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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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»Hoheit.«
    Sie schaute sich um, als hätte sie das Schneegestöber und den böigen Wind erst jetzt wahrgenommen. Tatsächlich schien sie weder zu frieren noch sich sonstwie unbehaglich zu fühlen. Im Gegenteil, ihre Wangen waren vom Gehen gerötet und ihre blauen Augen leuchteten. Hier, inmitten dieser weißen Landschaft, wirkte sie nicht blass und farb los, sondern golden und rosig und lebendiger als seit langem. Gestern war sie der reitende Tod gewesen und tief in Trauer, als sie die Leiber der Erschlagenen wusch. Doch jetzt sah ich ein frisches, unbeschwertes Mädchen vor mir, der Enge von Burg und Rang ent flohen, um durch den Schnee zu wandern. »Ich will mei nen Gemahl besuchen.«
    »Allein? Weiß er, dass Ihr kommt - und so, zu Fuß?«
    Erst war sie überrascht, dann streckte sie mir trotzig das Kinn
entgegen. »Sind wir nicht Mann und Frau? Muss ich um Audienz ersuchen, wenn ich mit ihm sprechen will? Weshalb sollte ich nicht zu Fuß und allein gehen? Erscheine ich dir als so unfähig, dass man befürchten muss, ich verirre mich auf der Straße nach Burgstadt?«
    Sie setzte ihren Weg fort, und ich musste wohl oder übel an ihrer Seite bleiben. Das wenig begeisterte Maultier zog ich hinter mir her. »Hoheit«, begann ich, aber sie schnitt mir das Wort ab.
    »Ich bin es so leid.« Sie blieb mit einem Ruck stehen und wandte sich mir zu. »Gestern fühlte ich mich zum ersten Mal seit meiner Ankunft in eurem Land, als wäre ich am Leben und hätte einen eigenen Willen. Ich beabsichtige nicht, mir das wieder nehmen zu lassen. Wenn ich den Wunsch habe, mei nen Gemahl bei seiner Arbeit aufzusuchen, dann werde ich das auch tun. Ich weiß, dass keine meiner Frauen bei diesem Wetter gern bereit wäre, mich zu begleiten, ob nun zu Fuß oder wie auch immer. Deshalb bin ich allein. Und Federleicht wurde gestern verletzt. Abgesehen davon ist die vereiste Straße gefährlich für jedes Pferd. Deshalb bin ich also zu Fuß. Alles logisch und vernünftig. Weshalb nun bist du mir gefolgt und stellst mich zur Rede?«
    Sie hatte Offenheit als Waffe gewählt, und ich entschied mich dafür, ihrem Beispiel zu folgen. Doch erst holte ich Atem und bemühte mich, einen respektvollen Ton anzuschlagen. »Hoheit, ich bin Euch gefolgt, weil ich Sorge hatte, Euch könnte ein Unglück widerfahren sein. Hier draußen, wo nur die Oh ren eines Maultiers uns belauschen können, will ich spre chen, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Habt Ihr so schnell vergessen, wer in Eurem eigenen Reich versucht hat, Veritas vom Thron zu stoßen? Würde dieser Jemand zögern, hier neue Intrigen zu spinnen? Ich denke nicht. Glaubt Ihr, dass Ihr Euch vor zwei Tagen im Wald verirrt habt, war weiter nichts als ein unglücklicher Zufall? Ich nicht.
Und glaubt Ihr, was Ihr gestern getan habt, hätte diesem Jemand gepasst? Ganz im Gegenteil. Was Ihr für Euer Volk tut, sieht er als Versuch, Euch Macht zu verschaffen. Deshalb brütet er vor sich hin und beschließt, dass Ihr zu einer ernsthaften Bedrohung seiner eigenen Pläne geworden seid. Bestimmt seid Ihr Euch dieser Dinge bewusst. Weshalb bietet Ihr Euch dann aber als so leichtes Ziel an, hier draußen, wo ein Pfeil oder ein Dolch Euch mit Leichtigkeit erreichen können und es keine Zeugen geben wird?«
    »Ich bin kein so leichtes Ziel, wie du glaubst«, widersprach sie mir. »Es müsste ein wahrhaft einzigartiger Bogenschütze sein, der bei diesem wechselnden Wind einen Pfeil ins Ziel bringt. Und ein Dolch, nun, auch ich habe ei nen. Wer mich niederstechen will, begibt sich in die Reichweite meiner Klinge.« Sie drehte sich um und ging weiter.
    Ich gab nicht auf. »Und wozu würde das führen? Dass Ihr einen Menschen tötet. Aufruhr in der Burg, und Veritas müsste die Wächter bestrafen, weil ihre Pflichtvergessenheit Euch in Gefahr gebracht hat. Und was, wenn der Mörder geschickter mit einem Messer wäre als Ihr? Was wä ren die Folgen für die Sechs Provinzen, wenn ich jetzt Euren Leichnam aus einer Schneewehe ziehen müsste?« Ich schluckte und fügte hinzu: »Meine Königin.«
    Sie verlangsamte den Schritt, doch ihre Haltung verriet ungebrochenen Eigensinn. »Und wel che Folgen hat es für mich, wenn ich Tag für Tag in der Burg sitze und weich und blind werde wie eine Made? FitzChivalric, ich bin kei ne Spielfigur, die auf dem Brett steht, bis ein Spie ler geruht, mit ihr ei nen Zug zu machen. Ich bin - da ist ein Wolf, der uns beobachtet!«
    »Wo?«
    Sie streckte die Hand aus, doch das Tier war im

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