Fish vor die Hunde
Aber ich kann nix machen, bis die Polizei mir sagt, daß ich nicht mehr unter Verdacht stehe. Die Scheißkerle lassen mich nicht aus der Stadt.«
Paulas Straße war völlig verstopft mit Motorrädern und Autos, von alten Minis und Holdens bis zu Porsches. Ray parkte in seiner Garage, und wir gingen ins Haus.
Für den Empfang hatte er eine Catering-Firma engagiert, und uniformierte Kellner sorgten für ständigen Nachschub an Speisen und Getränken. Die Trauerfeier verwandelte sich rasch in eine ausgelassene Party mit lauter Rock-’n’-Roll-Musik, Gesangseinlagen, ein paar Prügeleien und jede Menge unanständiger Tanzerei. Mit Hilfe des Alkohols, gemixt mit den Schmerzmitteln, hatte ich meine Leiden und Schmerzen rasch vergessen, und ich erinnere mich noch vage daran, daß ich in einer Reihe Conga tanzte und einige unheimlich intensive Gespräche mit allen möglichen sonderbaren Leuten hatte.
Irgendwann erschien Ramona mit Midtown Max auf der Bildfläche, der in schwarzen Jeans, ramponierten alten Motorradstiefeln und einer Lederjacke mit jeder Menge Nieten knallhart aussah.
»Da kommst du nie drauf«, sagte Ramona verzückt.
»Ihr wollt heiraten.«
Sie zog einen Flunsch. »Im Ernst, Sydney. Max muß dir was erzählen.«
Max ging das theatralische Getue allmählich auf die Nerven: »Ich weiß, wer Paulas Freund ist.«
Ramona konnte es nicht mehr abwarten: »Es ist Denny O’Hagan!«
Denny O’Hagan war einer der Goldjungs der Labour Party. Seine Familie war stadtbekannt, weil sie in der Bezirksgruppe von Maroubra durch geschickte Rekrutierung der entsprechenden Seilschaften bei sämtlichen Vorauswahlen seit Kriegsende ihre Kandidaten durchbekommen und so ihre politische Linie durchgesetzt hatte. Die Parteizentrale von Labour brauchte ohnehin dringend ein bißchen Glamour in ihren Reihen, und so war es eine todsichere Sache, daß O’Hagan bei der Vorauswahl für die bevorstehende Bundesstaatswahl das Rennen machte. Er war in den östlichen Stadtbezirken als Fußballer populär gewesen, stieg nach einer Knieverletzung in die Fabrik für Aluminiumverkleidungen ein, die seinem Vater gehörte, und hatte sich inzwischen beim Eastern Sydney Council einen Namen gemacht. Die älteren Damen liebten ihn. Er war groß, blond und gutaussehend. Außerdem war er mit einem netten, einfachen, fotogenen, katholischen Mädchen verheiratet, die ihren Beruf als Krankenschwester auf gegeben hatte, um ihm blonde, fotogene Babys zu schenken.
»Wie hast du das rausgekriegt?« fragte ich Max.
»Max hat das hier gesehen«, sagte Ramona und kramte in einer überdimensionalen Ledertasche herum. Nachdem sie Haarspray, eine Bürste, ein Kosmetiktäschchen, eine Packung Strümpfe, eine kleine Geldbörse und einen Streifen Kondome zutage gefördert hatte, präsentierte sie mir einen zusammengefalteten Zeitungsausschnitt. Es war eine Seite aus dem >Eastern Record<, einem kostenlosen Stadtteilblättchen, und Denny O’Hagans hübsches offenes irisches Gesicht lächelte bei einer Preisverleihung für Kinder, die einen Wettbewerb zur Verschönerung des Schulhofes gewonnen hatten, vom Podium.
»Hab ihn sofort erkannt«, sagte Max.
»Könntest du das beschwören?«
Leute wie Max haben mit dem Gesetz nicht allzuviel am Hut, aber vielleicht glaubte er, es dem Andenken Paulas schuldig zu sein. »Wenn’s sein müßte.«
Zwei Verdächtige und ein lebender Zeuge: Endlich kamen wir voran.
Außerdem kann ich mich noch daran erinnern, daß Lola Mason, Paulas Friseuse, mich irgendwann abfing und wissen wollte, was ich in Sachen Nelson Farley unternommen hätte.
»Ich hab mit ihm gesprochen. Er sagt, er hat ein Alibi.«
»Glauben Sie ihm?«
»Ich weiß es noch nicht. Ich überprüfe grad noch einen anderen Namen. Aber das war kein Kunde, da waren romantische Gefühle im Spiel.«
»Wer?«
»Dennis O’Hagan, Stadtrat und Sohn von...«
»Ich weiß, wer er ist. Weiß Ray davon?«
»Nein.«
»Dann sagen Sie’s ihm um Gottes willen nicht. Wenn der glaubt, daß O’Hagan Paula umgebracht hat, macht er ihn fertig.«
»Sie glauben also nicht, daß es Ray war?«
»Nein. Ray spielt den harten Burschen, aber er war der beste Kerl, den Paula je hatte. Ich hab Sie ja vor ihr gewarnt.«
»Ich weiß, aber ich hab sowieso nicht mal die Hälfte von dem ganzen Scheiß geglaubt, der bei der Beerdigung verzapft wurde. Ich kenn sie, seit sie noch Paul Pringle hieß.«
»Tun Sie Ray nicht weh, wenn Sie’s irgendwie vermeiden können«, sagte Lola mit
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