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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Ausbildung. In der Regel handelte es sich um jemanden, der dem Monarchen so nahestand, dass eine Kraftübertragung möglich war, zumeist durch eine körperliche Berührung. Von dem Junktor konnte der Monarch die Unterstützung beziehen, derer er bedurfte, wenn es nötig war, über längere Zeiträume hinweg oder besonders intensiv von der Gabe Gebrauch zu machen. Nun wurde ein Zirkel traditionsgemäß nach ihrem Junktor benannt. Ein legendäres Beispiel für diesen Brauch ist Kreuzfeuers Zirkel.
    Galen hingegen beschloss, bei der Schafung seines ersten und einzigen Zirkels sämtliche Traditionen außer Acht zu lassen. Galens Zirkel hieß nach dem Gabenmeister, der sie ausbildete, und behielt diesen Namen selbst nach dessen Tod. Statt eine Gruppe von vielversprechenden Anwärtern zusammenzustellen und abzuwarten, dass sich daraus ein Zirkel herauskristallisierte, wählte Galen die künftigen Mitglieder selbst und im Einzelnen aus. Seinem Zirkel fehlte der innere Zusammenhalt
der legendären Gruppen, und überdies war ihre Bindung an den Gabenmeister weit enger als die an den König. Junktor von Galens Zirkel war zu Beginn August, der ebenso häufig Galen wie König Listenreich oder dem Kronprinzen Veritas Bericht erstattete. Nachdem Galen tot war und August seine Gabe verloren hatte, stieg Serene zum Junktor des Zirkels auf. Die anderen überlebenden Mitglieder waren Justin, Will, Carrod und Burl.
     
    Nachts war ich als Wolf unterwegs.
    Das erste Mal hielt ich es für einen besonders lebhaften Traum. Darin die weite, helle Schneefläche, gezeichnet mit den tintenschwarzen Schatten der Bäume, die flüchtigen Gerüche, die der kalte Wind herantrug, das übermütige Vergnügen, nach Mäusen zu jagen und zu graben, die sich aus ihren Winternestern gewagt hatten. Danach erwachte ich ausgeruht und bester Laune.
    Doch schon in der da rauffolgenden Nacht hatte ich ei nen ähnlich lebhaften Traum. Und diesmal wusste ich, was wirklich geschehen war. Indem ich Veritas und gleichzeitig auch mich selbst gegen meine Träume von Molly abschirmte, war ich weit offen für die Nachtgedanken des Wolfs. Durch ihn eröffnete sich mir eine neue, unerschöpfliche Bewusstseinssphäre, worin mir weder Veritas noch sonst ein Gabenkundiger zu folgen vermochte. Es war eine Welt ohne Hofintrigen oder Kabalen, ohne Sorgen und geheimnisvolle Pläne. Mein Wolf lebte ganz in der Gegenwart, und sein Gedächtnis war frei von dem Plunder der Vergangenheit. Von einem Tag zum anderen bewahrte er sich nur das Wissen, das für sein Überleben notwendig war. Er erinnerte sich nicht, wie vie le Mäuse er vor zwei Nächten getötet hatte, sondern nur an die wichtigen Dinge, zum Beispiel, welcher Wildwechsel die beste Kaninchenhatz versprach oder wo der Bach eine so starke Strömung hatte, dass er niemals zufror.

    So kam es, dass ich ihn auf diese sonderbare Art und Weise das Jagen beibrachte. Anfangs waren wir nicht sehr erfolgreich. Nach wie vor stand ich frühmorgens auf, um ihm Futter zu bringen. Ich sagte mir, es wäre nur ein klei ner Teil mei nes Lebens, den ich mir selbst vorbehielt. Wie der Wolf gesagt hatte, tat ich nichts wider die Natur, denn es war meine Natur. Außerdem gelobte ich mir selbst, streng darauf zu achten, dass diese Bindung sich nicht zu sehr verfestigte. Bald, sehr bald, war er in der Lage, sich selbst zu ernähren, und ich konnte ihn in die Freiheit entlassen. Manchmal, wenn mich ein schlechtes Gewissen überkam, beschwichtigte ich mich damit, dass ich ihm nur deshalb in meine Träume Einlass gewährte, damit der Zeitpunkt der Trennung umso schneller kam. Ich weigerte mich, mir auszumalen, was Bur rich dazu sagen würde.
    Eines Morgens kehrte ich von mei nem Besuch bei Cub zurück und sah, wie ein Krieger und eine Kriegerin im Küchenhof einen Übungskampf im Stockfechten austrugen. Sie umkreisten sich lauernd, setzten Finten, parierten und warfen sich dabei gegenseitig freundschaftliche Beleidigungen an den Kopf. Den Mann kannte ich nicht, und im ersten Moment dachte ich, beide wären Fremde. Dann wurde die Frau auf mich auf merksam. »Ho, FitzChivalric! Auf ein Wort!«, rief sie, jedoch ohne den Stab ruhen zu lassen.
    Ich starrte sie an und versuchte, ihr Gesicht in meiner Erinnerung einzuordnen. Ihr Gegner verpatzte eine Parade, was sie ihm mit einer kurzen, trockenen Stockattacke belohnte; und als er daraufhin einen erschreckten Luftsprung vollführte, lachte sie laut auf - so hell und wiehernd, dass es unverkennbar war.

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