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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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später war ich wieder ich selbst. Ich stand aufrecht da und zitterte am ganzen Leib. Ich hob die Hände, sah sie an, und auf einmal erschien mir mein eigenes Fleisch so fremd und beengend, so unnatürlich wie die Kleider, die ich am Leibe trug. Ich konnte fortgehen, jetzt, heute Nacht, um unseresgleichen zu suchen, und niemand wäre je im stande, uns zu folgen, schon gar nicht, uns zu finden. Er bot mir eine mondhelle Welt in Schwarz und Weiß, ohne Zwei fel, ohne Fragen, die ein fach und voll kommen war.
    Wir starrten uns an, und sei ne grün schillernden Augenlichter lockten mich. Komm. Komm mit mir. Was ha ben solche wie wir mit den Menschenwesen zu schafen und ihren armseligen Werken. Bei all ihrem Gezänk und Gezerre ist nicht ein Bissen Fleisch zu gewinnen. Ihren freudlosen Machenschaften mangelt es an allem, und sie können nicht einmal die einfachsten Wonnen genießen. Weshalb willst du bei ihnen bleiben? Komm mit! Komm mit mir!
    Ich blinzelte. Schneeflocken hingen an meinen Wimpern, und ich stand fröstelnd in der Dunkelheit. Nur wenige Schritte von mir entfernt erhob sich ein Wolf und schüttelte sich heftig. Sein Schwanz hatte sich waagerecht gestellt und seine Ohren waren gespitzt. So kam er auf mich zu, rieb seinen Kopf an meinem Bein und stieß mit der Nase gegen meine kalte Hand. Ich ließ mich auf ein Knie nieder und legte die Arme um ihn, fühlte die Wärme seines
Halsfells unter meinen Händen, die Festigkeit von Muskeln und Knochen. Er roch gut, gesund und wild. »Wir sind, was wir sind, Bruder. Und nun friss, es soll dir schmecken«, sagte ich, rieb ihm die Ohren und stand auf. Als er mit den Zähnen den Knochensack packte, um ihn in die Mulde zu schlei fen, die er sich unter der Kate gegraben hatte, wandte ich mich ab. Die Lichter der Burg blendeten mich fast, aber ich ging trotzdem darauf zu. Ich hätte nicht sagen können, weshalb. Aber doch, der Mensch in mir wollte es so.

KAPITEL 10
    NAR R ENPOSSEN
    I n Friedenszeiten war die Schulung in der Gabe den Angehörigen der königlichen Familie vorbehalten, um dieser außergewöhnlichen Fähigkeit Exklusivität zu verleihen und die Gefahr zu verringern, dass man sie als Wafe gegen den König gebrauchte. Als Galen Lehrling bei Gabenmeisterin Solizitas wurde, bestanden deshalb seine Pflichten darin, sie bei der Ausbildung von Chivalric und Veritas zu unterstützen. Die beiden Königssöhne waren zu jener Zeit ihre einzigen Schüler. Edel, als Kind von schwacher Gesundheit, war nach Ansicht seiner Mutter zu zart für die Härten der Gabenschulung. Nachdem Solizitas einen frühen Tod starb, fiel der Titel des Gabenmeisters an Galen, doch waren für ihn so gut wie keine Pflichten damit verbunden. Manche am Hof waren der Meinung, seine Lehrzeit wäre zu kurz gewesen, um als Ausbildung für einen Meister der Gabe zu genügen; andere äußerten mit Nachdruck, er habe die Gabe nie in solcher Stärke besessen, dass seine Ernennung zum Gabenmeister gerechtfertigt wäre. Wie auch immer, während dieser ruhigen Jahre hatte er weder Gelegenheit sich seines Amtes als würdig zu erweisen noch seine Kritiker zu widerlegen. Es gab schlicht keine jungen Prinzen oder Prinzessinnen, die er hätte ausbilden können.
    Erst als die Überfälle der Roten Korsaren sich zu einer ernsthaften
Bedrohung auswuchsen, wurde beschlossen, den Kreis derer zu erweitern, die im Gebrauch der Gabe ausgebildet werden sollten. Seit Jahrzehnten gab es keinen vollständigen Zirkel mehr. Aus der Überlieferung wissen wir, dass bei früheren Konflikten mit den Outislandern unter Umständen sogar drei bis vier Zirkel mit Auserwählten existierten, die die Gabe beherrschten. Gewöhnlich bestanden sie aus sechs bis acht Mitgliedern, die durch gegenseitige Sympathie eng miteinander verbunden waren, und wenigstens ein Mitglied davon besaß eine starke geistige oder standesgemäße Nähe zu dem regierenden Staatsoberhaupt. Dieser Junktor gab an den Monarchen weiter, was seine Delegaten ihm übermittelten, falls es sich um einen Verbindungszirkel handelte oder um eine Gruppe, die den Auftrag hatte, Informationen zu sammeln. Andere Zirkel machten sich zur Aufgabe, als Kräftereservoir für den Monarchen zu dienen, auf das er in heiklen Situationen zurückgreifen konnte. Die Junktoren solcher Gruppen erwiesen sich oft als Schlüsselfiguren und galten als des Königs oder der Königin engste Berater. Äußerst selten agierte eine solche Schlüsselfigur unabhängig von jedem Zirkel oder jeglicher

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