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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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schönes Fleckchen Erde mit einem Teich und vielen Kräuterbeeten zwischen Blumenrabatten, Spalierobst und
moosbewachsenen Pfaden. Aus Erfahrung wusste ich, dass es ein Fehler wäre, jetzt schlafen zu gehen. Sobald ich die Augen zumachte, würde das Bett anfangen sich zu drehen, und dann war es nur eine Frage der Zeit, bis ich mich übergeben musste. Es war ein schöner Abend gewesen, der einen besseren Ausklang verdiente, deshalb ging ich statt in mein Zimmer in den Frauenhag. In einem Winkel des Gartens, zwischen einer Feldsteinmauer und einem kleinen Tümpel, wuchsen unterschiedliche Arten Quendel. An einem heißen Tag kann das Aroma betäubend sein, aber jetzt in der Abendkühle hatten die verschiedenen, sich vermischenden Thymiandüfte eine wohltuende Wirkung auf meinen Brummschädel. Ich wusch mir in dem klaren Wasser das Gesicht, dann setzte ich mich mit dem Rücken an die vom Tag aufgeheizte und selbst noch in der Nacht sonnenwarme Mauer. Frösche quakten. Ich richtete den Blick auf die spiegelglatte Wasseroberfläche, um das Schwindelgefühl zu lindern.
    Plötzlich waren da Schritte. Dann erkundigte sich eine weibliche Stimme in missbilligendem Ton: »Bist du betrunken?«
    »Noch nicht ganz«, erwiderte ich scherzhaft, weil ich glaubte, es wäre Tilly, die kleine Gärtnerin. »Ich hatte zu wenig Zeit und zu wenig Geld.«
    »Ich nehme an, das hast du von Burrich gelernt. Der Mann ist ein Trinker und ein Wüstling. Immer muss er alle anderen auf seine Stufe hinunterziehen.«
    Die Bitterkeit in der Stimme der Frau veranlasste mich zu einem Blick nach oben. Mit zusammengekniffenen Augen versuchte ich in der Morgendämmerung ihre Züge zu erkennen. Es war meine Tischgenossin vom Vorabend. Wie sie da so auf dem Gartenweg stand, in einem schmucklosen, hemdähnlichen Gewand,
sah sie auf den ersten Blick aus wie ein junges Mädchen. Sie war schlank und kleiner als ich, obwohl man mich trotz meiner vierzehn Jahre nicht groß nennen konnte. Doch ihr Gesicht war das einer Frau und jetzt, als sie mich ansah, hatte sie die Lippen vorwurfsvoll zusammengepresst, was zudem in dem strengen Blick ihrer hellgrauen Augen unter gerunzelten Brauen seinen Widerhall fand. Aus dem dunklen, lockigen Haar hatten sich an Stirn und Nacken einige widerspenstige Löckchen selbstständig gemacht.
    Nicht, dass ich mich berufen gefühlt hätte, Burrich zu verteidigen, nur war es ungerecht, ihm die Verantwortung für meinen Zustand anzulasten. Deshalb erklärte ich ihr, da er sich zurzeit etliche Meilen entfernt an einem anderen Ort aufhielte, könne man ihm wohl kaum die Schuld geben, wenn ich ein Glas über den Durst trank.
    Die Frau kam zwei Schritte näher. »Doch er hat auch nie versucht, dich davon abzuhalten, oder? Er hat dich nie vor den Gefahren der Trunksucht gewarnt, ist es nicht so?«
    In den Südlanden behauptet man, im Wein liege Wahrheit. Ein Körnchen Wahrheit muss wohl auch im Bier liegen, denn ich sagte: »Um ehrlich zu sein, Mylady, er wäre höchst unzufrieden mit mir, wenn er mich jetzt sehen könnte. Erstens würde er mich tadeln, weil ich es versäumt habe, in Gegenwart einer Dame aufzustehen.« Bei diesen Worten erhob ich mich schwankend. »Zweitens würde er mir einen langen Vortrag darüber halten, welches Benehmen für jemandem angemessen ist, in dessen Adern das Blut eines Prinzen fließt, wenn er auch keinen Titel vorzuweisen hat.« Ich brachte eine Verbeugung zustande, und davon ermutigt richtete ich mich schwungvoll wieder auf. »Also, gehabt Euch wohl, edle Herrin dieses Gartens. Ich wünsche
Euch eine gute Nacht und befreie Euch von meiner lümmelhaften Gegenwart.«
    Ich war schon bei dem bogenförmigen Durchgang in der Hecke, als sie mir nachrief: »Warte!« Doch mein Magen gab ein unheilvolles Grollen von sich, und ich tat so, als hätte ich nichts gehört. Sie folgte mir zwar nicht, aber ich fühlte deutlich ihren Blick in meinem Rücken. Deshalb hielt ich den Kopf hoch und ging aufrechten Schrittes von ihr weg, bis ich den Küchenhof hinter mir gelassen hatte. Im Stall übergab ich mich auf den Misthaufen und legte mich in einer leeren Box zum Schlafen hin, weil mir die Stiege zu Burrichs Kammer entschieden zu steil aussah.
    Aber die Jugend ist überraschend widerstandsfähig, besonders, wenn es darauf ankommt. Im Morgengrauen war ich wach und auf den Beinen, weil Burrich am Nachmittag zurückerwartet wurde. Nachdem ich mich an der Pumpe gewaschen hatte, stellte ich fest, dass es angebracht wäre, ein

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