann lebt er wie ein Landstreicher.«
    »Vielleicht liegt der Reiz in der Macht«, sagte ich.
    »Die kann man auch nicht mitnehmen«, sagte sie.
    An der Haustür küßte sie mich und sagte, ich solle mich nicht so rar machen. Ich versprach es.

19

    Ramona erschien in einer hautengen schwarzen Skihose, einem roten Seidenhemd, einer abgeschnittenen schwarzen Lederjacke und kniehohen schwarzen Lederstiefeln.
    »Wo ist denn der Stier?« fragte ich mit einem Blick auf ihr Outfit.
    »Wo du hinguckst, Sydney. Wo du hinguckst.«
    Die Kunststudenten am Nebentisch stierten uns an, dann begannen sie, über Ramonas Geschlecht und über unsere Beziehung zu debattieren. Es machte großen Spaß zu sehen, wie die Heteros auf sie reagierten: Männliche Augen wurden eher weit, weibliche eher schmal.
    Ramona machte sich mit Genuß über ihr Steak her. Bei all dem affektierten Getue hatte sie den Appetit eines Fernfahrers und machte sich um Tischmanieren nicht allzuviel Kopfzerbrechen. Mit vollem Mund erzählte sie mir ihre Lebensgeschichte, die ich eigentlich gar nicht hören wollte. Das Leben der meisten Leute ist langweilig oder deprimierend, und in den letzten anderthalb Wochen hatte ich von beidem meine Dosis abbekommen. Auch die Dosis an tierischem Eiweiß langte, und ich begnügte mich mit einer Flasche rotem Barossa.
    Ich unterbrach ihren Redefluß, um zu fragen, was sie als Kind mal hatte werden wollen.
    Sie überlegte. »Ne Zeit lang Jane Eyre, dann Joan Crawford, dann Madonna. Aber auf Madonna steh ich nicht mehr. Sie hat Augen wie ne Schleiereule.«
    »Hast du nie Karriere machen wollen?«
    Sie wußte nicht, was ich meinte. »Ich mein zum Beispiel Hirnchirurgie, Hauswirtschaftslehre, Choreographie, so ne Sachen?«
    »Oh, nein. Ich finde, das Wichtigste ist, man bleibt spontan, findest du nicht?«
    »Und wovon lebst du?«
    »So dies und das. Ich deale ein bißchen mit Ecstasy, tanze in Nachtclubs, arbeite als Hosteß, mach diesen mit jenem bekannt. Du kennst ja die Sorte Jobs.«
    Kannte ich. In jeder großen Stadt gab es Tausende von Leuten wie Ramona, die sich in einer wirtschaftlichen Grauzone an der Peripherie des Kapitalismus irgendwie durchschlugen. Und all diese Leute, so kam es mir vor, fuhren bessere Autos als ich.
    Ramona nutzte die Pause in meinem Kreuzverhör, um mich mit einer langen und ermüdenden Geschichte über einen Millionär zu beglücken, der sie nach Paris

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