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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ablegen, was er mit seiner Zeit anfängt. Und mit dem Geld des Königs. Was er für seine Herumtreibereien zum Fenster hinauswirft, hätte ausgereicht, ein Kriegsschiff auszustaffieren.« Im selben Atemzug rief er ärgerlich: »Das wird zu heiß. Nimm den Tiegel aus dem Feuer, schnell!«
    Seine Warnung kam zu spät. Schon barst das Gefäß mit einem
Geräusch wie von brechendem Eis, und der Inhalt erfüllte Chades Zimmer mit einem beißenden Qualm, was für diesen Abend sämtlichen Gesprächen und Lektionen ein Ende machte.
    So bald rief er mich nicht wieder zu sich. Der Unterricht in den anderen Fächern ging weiter, doch nach ein, zwei Wochen fing ich an, Chade zu vermissen. Ich wusste, dieses Mal wollte er mich nicht bestrafen, weil ich sein Missfallen erregt hatte - er war einfach zu beschäftigt. Als ich eines Tages in einem müßigen Augenblick nach ihm spürte, stieß ich nur auf Heimlichkeiten und Missklänge. Und bekam dazu einen Klaps gegen den Hinterkopf, als Burrich mich ertappte.
    »Schluss damit!«, zischte er, ohne sich von meiner Miene gekränkter Unschuld täuschen zu lassen. Sein Blick wanderte durch die Box, die ich gerade ausmistete, als erwartete er, im Stroh verborgen eine Katze oder einen Hund zu entdecken. »Hier ist nichts«, brüllte er.
    »Nichts, außer Mist und Stroh«, stimmte ich zu und rieb mir den Hinterkopf.
    »Was hast du dann hier gemacht?«
    »Geträumt«, murmelte ich. »Nur geträumt.«
    »Du kannst mich nicht zum Narren halten, Fitz«, grollte er. »Ich dulde keinen Unfug. Nicht in meinem Stall. Du wirst meine Tiere nicht verrückt machen. Oder Chivalrics Blut Schande bereiten. Merk dir, was ich gesagt habe.«
    Ich biss die Zähne zusammen und fuhr mit der Arbeit fort. Nach kurzer Zeit hörte ich ihn aufseufzen und wie er sich entfernte. Wütend harkte ich mit der Forke im Stroh und nahm mir vor, mich nie wieder von Burrich überrumpeln zu lassen.
    Der Rest des Sommers war ein solcher Mahlstrom von Ereignissen,
dass es mir schwerfällt, mich auf die Reihenfolge zu besinnen. Es lag etwas in der Luft. Bei meinen Ausflügen in die Stadt redeten alle von Befestigungen und Alarmbereitschaft. Nur noch zwei weitere Ortschaften wurden bis Ende Sommer überfallen, doch es schienen Hundert zu sein, so oft wurden die Ereignisse wiedergekäut und bei jeder Erzählung weiter ausgeschmückt.
    »Bis man glaubt, dass die Leute über gar nichts anderes mehr reden können«, beschwerte sich Molly bei mir.
    Wir spazierten am Langen Strand im Licht der sommerlichen Abendsonne entlang. Der Wind vom Wasser her brachte willkommene Abkühlung nach einem schwülen Tag. Burrich war nach Springquell gerufen worden, weil man hoffte, er könnte herausfinden, weshalb sämtliches Vieh dort unter großflächigen Fellekzemen zu leiden hatte. Zwar fiel deshalb für längere Zeit mein Vormittagsunterricht aus, dafür war mir aber die ganze Arbeit mit den Pferden und Hunden übertragen worden, erst recht, weil Cob mit Edel nach Turlake gegangen war, um während einer Sommerjagd seine Pferde und Jagdhunde zu versorgen. Nun ja, wenigstens stand ich unter weniger strenger Aufsicht und hatte öfter Zeit, in die Stadt hinunterzulaufen.
    Meine Abendspaziergänge mit Molly gehörten inzwischen fast zum Tagesablauf. Der Gesundheitszustand ihres Vaters verschlechterte sich, und er brauchte kaum noch zu trinken, um in einen bleiernen Schlaf zu fallen. Molly packte für uns ein Stück Käse oder Wurst ein oder auch einen kleinen Laib Brot und etwas Räucherfisch, dann nahmen wir unseren Korb und eine billige Flasche Wein und wanderten den Strand bis zu den Riffen hinunter. Dort saßen wir auf den sonnenwarmen Steinen, Molly
plauderte über die Ereignisse des Tages und darüber, was man so redete, und ich hörte zu.
    »Sara, die Tochter des Fleischers, hat mir erzählt, dass sie den Winter herbeisehnt. Die Stürme und das Eis werden die Roten Korsaren an ihren eigenen Küsten festhalten und uns eine Atempause verschaffen, meinte sie. Kerry war auch dabei, und er sagte, dass wir vielleicht vor den Roten Korsaren Ruhe hätten, aber nicht vor den Entfremdeten, die die Gegend unsicher machen. Es geht das Gerücht um, dass einige von ihnen Ingot verlassen haben, seit es dort nichts mehr zu stehlen gibt, und dass sie nun als Straßenräuber den Reisenden auflauern.«
    »Das glaube ich nicht. Eher sind es andere Räuber, die sich nur als Entfremdete ausgeben, um eine falsche Spur zu legen. Entfremdete haben keine Bindungen

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