Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
und gebügelt. Aber erstens hatte er, weiß Gott, anderes zu tun, und zweitens war es seiner Mutter gegenüber nicht fair, ihr so ohne weiteres eine so wichtige Lebensaufgabe zu entziehen.
Bille hatte dafür offenbar vollstes Verständnis, ebenso wie für die Tatsache, dass jeder Mittwochabend für Burgharts Mutter reserviert war. Schließlich war es ihr zu verdanken, dass aus Burghart der geworden war, der er heute war.
Immerhin hatte Burghart sich bereit erklärt, uns auf dem Hinweg am Altersheim abzusetzen und auf dem Rückweg wieder abzuholen.
»Das ist doch ganz einfach«, ließ er sich jetzt vernehmen.
»Backbord ist links, Steuerbord rechts.« Gegenüber jemandem, der rechts und links nicht auseinanderhalten konnte, war das eine pädagogisch ausgesprochen kluge Erklärung.
»Oh, jetzt werde ich es sicher nie wieder vergessen«, sagte ich ironisch. »Vielen Dank.«
»Keine Ursache. Und wenn du demnächst mal meine Hilfe brauchst – du weißt ja, Segeln ist mein Fachgebiet.«
»Sag mal, Burghart, warum machst du eigentlich nicht den BR-Schein?«, erkundigte sich Rebecca. »Im Kurs sind bestimmt noch Plätze frei.«
»Ja, und zwar meiner, wenn der alte Angeber mitmacht«, zischte ich ihr zu, aber Burghart hatte glücklicherweise keinerlei Ambitionen, noch einmal die Schulbank zu drücken.
»Weißt du, für mich sind das doch alles Peanuts«, meinte er. »Ich kann das ganze Zeugs schon von vorne bis hinten runterbeten. Das wäre pure Zeitverschwendung für mich. Wenn das möglich wäre, würde ich mich einfach mit in eure Prüfung setzen und das Ding mal eben so abreißen.«
»Oho«, machte Rebecca belustigt. Ich glaube, sie hielt Burgharts Gerede für Ironie. Den Fehler hatte am Anfang unserer Bekanntschaft nämlich auch ich gemacht. Aber Burghart hatte ungefähr so viel Humor wie ein Telegraphenmast.
»Nee, nee, du, lass man, so ein Segelkurs ist was für Landratten wie euch Mädels«, sagte er. »Außerdem habe ich mittwochs schon eine feste Verpflichtung.«
»Stimmt, deine dreckige Wäsche hat natürlich Vorrang«, erwiderte ich und drehte mich zu dem Korb auf der Ladefläche hinter mir um. Dem Geruch nach zu urteilen, befanden sich darin vor allem ausgiebig getragene Socken. Das war nur einer liebenden Mutter zuzumuten.
»Heute gibt es Frikadellen mit grünen Böhnchen«, informierte uns Burghart ungefragt. »Meine Mutter schwenkt die immer in Butter, dazu einen Hauch Bohnenkraut …«
»Hier ist es«, unterbrach ihn Bille, und Burghart bremste scharf vor dem notbeleuchteten Altersheim.
»Aussteigen, die Damen! Die rasante Fahrt ist zu Ende. Kapitän Burghart hofft, Sie bald wieder an Bord begrüßen zu dürfen.«
Bille bekam noch ein paar Extrainstruktionen von ihm. »Wenn du was nicht kapierst, immer schön nachfragen. Besser blöde Fragen stellen, als hinterher blöde aus der Wäsche gucken. Kannst dem Lehrer ja gleich sagen, dass Navigation nicht deine Stärke ist. Aber ich kann dir dann ein bisschen Nachhilfe geben.«
»Sie weiß auf jeden Fall besser Bescheid als ich«, schaltete ich mich zu Billes Ehrenrettung ein. »Sie ist immerhin schon mal richtig gesegelt. Das einzige Boot, das ich je betreten habe, war die Fähre nach Sardinien.«
»Ja, du«, sagte Burghart, als gäbe es auf der ganzen Welt nur einen einzigen dümmeren Menschen als Bille, und zwar mich. »Aber du weißt wenigstens, dass du ein hoffnungsloser Fall bist. Bille hingegen glaubt immer noch, dass sie diesen Schein tatsächlich schaffen kann, genauso wie sie glaubt, dass ihr diese Frisur steht. Bille, warum lässt du dir nicht endlich eine Dauerwelle machen?«
»Wir müssen gehen«, sagte Bille nur.
»Ja, dann guten Appetit!« Rebecca knallte die Autotür zu.
»So ein Arschloch«, rief ich empört aus. »Von wegen Dauerwelle! Bei deinen schönen glatten Haaren.«
Bille sagte nichts.
Dank Burgharts rasanter Fahrweise waren wir viel zu früh – peinlich, peinlich –, und außer dem Segellehrer war noch niemand da. Er baute gerade sein Flip-Chart auf und erwiderte unseren Gruß mit einem tonlosen »Hallo«, ohne sich dabei umzusehen.
Als wir Platz genommen hatten, versuchte Rebecca noch einmal, die Konversation in Gang zu bringen.
»Wie viele kommen denn heute, Stefan?«
»Mal schauen.« Immer noch sahen wir nur seine Kehrseite.
»Du hast ja so recht«, flüsterte ich Rebecca zu. »Das ist wirklich ein ganz toller Typ! Und so unheimlich gesprächig!«
»Aber der Hintern ist nicht übel«, gab Rebecca zurück,
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