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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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glaube ich, Chivalric hat in Philia etwas gefunden, von dem er instinktiv spürte, dass er es brauchte. Er war ein besonnener, methodischer Mensch, immer korrekt in seinem
Benehmen, immer genauestens im Bilde über die politische Situation. Er war ritterlich, Junge, im besten Sinne des Wortes. Er ließ sich nicht von niedrigen Beweggründen beherrschen, das heißt, er zeigte nach außen hin ständig eine gewisse Zurückhaltung. Folglich wurde er von allen, die ihn nur flüchtig kannten, für kalt und hochmütig gehalten.
    Dann traf er dieses Mädchen … und sie war kaum mehr als ein Mädchen, ein ätherisches Geschöpf mit so wenig Substanz wie Spinnweben oder Meeresgischt. Ihre Gedanken und ihr Mundwerk waren flatterhaft, sie plapperte ohne Punkt und Komma, ohne Sinn und Verstand, so dass mir allein schon vom Zuhören der Kopf schwirrte. Aber Chivalric lächelte darüber immer nur und bestaunte sie. Vielleicht lag es daran, dass sie ihm gegenüber überhaupt keine Ehrfurcht zeigte. Oder vielleicht gefiel ihm auch, dass sie nicht besonders darauf erpicht schien, ihn für sich zu gewinnen. Umschwärmt von einer ganzen Menge wünschenswerter Kandidatinnen, die allesamt besserer Herkunft und weitaus klüger waren, entschied er sich frühzeitig für Philia. Und das verschloss ihm dann den Zugang zu einem Dutzend vorteilhafter Bündnisse, die die richtige Frau als Mitgift für ihn mit in die Ehe hätte einbringen können. Es gab keinen guten Grund für ihn, zu diesem frühen Zeitpunkt zu heiraten. Nicht einen einzigen.«
    »Nur den, dass er es wollte«, entfuhr es mir, und dann hätte ich mir am liebsten die Zunge abgebissen. Denn Chade nickte, wandte den Blick von den Flammen ab und sah mich an.
    »Nun ja. Genug davon. Ich werde dich nicht fragen, auf welche Weise du einen solchen Eindruck auf sie machen konntest oder wodurch ihre Gefühle für dich so plötzlich umgeschlagen sind. Vorige Woche ist sie zu Listenreich gegangen und hat verlangt,
dass du als Chivalrics Sohn und Erbe anerkannt werden und die einem Prinzen gebührende Erziehung erhalten sollst.«
    Mir wurde schwindelig. Bewegten sich die Wandteppiche, oder spielten mir meine Augen da einen Streich?
    »Selbstverständlich hat er das abgelehnt«, fuhr Chade gnadenlos fort. »Er versuchte sogar, ihr die Gründe zu erklären und weshalb ein solcher Schritt unmöglich war. Sie meinte daraufhin nur: ›Aber Ihr seid der König. Wie kann das unmöglich für Euch sein?‹ - ›Weil die Barone und Herzöge ihn niemals akzeptieren würden. Das würde schlimmstenfalls den Bürgerkrieg bedeuten. Und gar nicht daran zu denken, was das für einen Jungen bedeuten würde, der auf all dies nicht vorbereitet ist. Wie könnten wir ihn mit einer solchen Situation denn konfrontieren? ‹, gab er ihr schließlich zur Antwort.«
    »Oh«, sagte ich leise. Was hatte ich in diesem einen kurzen Augenblick empfunden? Euphorie? Wut? Angst? Ich wusste nur, der Augenblick war vorbei, und ich fühlte mich seltsam entblößt und gedemütigt, dass diese unsinnige Hoffnung mich so aus der Fassung hatte bringen können.
    »Aber Philia blieb hartnäckig und wiederholte nur ständig: ›Ihr seid der König, Ihr habt die Macht. Bereitet den Jungen wenigstens darauf vor, und wenn er so weit ist, urteilt selbst.‹ Nur sie konnte so etwas verlangen und dazu in Gegenwart von Veritas und Edel. Veritas hörte schweigend zu und zweifelte nicht am Ausgang des Gesprächs. Edel hingegen war puterrot. Er gerät viel zu leicht aus der Fassung. Allein schon der gesunde Menschenverstand hätte ihm sagen müssen, dass sein Vater keineswegs diplomatische Verwicklungen heraufbeschwören würde, nur um seiner ungeliebten Schwiegertochter gefällig zu sein. Doch Listenreich weiß, wann es angebracht ist, Kompromisse
zu schließen. In allem anderen gab er ihr nach, hauptsächlich, nehme ich an, um vor ihr Ruhe zu haben.«
    »In allem anderen?«, fragte ich begriffsstutzig.
    »Manches ist zu unserem Nutzen, manches zu unserem Schaden. Oder wird uns zumindest in einige verdammte Schwierigkeiten bringen.« Chade hörte sich genauso verärgert wie begeistert an. »Ich hoffe, du bringst es fertig, deinen Tag um ein paar Stunden zu verlängern, denn ich bin nicht bereit, ihretwegen bei meinen Plänen Abstriche zu machen. Philia hat darauf bestanden, dass du entsprechend deiner Herkunft erzogen wirst. Und sie will diese Aufgabe selbst übernehmen. Musik, Poesie, Tanz, Gesang, Etikette … Vielleicht bringst du mehr Geduld

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