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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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von ihrem Volk lossagte, um von nun an dem Volk der Sechs Provinzen anzugehören. Sie dankte ihrem Land für alles, was es ihr geschenkt hatte, die Früchte der Erde, die Wasser der Schneeschmelze und der Wildbäche, die reine Luft der Höhen. Nicht, weil sie ihre Heimat nicht liebte, ginge sie fort, sondern vielmehr in der Hoffnung, mit diesem Schritt der alten wie der neuen Heimat zu dienen. Alle lauschten schweigend ihren Worten, und erst nachdem sie das Podium verlassen hatte, setzte das fröhliche Stimmengewirr wieder ein.
    Rurisk kam, um zu sehen, wie es mir erging. Ich versicherte
ihm, ich hätte mich völlig erholt, obwohl ich mich in Wirklichkeit nur nach Schlaf sehnte. Die von Mistress Hurtig für mich geschneiderte Festkleidung entsprach der neuesten höfischen Mode, besaß also höchst unpraktische Ärmel und Quasten, die vor allem beim Essen störten, sowie eine atemberaubend enge Taille. Ich sehnte mich danach, aus dem Gedränge herauszukommen, um einige Bänder an der Kleidung zu lösen und den Kragen loszuwerden, doch ich wusste, wenn ich die Feier jetzt verließ, würde Chade später dennoch nach einem genauen Bericht der Ereignisse während meiner Abwesenheit verlangen. Rurisk schien mein Bedürfnis nach etwas Ruhe zu bemerken, denn er schlug einen Spaziergang zu den Hundezwingern vor. »Lass mich dir zeigen, was die frische Blutzufuhr aus Bocksburg vor einigen Jahren bei meiner Zucht bewirkt hat.«
    Wir verließen den Palast und gingen einen kurzen Weg hinunter zu einer niedrigen, langgestreckten Holzbaracke. In der frischen Luft ging es mir fast augenblicklich besser. Drinnen führte er mich zu einer Hündin, die über ihren Wurf rostroter Welpen wachte. Es waren vor Gesundheit strotzende kleine Gesellen mit glänzendem Fell, die da durchs Stroh krochen und purzelten. Sie kamen neugierig und ohne die geringste Scheu auf uns zu. »Diese haben den Bocksburg-Einschlag und folgen einer Fährte sogar im Regen«, erklärte Rurisk stolz. Er zeigte mir auch die übrigen Tiere, unter anderem einen winzigen Hund mit drahtigen Beinen, der, seiner Behauptung nach, dem Wild sogar auf Bäume nachkletterte.
    Wir traten aus dem Zwinger in die Sonne hinaus, wo ein alter Rüde faul auf seinem Strohlager döste. »Schlaf weiter, alter Knabe. Du hast so viel Nachwuchs gezeugt, dass du niemals wieder auf die Jagd gehen musst, außer dir steht der Sinn danach«,
sprach Rurisk ihm freundlich zu. Beim Klang der Stimme seines Herrn erhob der alte Hund sich steifbeinig zur Begrüßung. Er schaute zu mir auf - und es war Nosy.
    Ich starrte ihn an. Und seine braunen Augen erwiderten den Blick. Als ich behutsam nach ihm spürte, empfing ich im ersten Moment nur Verwirrung, aber dann eine Flut von guten Gefühlen und die Erinnerung an unsere einstige Zuneigung. Es gab keinen Zweifel daran, dass er jetzt Rurisks Hund war, das Band zwischen uns bestand nicht mehr in der Intensität wie früher, doch er erinnerte sich mit Wonne an die Zeit unserer Jugend. Ich ließ mich auf ein Knie nieder, streichelte über das grannige rote Fell und schaute in die vom Alter bereits leicht getrübten Augen. Verstärkt durch die körperliche Berührung, war das Band fast wieder so stark wie damals. Ich spürte, wie er es genoss, in der Sonne zu liegen, dennoch war er einem kleinen Ausflug in Wald und Flur nicht abgeneigt, besonders wenn Rurisk mitkam. Ich klopfte ihm den Rücken, stand auf und bemerkte, wie der Prinz mich eigenartig ansah. »Ich kannte ihn, als er klein war«, erklärte ich.
    »Burrich hat ihn mir vor etlichen Jahren durch einen fahrenden Schreiber schicken lassen«, erzählte Rurisk. »Er hat mir durch seine Gesellschaft und auf der Jagd viel Freude bereitet.«
    »Ihr seid ihm ein guter Herr gewesen«, sagte ich.
    Kaum hatte Rurisk sich von mir getrennt, nachdem wir in den Palast zurückgekehrt waren, ging ich schnurstracks zu Burrich. Er hatte soeben die Erlaubnis bekommen, die Pferde zurück auf die Weide zu bringen, denn auf Dauer machten die Enge und die vielen Menschen auch das ausgeglichenste Tier unruhig. Es gab für Burrich nur eine Schwierigkeit - er konnte immer nur zwei Pferde hinausführen und musste die anderen so lange unbeaufsichtigt
lassen. Als ich zu ihm hintrat, hob er wachsam den Kopf.
    »Wenn du erlaubst, helfe ich dir«, bot ich ihm an.
    Burrichs Gesicht drückte eine nichtssagende Höflichkeit aus. Bevor er den Mund zur Antwort aufmachen konnte, sagte eine Stimme hinter mir: »Das ist meine Aufgabe, junger

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