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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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befohlen hatte, und schloss mich meinen Kameraden an, die loszogen, um zu feiern. Unglaublich schnell hatte sich die Nachricht von der Schlacht und unserem Sieg in Burgstadt verbreitet. Kein Wirtshaus, in dem man sich nicht danach gedrängt hätte, uns mit Ale vollzufüllen und sich von unseren Taten erzählen zu lassen. Es war fast, als erlebte man das blutige Chaos
ein zweites Mal, denn wo immer wir hinkamen, entbrannten die Menschen in wilder Begeisterung über das, was wir getan hatten. Ich war trunken von der Erregung und dem Aufruhr der Gefühle um mich herum, lange bevor mir das Ale zu Kopf stieg. Nicht, dass ich darin Abstinenz geübt hätte. Ich überließ das Erzählen den anderen, aber beim Trin ken machte ich diese Zu rückhaltung mehr als wett. Danach musste ich mich zweimal übergeben, einmal in einer Seitengasse und später mitten auf der Straße. Dann trank ich weiter, um den üb len Geschmack hinunterzuspülen. Irgendwo im Hintergrund meines Bewusstseins spürte ich Nachtauges Entsetzen. Gift. Dieses Wasser ist vergiftet. Ich war nicht imstande, einen klaren Gedanken zu formulieren, um ihn zu beruhigen.
    Irgendwann vor Tagesanbruch schleifte Burrich mich aus einer Spelunke. Er war stocknüchtern und machte ein besorgtes Gesicht. Auf der Straße blieb er unter einer blakenden Fackel an einer Hauswand stehen. »Du hast immer noch Blut im Gesicht«, sagte er und stellte mich aufrecht hin. Er nahm sein Taschentuch, tauchte es in ein Re genfass und wischte mir das Gesicht ab, wie er es nicht mehr getan hatte, seit ich ein Kind gewesen war. Schon diese leichte Berührung brachte mich aus dem Gleichgewicht. Schwankend sah ich ihn an und be mühte mich, sein Gesicht ins Auge zu fassen.
    »Ich habe doch nicht zum ersten Mal getötet«, sagte ich undeutlich. »Wa rum ist es diesmal so anders? Warum macht es mich - so krank, hinterher?«
    »Weil das Tö ten diese Wirkung hat«, antwortete er leise. Er legte mir einen Arm um die Schultern, und verwundert stellte ich fest, dass wir gleich groß waren. Der Weg zur Burg hinauf war steil, sehr lang und sehr schweigsam. Burrich schickte mich ins Badehaus und empfahl mir, anschließend zu Bett zu gehen und zu schlafen.

    Ich hätte seinen Rat befolgen sollen, aber leider war ich nicht vernünftig genug. Glücklicherweise herrschte in der Burg noch reges Leben, wodurch ein weiterer Betrunkener auf der Treppe nicht weiter auffiel. In mei nem dumpfen Unverstand ging ich zu Mollys Kammer. Sie ließ mich ein, doch als ich sie in die Arme neh men wollte, wich sie zu rück. »Du bist betrunken«, warf sie mir vor und weinte fast da rüber. »Ich habe dir ge sagt, ich werde nie ei nen Betrunkenen küssen. Oder einem erlauben, mich zu küssen.«
    »Aber ich bin nicht auf die Art betrunken, wie du meinst«, verteidigte ich mich.
    »Es gibt nur eine Art, betrunken zu sein«, entgegnete sie und schickte mich weg.
    Gegen Mittag des nächsten Tages, als ich endlich ausgeschlafen und ernüchtert war, wusste ich, wie sehr ich sie damit verletzt hatte, dass ich nicht gleich zu ihr gekommen war, um Trost zu suchen. Ich konnte nachfühlen, was sie emp fand, aber ich wusste auch, was mich in jener Nacht belastet hatte, gehörte nicht zu den Dingen, die man jemandem aufbürdet, den man liebt. Das wollte ich ihr erklären, doch ein Junge kam gelaufen, um mir zu sagen, dass ich sofort auf der Rurisk gebraucht würde. Ich gab ihm einen Heller für seine Mühe und blickte ihm gedankenvoll nach, als er davonflitzte. Früher war ich der Junge gewesen, der sich mit Botengängen einen Heller verdiente. Kerry fiel mir ein. Ich versuchte mich an ihn zu erinnern, wie er gewesen war, aber das Bild wurde ausgelöscht von ihm als Ent fremdetem, wie er tot auf ei nem Tisch aufgebahrt lag. Gestern, dachte ich, war niemand verschleppt und entfremdet worden.
    Auf dem Weg zum Hafen hinunter kam ich an den Stallungen vorbei, ging hinein und gab Burrich die goldene Mondsichel. »Bewahr das für mich auf«, bat ich ihn. »Es kommt noch mehr dazu, mein Beuteanteil von gestern. Ich will, dass du es für mich
zur Seite legst … alles, was ich in nächster Zeit verdiene. Es ist für Molly. Falls ich einmal nicht wiederkommen sollte, sorg du dafür, dass sie es erhält. Sie ist nicht gerne eine Dienstmagd.«
    Seit langem hatte ich mit Burrich nicht so direkt über sie gesprochen. Auf seiner Stirn zeichnte sich eine tiefe Falte ab, doch er nahm das blutige Schmuckstück. »Was würde dein Vater zu mir sagen?«,

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