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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ich herumstreunte, vielleicht um einiges zerlumpter und frecher waren als die, die ihren Pflichten nachgingen, so fiel mir das zumindest nicht auf. Doch hätte mir jemand gesagt, dass ich mich einer Bande diebischer Elstern angeschlossen hatte, die wegen ihrer langen Finger die Burg nicht betreten durften, wäre ich entsetzt gewesen. In meiner Arglosigkeit wusste ich nur, dass es plötzlich ein spannender und abwechslungsreicher Tag geworden war, voller Eindrücke und Abenteuer.
    Unter meinen neuen Spielgefährten befanden sich ein paar junge Burschen, die ein wenig größer und rauer waren und die offenbar glaubten, den Neuankömmling zurechtstutzen zu müssen, was sie auch getan hätten, wäre Nosy nicht bei mir gewesen, der ihnen bei dem ersten herausfordernden Rempler die Zähne zeigte. Doch als ich keinerlei Anspruch erkennen ließ, ihnen die Führerschaft streitig zu machen, durfte ich ihnen auf ihren Streifzügen folgen. Ich zeigte mich angemessen beeindruckt von ihren Geheimnissen und möchte behaupten, dass ich mich am Ende des langen Nachmittags besser in dem ärmeren Teil der Stadt auskannte als viele, die in den oberen Bezirken aufgewachsen waren.
    Man fragte mich nach keinem Namen, sondern rief mich einfach Neuer. Die anderen hatten alltägliche Namen wie Dick oder Kerry oder Spitznamen wie Netzpicker und Blaufleck. Blaufleck war ein Mädchen und hätte unter günstigeren Umständen ein hübsches kleines Ding sein können. Sie war ein oder zwei Jahre älter als ich, aber sehr redegewandt und schlagfertig. Ich erlebte, wie sie mit einem Rüpel von zwölf Jahren in Streit geriet,
aber sie zeigte keine Angst vor seinen Fäusten, und die scharfzüngigen Beschimpfungen, mit denen sie ihn überschüttete, bewirkten, dass sie bald die Lacher auf ihrer Seite hatte. Sie nahm ihren Sieg gelassen, umso beeindruckter war ich von ihrer Courage. Allerdings legten die purpurn, blau und gelb schillernden Blutergüsse in ihrem Gesicht und an ihren mageren Armen sowie blutiger Schorf an einem Ohr Zeugnis davon ab, dass es nicht immer so glimpflich ausging. Trotzdem war Blaufleck ein wahrer Irrwisch, mit einer Stimme, die schriller war als das Kreischen der Möwen über uns. Am späten Nachmittag lungerten sie, Kerry und ich an einem steinigen Strand unterhalb der Gerüste der Netzflicker herum, wo Blaufleck mir beibrachte, die Klippen nach festsitzenden Muscheln abzusuchen und mit einem spitzen Stock loszubrechen. Sie zeigte mir gerade, wie man einen Nagel dazu benutzte, die zähen Bewohner aus der Schale zu pulen, als ein anderes Mädchen nach uns rief.
    Der hübsche blaue Umhang um ihre Schultern und die Lederschuhe ließen erkennen, dass sie nicht zu meinen Gefährten gehörte. Auch machte sie keine Anstalten, sich an unserer Muschelsuche zu beteiligen, sondern kam nur auf Rufweite heran. »Molly, Molly, er sucht überall nach dir! Vor einer Stunde ist er fast nüchtern aufgewacht und hat fürchterlich geflucht, als niemand da war und das Feuer aus.«
    Ein Ausdruck von Trotz und Angst huschte über Blauflecks Gesicht. »Es war lieb von dir, herzukommen und mich zu warnen, Kittne, ich danke dir. Geh jetzt nach Hause. Und ich werde an dich denken, wenn nächstes Mal bei Ebbe die Kelpkrabbengründe freiliegen.«
    Kittne nickte kurz, dann machte sie kehrt und lief den Weg zurück, den sie gekommen war.

    »Steckst du in Schwierigkeiten?«, fragte ich, als Blaufleck sich nicht gleich wieder daranmachte, Steine umzudrehen.
    »Schwierigkeiten?« Sie schnaufte verächtlich. »Kommt darauf an. Wenn mein Vater lange genug nüchtern bleiben kann, um mich zu finden, dann vielleicht. Aber höchstwahrscheinlich ist er bis heute Abend so betrunken, dass nichts von dem, was er mir nachwirft, mich trifft. Höchstwahrscheinlich!«, wiederholte sie bestimmt, als Kerry den Mund aufmachte, um zu widersprechen.
    Damit wandte sie sich wieder dem Strand zu und unserer Suche nach Muscheln.
    Wir hockten um ein vielbeiniges graues Geschöpf, das wir in einem Gezeitentümpel entdeckt hatten, als das Knirschen von Stiefeln auf den muschelbewachsenen Klippen uns aufschreckte. Mit einem Aufschrei nahm Kerry sofort Reißaus, ohne sich noch einmal umzusehen. Nosy und ich sprangen zurück, wobei er mutig die Zähne fletschte, doch gleichzeitig den Schwanz zwischen die Beine klemmte. Molly Blaufleck war entweder nicht schnell genug oder bereit, sich in ihr Schicksal zu ergeben. Ein schäbig aussehender Mann versetzte ihr eine schallende Backpfeife. Er

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