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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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unbegründet war. Ich konnte lesen und schreiben und ein Pferd oder einen Hund pflegen. Außerdem konnte ich Gifte und Schlaftrünke mischen, schmuggeln, lügen und verstand mich auf einige Taschenspielertricks - alles Fertigkeiten, die schwerlich ihren Beifall gefunden hätten, hätte sie darüber Bescheid gewusst. Also, taugte ich noch zu etwas anderem außer zum Spion und Meuchelmörder?
    Am nächsten Morgen stand ich früh auf und ging zu Fedwren. Er freute sich über meine Bitte um Pinsel und Farben. Das Papier, das er mir gab, war von besserer Qualität als die Übungsbögen, und ich musste versprechen, ihm meine Versuche zu zeigen. Auf dem Rückweg zu meinem Zimmer fragte ich mich, wie es wäre, bei ihm Lehrling zu sein. Wahrscheinlich eine Erholung gegenüber dem, was ich in letzter Zeit durchzumachen hatte.
    Aber die Aufgabe, die ich mir selbst gestellt hatte, erwies sich als schwieriger als gedacht. Ich sah Fäustel auf seinem Kissen schlafen. Wie konnte die Linie seines Rückens so verschieden sein von der Linie einer Rune, die Farbschattierungen seines Ohres so anders als die Nuancen der Illustrationen, die ich aus Fedwrens Pflanzenbüchern kopiert hatte? - In wachsender
Verzweiflung zerknüllte ich ein Blatt nach dem anderen, bis ich plötzlich erkannte, dass Licht und Schatten die Konturen des zusammengerollten Körpers bestimmten. Ich musste weniger malen, nicht mehr, und aufs Papier bannen, was das Auge sah, und nicht die Umrisse, die der Verstand diktierte.
    Viel später wusch ich die Pinsel aus und stellte sie zum Trocknen beiseite. Das Ergebnis meiner frühmorgendlichen Mühen waren zwei Bilder, die mich zufriedenstellten, und eins, das mir gefiel, obwohl der schlafende Fäustel darauf vage und unwirklich aussah, mehr der Traum von einem Hund als ein lebendiges Tier. Und dies war mehr die Darstellung meiner gefühlsmäßigen Wahrnehmung als die des wirklich Sichtbaren, dachte ich schließlich ganz bei mir selbst.
    Doch als ich vor Prinzessin Philias Tür auf die Blätter in meiner Hand schaute, sah ich mich auf einmal in die Zeit als kleiner Knirps zurückversetzt, der seiner Mutter einen Strauß zerdrückter Wiesenblumen brachte. War das ein passender Zeitvertreib für einen fast erwachsenen jungen Mann? Als Fedwrens Lehrling wären Übungen dieser Art angebracht gewesen, denn ein guter Schreiber muss nicht nur schreiben, sondern auch illuminieren und skizzieren können. Doch schon ging die Tür auf, und für einen Rückzug war es zu spät.
    Ich sagte nichts, als Philia mich verärgert über meine Verspätung aufforderte hereinzukommen. Ergeben setzte ich mich auf einen Stuhl, auf dem ein zerknüllter Umhang und eine halbfertige Stickerei lagen. Die Bilder legte ich neben mich auf einen Stapel Schreibtafeln.
    »Ich denke, du könntest lernen, Gedichte aufzusagen, wenn du nur wolltest«, überfiel sie mich unternehmungslustig. »Und deshalb könntest du auch lernen, Gedichte zu verfassen, wenn
du nur wolltest. Rhythmus und Versmaß sind nicht mehr als … ist das der Welpe, den ich dir geschenkt habe?«
    »Er soll es zumindest sein«, murmelte ich und fühlte mich verlegener als je zuvor in meinem Leben.
    Sie hob die Blätter behutsam auf und studierte sie eins nach dem anderen, zuerst von nahem, dann hielt sie sie auf Armeslänge von sich ab. Am gründlichsten betrachtete sie das Bild mit dem substanzlos scheinenden Fäustel. »Wer hat das gemalt?«, fragte sie schließlich. »Auch wenn dein Zuspätkommen damit nicht entschuldigt ist. Aber ich hätte Verwendung für jemanden, der wiederzugeben vermag, was das Auge sieht, noch dazu mit naturgetreuen Farben. Das ist der Fehler bei allen Pflanzenbüchern, die ich habe: Sämtliche Kräuter sind einheitlich grün, ohne Rücksicht darauf, ob sie zunächst graugrün sind und später dann einen Stich ins Rosafarbene bekommen. Solche Abbildungen sind nutzlos für alle weiteren Studien …«
    »Ich denke, er selbst ist der Künstler, Mylady«, warf Lacey helfend ein.
    »Und das Papier, es ist besser als …« Philia unterbrach sich. »Du, Thomas?« (Ich glaube, jetzt erst erinnerte sie sich wieder an den Namen, den sie mir gegeben hatte.) »Du kannst so gut malen?«
    Unter ihrem ungläubigen Blick brachte ich nur ein stummes Nicken zustande. Wieder hielt sie die Bilder in die Höhe. »Dein Vater war nicht fähig, einen geraden Strich zu ziehen, es sei denn auf einer Landkarte. Hat deine Mutter gemalt?«
    »Ich kann mich nicht an sie erinnern, Mylady«,

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