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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Umschwung zu schulmeisterlicher Strenge in ihrem Tonfall und ihrer Haltung verwirrte mich. »Und wie nennt man dich, Junge?«
    Wieder diese Frage. »Junge ist schon richtig«, gab ich murmelnd zur Antwort. Der schlafende Welpe in meinen Armen winselte unruhig. Seinetwegen zwang ich mich zur Gelassenheit.
    Ein kurzer Ausdruck der Bestürzung in ihrem Gesicht erfüllte mich mit Genugtuung. »Ich werde dich, hm, Thomas nennen. Tom für den alltäglichen Gebrauch. Bist du damit einverstanden?«
    »Ich glaube schon«, sagte ich wieder. Burrich machte sich da weit mehr Gedanken bei der Auswahl eines Namens für einen Hund. Bei uns im Stall gab es keine Bellos oder Hassos. Burrich benannte jedes Tier, als wäre es königlicher Abkunft, entsprechend seiner Persönlichkeit oder bezogen auf seine wünschenswerten Charaktereigenschaften. Sogar Rußflockes Name symbolisierte ein verborgenes Feuer, das ich zu respektieren gelernt hatte. Diese Frau aber nannte mich Tom, ohne auch nur einen
Augenblick überlegt zu haben. Ich senkte den Blick, damit sie nicht in meinen Augen lesen konnte.
    »Also gut«, meinte sie beinahe schroff. »Komm morgen wieder, um die gleiche Zeit, dann werde ich einiges für dich vorbereitet haben. Sei gewarnt, ich erwarte Fleiß und Lernwilligkeit von dir. Auf Wiedersehen, Tom.«
    »Auf Wiedersehen, Mylady.«
    Ich drehte mich um und ging. Laceys Blick folgte mir und kehrte dann zu ihrer Herrin zurück. Sie schien enttäuscht zu sein, aber ich wusste nicht, weswegen.
    Es war immer noch früh am Tag. Diese erste Sitzung hatte kaum länger als eine Stunde gedauert. Ich wurde nirgends erwartet, der Rest des Vormittags stand mir zur freien Verfügung. Deshalb machte ich mich auf den Weg zur Küche, um Reste für meinen Hund zu erbitten. Natürlich wäre es einfacher gewesen, ihn mit in den Stall zu nehmen, aber in dem Fall hätte Burrich von ihm erfahren, und ich wusste, was dann geschehen würde. Der Kleine bliebe im Stall. Dem Namen nach wäre er zwar mein Hund, aber Burrich würde dafür sorgen, dass sich nicht wieder eine so tiefe Verbundenheit wie einst zwischen Nosy und mir entwickeln würde. Diesmal sollte er mir nicht wieder einen Freund wegnehmen.
    Ich plante also mein Vorgehen. Als Schlafplatz ein Korb aus dem Waschhaus, Stroh, darüber ein abgetragenes Hemd. Seine Ausscheidungen waren jetzt noch nicht der Rede wert, später vereinfachte wahrscheinlich das Band zwischen uns seine Erziehung zur Reinlichkeit. Vorläufig musste er lernen, jeden Tag eine Zeit lang allein zu bleiben, doch wenn er größer wurde, konnte er mich begleiten. Selbstverständlich ließ es sich dann nicht mehr vermeiden, dass Burrich ihn sah, aber den Gedanken
schob ich erst einmal beiseite. Alles zu seiner Zeit. Am dringendsten brauchte er einen Namen. Ich betrachtete ihn.
    Er gehörte nicht zu den kläffenden Terriern mit lockigem Fell. Man konnte schon jetzt erkennen, dass er kurzes, glattes Haar haben würde, einen kräftigen Nacken und ein Maul wie ein Kohleneimer. Ausgewachsen würde er mir vielleicht bis zum Knie reichen, also durfte es kein allzu gewichtiger Name sein, auch nichts Blutrünstiges wie Reißer oder Beißer. Er versprach ein lebhaftes, wachsames Tier zu werden. Filou? Das hörte sich flink und wendig an. Oder vielleicht Pfiffig.
    »Oder Amboss. Oder Hammer.«
    Ich blickte auf. Der Narr trat aus einer Nische und folgte mir den Gang hinunter.
    »Wieso?« Ich hatte längst aufgegeben, mich darüber zu wundern, wie der Narr wissen konnte, was ich dachte.
    »Weil dein Herz durch ihn zu dem eines Mannes geschmiedet werden wird und deine Stärke in seinem Feuer gehärtet.«
    »Klingt für mich ein bisschen zu dramatisch«, wandte ich ein. »Und viel zu bedeutungsschwanger für den kleinen Burschen.«
    Der Narr zuckte die Achseln. »Mag sein.« Er trat hinter mir ins Zimmer. »Wie wäre es mit Fäustel? Darf ich ihn mir einmal ansehen?«
    Widerstrebend gab ich ihm den Welpen. Er wachte auf und zappelte in den Händen des Narren. Rieche nichts. Rieche nichts. Tatsächlich, ich musste dem Welpen Recht geben. Selbst für seine empfindliche kleine schwarze Nase hatte der Narr keinen wahrnehmbaren Geruch. »Vorsicht. Lass ihn nicht fallen.«
    »Ich bin ein Narr, kein Tolpatsch«, sagte der Narr, doch er nahm auf der Bettkante Platz und setzte Fäustel neben sich. Sofort fing der Kleine an herumzuschnüffeln und in den Kissen zu
wühlen. Ich setzte mich neben ihn auf die andere Seite, falls er sich in seinem Eifer zu dicht

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