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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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nicht hier, wie du vielleicht bemerkt hast.« August sah mich an, als wäre ich noch dümmer, als selbst er geglaubt hätte, und wollte sich abwenden.
    Ich griff nach seinem Arm und drehte ihn wieder zu mir herum.
    »Du kannst über die Gabe zu ihm Kontakt aufnehmen.«
    Er schüttelte mich ärgerlich ab und schaute sich wieder nach allen Seiten um. »Das kann ich nicht. Und selbst wenn, ich würde es nicht tun. Bildest du dir ein, jeder, der die Gabe ausüben kann, hätte das Recht, den König zu belästigen?«
    »Ich habe dir die Nadel gezeigt. Glaub mir, er würde es nicht als Belästigung empfinden.«
    »Ich kann nicht.«
    »Dann Veritas.«
    »Ich habe über die Gabe keine Verbindung zu Veritas, außer er sinnt zuerst nach mir. Bastard, du weißt gar nichts. Kein Wunder, dass du bei der Prüfung versagt hast. Es ist nicht so, als würde man einem Freund über eine Schlucht hinweg etwas zurufen. Die Gabe ist eine ernsthafte Sache und darf außer für ernsthafte Zwecke nicht benutzt werden.« Erneut wollte er weggehen.
    »Dreh dich um, August, oder du wirst es noch bereuen.« Eine leere Drohung, denn was konnte ich schon tun, außer ihn beim König anzuschwärzen. »Es wird Listenreich gar nicht erfreuen, dass du seinen Willen missachtest.«
    Langsam wandte er sich wieder zu mir um und sah mich böse an. »Nun gut, ich tue es, aber du musst mir versprechen, alle Schuld auf dich zu nehmen.«
    »Ich verspreche es. Kommst du also mit in mein Zimmer und übermittelst meine Nachricht?«

    »Kann es nicht irgendwo anders sein?«
    »In deinen Gemächern?«
    »Nein, das wäre noch schlimmer. Nimm’s mir nicht übel, Bastard, aber ich möchte nicht den Anschein erwecken, Umgang mit dir zu pflegen.«
    »Nimm’s nicht übel, Prinzlein, aber mir geht es mit dir genauso.«
    Schließlich einigten wir uns auf eine Steinbank in einem stillen Winkel von Kettrickens Kräutergarten, wo August sich hinsetzte und die Augen schloss. »Was soll ich dem König übermitteln?«
    Ich dachte nach. Da August nicht wissen durfte, worum es wirklich ging, musste ich die Nachricht verschlüsseln. »Sag ihm, Prinz Rurisk sei bei bester Gesundheit, und wir dürften hoffen, ihn ein hohes Alter erreichen zu sehen. Edel besteht nach wie vor darauf, ihm das Geschenk zu geben, aber ich halte es nicht für angebracht.«
    August öffnete die Augen. »Die Gabe ist eine ernsthafte …«
    »Ich weiß. Sag es ihm.«
    Er atmete einige Male tief ein und aus, dann machte er die Augen zu, saß für längere Zeit regungslos da und schlug sie wieder auf. »Er sagt, du sollst auf Edel hören.«
    »Weiter nichts?«
    »Er war beschäftigt. Und sehr verärgert. Jetzt lass mich in Ruhe. Du bist schuld, wenn ich mich vor meinem König zum Narren gemacht habe.«
    Dazu wäre mir zweifellos ein Dutzend geistreicher Erwiderungen eingefallen, aber ich ließ ihn gehen. Im Nachhinein kamen mir Zweifel, ob er überhaupt den Versuch gemacht hatte, König Listenreich zu erreichen. Ich setzte mich auf die Steinbank
und musste mir eingestehen, dass ich viel Zeit vergeudet hatte, ohne auch nur einen Schritt weiterzukommen. Die Versuchung wurde übermächtig. Ich schloss die Augen, atmete und sammelte meine Gedanken. Listenreich, mein König.
    Nichts. Keine Antwort. Ich bezweifle, dass ich die Gabe überhaupt aufrufen konnte. Resigniert stand ich auf und kehrte zurück in den Palast.
    Auch an diesem Tag bestieg Kettricken das Podium. Wieder tat sie in einer kurzen, schlichten Ansprache kund, dass sie sich hiermit dem Volk der Sechs Provinzen verband und von nun an dessen Wohl verpflichtet war. Sie dankte ihrem eigenen Volk, Blut von ihrem Blut, und man möge bedenken, dass sie nicht aus Mangel an Liebe zu ihrem Vaterland fortging, sondern in der Hoffnung, beiden Ländern einen Vorteil zu bringen. Wieder herrschte Schweigen, bis sie die Stufen hinuntergestiegen war. Morgen war der entscheidende Tag, an dem sie sich durch das Ehegelübde mit Veritas verband und sich ihrem Mann als Frau versprach. Wenn ich alles richtig verstanden hatte, sollte Edel Veritas’ Platz neben ihr einnehmen, und August sollte die Gabe aufrufen, damit Veritas Zeuge sein konnte, wie seine Braut sich ihm angelobte.
    Es wollte nicht Abend werden. Jonqui kam und nahm mich mit zu den Blauen Fontänen, und ich gab mich nach besten Kräften interessiert und liebenswürdig. Bei unserer Rückkehr empfingen uns im Palast wieder Sänger, Musikanten, gedeckte Tische und Vorführungen der verschiedenen Stammesbrauchtümer.

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