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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Schneegestöber verschwunden. Nur in meinem Bewusstsein verklang ein geisterhaftes Lachen. Einen Moment später trug der sich drehende
Wind Querkopf seine Witterung zu. Das Maultier schnaubte und riss am Zügel. »Ich wusste nicht, dass die Wölfe sich so nahe an den Ort heranwagen«, verwunderte sich Kettricken.
    »Nur ein Dorfköter, Hoheit. Wahrscheinlich ein halbverhungerter Streuner, der auf der Müll halde nach etwas Fressbarem stöbert. Kein Grund, sich zu fürchten.«
    Glaubst du? Ich bin hungrig genug, um dieses Maultier zu verschlingen.
    Geh zurück und warte auf mich. Ich komme bald.
    Die Müllhalde ist ganz woanders. Außerdem ist sie von Möwen belagert und stinkt. Das Maultier wäre frisch und wohlschmeckend.
    Geh zurück, sage ich dir. Ich bringe dir Fleisch.
    »FitzChivalric?« Kettrickens Stimme klang beunruhigt. Meine Augen kehrten aus der Weite zu ihrem Gesicht zurück. »Ich bitte um Vergebung, Hoheit. Ich war in Gedanken.«
    »Dann galt deine zornige Miene nicht mir?«
    »Nein. Ein - anderer hat sich heute gegen meinen Willen aufgelehnt. Euch gilt mei ne Sorge, nicht mein Zorn. Wollt Ihr nicht auf Querkopf steigen und mit mir zur Burg zurückkehren?«
    »Ich möchte mit meinem Gemahl sprechen.«
    »Hoheit, es wird ihm nicht gefallen, wenn Ihr so zu ihm kommt.«
    Sie seufzte und schien in ihrem Umhang kleiner zu werden. Mit verzagter Stimme fragte sie: »Hast du dir nie gewünscht, Fitz, einfach in jemandes Nähe zu sein, ob du nun willkommen bist oder nicht? Kannst du dir nicht vorstellen, wie einsam ich bin?«
    Ich kann es.
    »Ich weiß, ich habe mei ne Rolle als Thron folgerin zu spie len, als geweihtes OPFER für sein Land. Aber das ist nicht alles, was ich bin. Ich bin die Gemahlin dieses Mannes, seine Frau. Auch das habe ich gelobt zu sein und will es sein, nicht nur, weil es die Pflicht gebietet. Doch er besucht mich nur selten, und wenn er
kommt, spricht er nur wenig und geht bald schon wieder.« Sie sah mich an und wischte mit einer heftigen Bewegung die Tränen ab, die an ih ren Wimpern glitzerten. »Du hast mich ein mal an mei ne Aufgabe gemahnt, ich solle tun, was nur die Königin von Bocksburg tun könne. Nun, ich werde Bocksburg keinen Erben schenken, wenn ich Nacht für Nacht allein in meinem Bett liege!«
    »Majestät, Hoheit, bitte«, flehte ich. Mein Gesicht wurde glühend heiß.
    Sie kannte kein Erbarmen. »Letzte Nacht habe ich nicht gewartet. Ich ging zu ihm, aber der Wächter an sei ner Tür sagte, er wäre nicht in seinen Gemächern. Er wäre in seinen Turm hinaufgestiegen.« Ihr Blick irrte zur Seite. »Selbst das erscheint ihm besser als die Arbeit, die ihn in meinem Bett erwartet.« Nicht einmal die Bitterkeit in ihren Worte vermochte darüber hinwegzutäuschen, wie tief verletzt sie sich fühlte.
    Ich schwankte buchstäblich vor der Wahrheit der Dinge, die ich nicht wissen wollte. Kettrickens tiefe Traurigkeit. Veritas, den nachts die Gabe rief. Ich wusste nicht, was schlim mer war. Meine Stimme klang heiser, als ich sagte: »Ihr dürft mir diese Dinge nicht anvertrauen, Hoheit. Mir gegenüber davon zu sprechen ist nicht recht …«
    »Dann lass mich ge hen und sie ihm sagen. Er ist es, der mei ne Worte hören sollte, das weiß ich. Und er wird sie von mir hören! Wenn er nicht aus Zuneigung zu mir findet, dann muss die Pflicht ihm den Weg weisen!«
    Das ist klug. Sie muss trächtig werden, wenn das Rudel stark bleiben soll.
    Halt dich heraus. Geh nach Hause.
    Nach Hause. Ein rauer Laut hallte in mei nem Bewusstsein wider und klang wie ein geringschätziges Auflachen. Zu Hause ist für das Rudel kein leeres, kaltes Lager. Hör auf die Frau. Sie spricht gut.
Wir sollten alle gehen, um bei dem zu sein, der führt. Du fürchtest ohne Grund um diese Frau. Sie jagt gut und tötet sauber. Sie ist eine würdige Gefährtin dessen, der führt.
    Wir sind keine Brüder. Sei still.
    Ich bin’s. Aus dem Augenwinkel glaubte ich eine hu schende Bewegung wahrzunehmen. Ich fuhr he rum - nichts. Als ich mich wieder Kettricken zuwandte, stand sie immer noch schweigend vor mir, aber der schwelende Zorn, der sie angetrieben hatte, erstickte unter dem Schmerz - und mit ihm ihre Entschlossenheit.
    Ich musste laut sprechen, um mir durch den pfeifenden Wind Gehör zu verschaffen. »Bitte, Hoheit, kommt mit mir nach Bocksburg zurück.«
    Statt einer Antwort zog sie die Kapuze tiefer ins Gesicht, ging zu dem Maultier, stieg auf und überließ mir stumm die Zügel. Ihr bedrücktes Schweigen ließ

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