Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote
Hoffnung war, dass sie durch diese Spiele Gelegenheit fand, ih ren Bekanntenkreis zu erweitern, um we niger auf meine Gesellschaft angewiesen zu sein. Ihre trost lose Stimmung begann in zwischen auch mir die Tage zu vergällen, und oft wünschte ich mir aus tiefstem Herzen, von ihrer bedrückenden Gegenwart befreit zu sein.
»Als Ers tes musst du ihr bei bringen zu mogeln. Nur sag ihr, das wäre die Art, wie das Spiel gespielt wird. Sag ihr, die Re geln erlauben, dass man mogelt. Ein paar Taschenspielertricks, leicht zu lernen, und sie könnte Edel ein-, zweimal den Beutel leeren, bevor er überhaupt auf den Gedanken kommt, sie zu verdächtigen. Und wenn er Verdacht schöpft, was kann er tun? Bocksburgs Herrin des Falschspiels bezichtigen?«
Das waren die Worte des Narrs, von wem sonst. Gemächlich
schlenderte er plötzlich mit seinem Rattenzepter über der Schulter an meiner Seite. Auch wenn ich äußerlich nicht zusammenzuckte, wusste ich, dass er wusste, wie es ihm wieder einmal gelungen war, mich zu überrumpeln. Das Vergnügen darüber funkelte in seinen Augen.
»Ich könnte mir vorstellen, dass unsere Kronprinzessin es mir übel nähme, wenn ich ihr ei nen solchen Bären aufbinden wollte. Warum kommst du nicht lieber mit, um sie selbst aufzuheitern. Ich lasse die Würfel ganz aus dem Spiel, und du kannst für sie Kunststücke machen.«
»Für sie Kunststücke machen? Fitz, mein Guter, das tue ich dauernd, den lieben Tag lang, und für dich sind es nur meine Narrenpossen. Du siehst mich arbeiten und hältst es für reine Spielerei, während ich dich so ernst haft beim Spielen von Spielen arbeiten sehe, die du nicht selbst ersonnen hast. Hör auf den Rat eines Narren - lehre die Lady nicht würfeln, sondern Rätselraten, und ihr werdet beide klüger.«
»Rätselraten? Das ist ein Spiel aus Bingtown, oder nicht?«
»Käme es in diesen Zeiten doch endlich in Bocksburg in Mode! Löse mir dieses Rätsel, wenn du kannst: Wie ruft man es, wenn man nicht weiß, wie man es ruft?«
»In solchen Spielen bin ich nie gut gewesen.«
»Auch kein anderer aus deinem Geschlecht, nach allem, was ich gehört habe. Dann antworte hierauf: Was hat Flügel in Listenreichs Schriftrolle, eine flam mende Zunge in Ve ritas’ Buch, silberne Augen auf den Relltown Pergamenten und goldschuppige Haut in deinem Zimmer?«
»Das ist ein Rätsel?«
Er sah mich mitleidig an. »Nein. Ein Rätsel ist, was ich dich eben gefragt habe. Das ist einer der Uralten. Und das erste Rätsel war, wie ruft man einen herbei?«
Ich verlangsamte meine Schritte. Dann schaute ich ihn an, aber sein Blick ließ sich nicht fest halten. »Ist das nun ein Rätsel? Oder eine ernstgemeinte Frage?«
»Ja.« Der Narr nickte bekräftigend.
Ich blieb endgültig stehen, vollkommen verwirrt und musterte ihn stirnrunzelnd. Zur Antwort hielt er sich das Rattenzepter dicht vor die Augen. »Siehst du, Rätzelein, er weiß nicht mehr als sein Onkel oder sein Großvater. Keiner von ihnen wusste, wie man einen Uralten herbeiruft.«
»Mittels der Gabe«, entfuhr es mir.
Der Narr sah mich plötzlich seltsam an. »Du weißt davon?«
»Ich nehme an, dass es so ist.«
»Warum?«
»Keine Ahnung. Wenn ich da rüber nachdenke, halte ich es doch nicht für wahrscheinlich. König Weise ist einst auf eine lange Expedition gegangen, um die Uralten zu finden. Wenn er über die Gabe einfach zu ihnen gedacht haben könnte, wozu die Mühe?«
»Allerdings. Aber manchmal treffen vorschnelle Antworten nicht weit neben das Ziel. Löse mir dieses Rätsel, Junge. Ein König lebt. Ebenso ein Prinz. Und beide kundig der Gabe. Aber wo sind die, die mit dem König lernten oder vor ihm? Woher rührt dieser Mangel an der Gabe Kundigen, wenn wir ih rer so dringend bedürfen?«
»In Friedenszeiten werden nur wenige ausgebildet. Galen hielt es bis zu seinem letzten Jahr nicht für angebracht, Schüler zu nehmen. Und der Zirkel, den er schuf …« Ich schwieg. Was Ve ritas mir im Vertrauen über die Gabe erzählt hatte, war nicht für andere Ohren bestimmt.
Der Narr sprang im Kreis um mich herum. »Wenn der Schuh nicht passt, kann man ihn nicht tragen, wer auch immer ihn gemacht hat«, verkündete er dabei.
Ich nickte widerwillig.
»Und er, der ihn gemacht hat, ist dahingegangen. Traurig. Furchtbar traurig. Trauriger als ein Braten auf dem Tisch und roter Wein im Glas. Doch er, der gegangen ist, wurde seinerseits ausgebildet.«
»Von Solizitas. Aber sie ist ebenfalls tot.«
»Aha. Aber
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