Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher
noch fühlt er sich an Bord eines Schiffes wohl. Burrich respektiert ihn, aber er mag ihn nicht. Er sagt, Galen sei ein Mann, der seine Pflicht kennt und sie tut, aber Burrich kann nur schlecht mit jemandem auskommen, der Tiere misshandelt und sei es auch aus Unwissenheit. Auch beim Gesinde in der Küche ist Galen nicht sonderlich beliebt. Er verschreckt vor allem die Jüngsten. So beschuldigt er die Dienstmädchen, im Essen wären Haare oder sie hätten schmutzige Hände, und die Burschen im Gesinde sind ihm zu ungehobelt und zu tolpatschig.
Deshalb ist er auch der Köchin ein Dorn im Auge, denn mit verstörten und trotzigen Gehilfen ist nicht gut arbeiten.« Chade schaute mich immer noch erwartungsvoll an, als warte er auf etwas sehr Wichtiges. Was hatte ich denn noch aufgeschnappt …
»Er trägt eine Halskette mit drei eingesetzten Steinen. Königin Desideria hat sie ihm für besondere Dienste geschenkt. Hm. Und der Narr hasst ihn. Er hat mir erzählt, wenn keiner in der Nähe ist, schimpft Galen ihn eine Missgeburt und bewirft ihn mit allen möglichen Gegenständen.«
Chade richtete sich plötzlich mit einer heftigen Bewegung auf. Wein schwappte aus dem Becher über sein Knie. Geistesabwesend rieb er mit dem Ärmel über den Fleck. »Der Narr redet mit dir?«, fragte er in ungläubigem Ton.
»Manchmal«, gestand ich vorsichtig. »Nicht sehr oft. Nur wenn ihm danach ist. Er taucht einfach auf und schwatzt über dies und das.«
»Über was genau?«
Mir wurde bewusst, dass ich Chade nie von dem Fettutes-Rätsel berichtet hatte, und es schien mir zu mühsam, ihm die komplizierte Geschichte jetzt auseinanderzusetzen. »Oh, alles Mögliche. Vor ungefähr zwei Monaten hielt er mich an und orakelte, der morgige Tag wäre schlecht, um auf die Jagd zu gehen. Aber das Wetter war trocken und klar, Burrich erlegte sogar einen kapitalen Bock, wenn du dich erinnerst. Und am selben Tag noch stöberten wir ein Vielfraß auf. Er hatte zwei von den Hunden zerfleischt.«
»Wenn ich mich recht entsinne, wollte das Biest eigentlich dir an die Gurgel.« Chade beugte sich vor, aus irgendeinem unerfindlichen Grund schien er sich zu freuen.
Ich zuckte die Schultern. »Burrich ritt es nieder. Dann schimpfte er mich aus, als wäre alles meine Schuld, und zu meinem Glück sei Rußflocke nichts passiert, sonst hätte er mir den Kopf abgerissen. Als hätte ich ahnen können, dass das Biest sich auf mich stürzt.« Nach einer Pause fuhr ich fort: »Chade, ich weiß, der Narr ist ein wenig seltsam. Aber ich mag es, wenn er kommt, um sich mit mir zu unterhalten. Er spricht in Rätseln, und er beleidigt mich und macht sich lustig und krittelt an mir herum, ich solle mir die Haare waschen und niemals etwas Gelbes tragen. Trotzdem …«
»Ja?« Chade hakte nach, als wäre er höchst gespannt auf das, was ich sagen wollte.
»Ich mag ihn«, schloss ich lahm. »Er gibt mir das Gefühl, wichtig zu sein. Weil er sich mich als Gesprächspartner ausgesucht hat.«
Chade lehnte sich zurück. Er verbarg ein Lächeln hinter der vorgehaltenen Hand, aber ich verstand nicht, was ihn an alldem belustigte. »Vertrau auf deinen Instinkt«, meinte er kurz und bündig. »Und befolge die Ratschläge des Narren. Ach ja, und noch etwas: Behalte künftig für dich, dass er kommt und mit dir spricht. Man könnte es missverstehen.«
»Wer könnte es missverstehen?«
»König Listenreich, zum Beispiel. Schließlich gehört der Narr ihm. Er hat ihn gekauft und bezahlt.«
Ein Dutzend Fragen kam mir in den Sinn. Chade wusste den Ausdruck auf meinem Gesicht zu deuten, denn er hob beschwichtigend die Hand. »Nicht jetzt. Das ist alles, was du vorläufig wissen musst. Genau genommen ist es mehr, als du wissen musst, aber deine Enthüllungen haben mich überrascht. Es ist nicht meine Art, Geheimnisse anderer auszuplaudern. Wenn der
Narr möchte, dass du mehr weißt, kann er für sich selber sprechen. Kommen wir lieber zurück zu Galen.«
Ich lehnte mich seufzend in den Stuhl zurück. »Galen. Er ist unhöflich zu denen, die ihm nicht gefährlich werden können, er kleidet sich gut und zieht es vor, allein zu speisen. Reicht das nicht? Ich hatte strenge Lehrmeister und unangenehme. Ich denke, ich werde schon lernen, mit ihm auszukommen.«
»Das solltest du.« Chade sagte dies mit tödlichem Ernst. »Weil er dich hasst. Er hasst dich mehr, als er deinen Vater liebte. Die Tiefe seines Gefühls für deinen Vater hat mich von jeher beunruhigt. Kein Mensch, auch kein
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