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Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher

Titel: Fitz der Weitseher 01 - Der Weitseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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auseinander stehende Zähne.
    »Fitz!«, sagte er mit flötender Stimme. »Fitz kleinund. Elf. Enfettuts.« Er verstummte und schenkte mir wieder sein Kinderlächeln. Ich starrte ihn unsicher an, ohne etwas zu sagen oder mich zu rühren.
    Wieder stach der Finger in die Höhe, und diesmal richtete er ihn mehrmals heftig in meine Richtung. »Fitz! Klein und Elfen! Fettutes!« Er legte den Kopf schief, was seinen flaumigen Schopf, der wie eine Pusteblume aussah, in eine andere Richtung wehen ließ.
    Allmählich verlor ich meine Scheu vor ihm. »Fitz«, sagte ich langsam und deutlich und tippte mir mit dem Zeigefinger gegen
die Brust. »Fitz, das bin ich. Mein Name ist Fitz. Hast du dich verlaufen?« Ich bemühte mich, sanft und beruhigend zu sprechen, um den Ärmsten nicht zu erschrecken. Bestimmt hatte er sich von der Burg entfernt und fand den Rückweg nicht mehr. Deshalb freute er sich so, ein bekanntes Gesicht zu sehen.
    Er zog den Atem durch die Nase und schüttelte dann heftig den Kopf. »Fitz!«, sagte er mit allem Nachdruck, dem ihm seine etwas krächzende Stimme erlaubte. »Klundel. Fen. Fettuts!«
    »Schon gut.« Ich bückte mich, obwohl ich kaum größer war als der Narr, und winkte ihm freundlich mit der offenen Hand. »Komm mit. Komm mit mir. Ich zeige dir den Weg zurück. Ja? Hab keine Angst.«
    Der Narr ließ die Arme fallen, dann erhob er das Gesicht zum Himmel und verdrehte die Augen. Anschließend fixierte er den Blick wieder auf mich und spitzte den Mund, als wollte er ausspucken.
    »Komm mit mir.«
    »Nein«, antwortete er gut verständlich und in gereiztem Ton. »Hör doch zu, du Idiot. Fitz kleinund. Elfen. Fettuts.«
    »Wie?«, fragte ich hilflos.
    »Ich habe gesagt« - er artikulierte jedes Wort überdeutlich - »Fitz kleinem Hund helfen. Fett tut’s.« Mit einer Verbeugung wandte er sich von mir ab und ging auf dem Pfad entlang den Hang hinauf.
    »Warte!«, rief ich ihm nach. Meine Ohren wurden ganz rot vor lauter Verlegenheit. Wie macht man jemandem höflich klar, dass man ihn jahrelang nicht allein für einen Narren, sondern für beschränkt gehalten hat? Mir fiel nichts Gescheites ein, deshalb sagte ich: »Was bedeutet all dies Fitz-Fettuts Gerede? Machst du dich über mich lustig?«

    »Keineswegs.« Er drehte sich noch einmal herum. »Fitz kleinem Hund helfen. Fett tut’s. Es ist eine Botschaft, nehme ich an. Der Hinweis, etwas Bestimmtes zu tun. Weil du der Einzige bist, von dem ich weiß, dass er sich Fitz nennen lässt, vermute ich, die Botschaft ist für dich. Und was sie bedeutet - woher soll ich das wissen? Ich bin ein Narr, kein Traumdeuter. Guten Tag.« Erneut wandte er sich ab, doch statt weiter dem Pfad zu folgen, trat er nun seitlich in ein Haselgebüsch. Ich eilte ihm nach, doch als ich die Stelle erreichte, wo er den Weg verlassen hatte, war er verschwunden. Sosehr ich meine Augen anstrengte und mir einbildete, in dem vor Sonnenlicht flimmernden Wald noch Zweige wippen zu sehen oder einen Blick auf sein buntes Narrengewand erhaschen zu können, er schien sich in Luft aufgelöst zu haben.
    Und seine alberne Botschaft ergab nicht den mindesten Sinn. Ich grübelte auf dem ganzen Rückweg über diese merkwürdige Begegnung nach, doch schließlich tat ich sie als einen seltsamen, aber bedeutungslosen Vorfall ab.
    Erst in der darauffolgenden Nacht ließ Chade mich kommen. Brennend vor Neugier rannte ich die Stufen hinauf, doch oben angekommen, blieb ich stehen, denn ich erkannte, dass ich mich mit meinen Fragen würde gedulden müssen. Chade saß an dem Tisch aus Stein, Schleicher auf der Schulter und ein halb aufgerolltes Pergament vor sich. Ein Weinglas beschwerte das obere Ende, während sein knorriger Finger eine Art Liste hinunterwanderte. Im Vorbeigehen warf ich einen Blick darauf. Es waren Ortsnamen und Daten. Zu jedem Namen gehörte eine Aufstellung - so viele Soldaten, so viele Händler, so viele Schafe oder Bierfässer oder Scheffel Korn und so weiter. Ich setzte mich ihm gegenüber hin und wartete. Man störte Chade nicht, wenn er mit etwas beschäftigt war. Das hatte ich früh gelernt.

    »Mein Junge«, sagte er leise, ohne von der Schriftrolle aufzublicken, »was würdest du tun, wenn irgendein Schurke sich von hinten an dich heranpirscht, um dir einen Schlag auf den Kopf zu geben? Aber immer nur dann, wenn du ihm den Rücken zuwendest? Was würdest du tun?«
    Ich war schnell mit der Antwort bei der Hand. »Ich würde so tun, als schaute ich woanders hin, nur hätte

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