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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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hatte, dass Seidenlocke für eine Frau bestimmt war, die er womöglich immer noch liebte, als Geschenk des Mannes, dem sie sich vermählen würde. Wahrscheinlich. Ich hatte Philias Abneigung gegen Burrich immer für Eifersucht gehalten, weil Chivalric ihn so sehr schätzte. Nun kam ans Licht, dass das Dreiecksverhältnis noch viel seltsamer gewesen war als vermutet. Und schmerzlicher. Ich schloss die Augen und schüttelte den Kopf über die Ungerechtigkeit der Welt. »Nichts ist jemals nur einfach und gut«, sagte ich vor mich hin. »Irgendwo ist immer ein Stück bittere Schale, ein saurer Kern verborgen.«
    »Ja.« Mollys Zorn schien verraucht zu sein. Ich sank auf die Bettkante nieder, und so wie ich mich neben sie setzte, stieß sie mich nicht weg. Ich nahm ihre Hand und hielt sie fest. Tausend Gedanken jagten durch meinen Kopf. Dass Philia Burrichs Trinkgelage hasste. Dass Burrich sich an ihren Schoßhund erinnert hatte und wie sie ihn im mer in einem Korb he rumzutragen pflegte. Mit welcher Sorgfalt er auf sein Äußeres und sein Benehmen achtete. »Dass du eine Frau nicht sehen kannst, heißt nicht, dass
sie dich nicht sieht.« O Burrich. Die Zeit, die er sich immer noch nahm, um ein Pferd zu striegeln, das sie kaum noch ritt. We nigstens war es Philia vergönnt gewesen, eine neue Liebe zu finden. Sie hatte mit ihrem Gemahl einige glückliche Jahre verbracht, wenngleich überschattet von politischen Intrigen. Doch immerhin einige glückliche Jahre. Was würden Molly und ich jemals haben? Nur was Burrich geblieben war?
    Sie lehnte sich an mich, und ich hielt sie lange fest. Das war alles. Doch in dieser Nacht, als wir unseres ungewissen Schicksals gegenwärtig wurden und ahnten, dass wir uns verlieren könnten, da waren wir uns so nahe wie schon lange nicht mehr.

KAPITEL 21
    SCHWARZE TAGE
    I n den Jahren der Heimsuchung durch die Ro ten Schife herrschte Eyod als König im Bergreich. Nach dem Tod seines älteren Sohnes Rurisk war seine Tochter die einzige Erbin des Throns. Ihre Heirat mit Veritas sicherte uns deshalb nicht nur einen verlässlichen Bundesgenossen während dieser schweren Jahre, sondern versprach für die Zukunft zusätzlich noch die Erweiterung des Reichs um eine ›siebente Provinz‹. Wegen der Tatsache, dass das Bergreich nur mit den beiden Inlandprovinzen Tilth und Farrow eine gemeinsame Grenze hatte, beobachtete Kettricken mit zunehmender Sorge die innenpolitischen Diferenzen in ihrer neuen Heimat. Als sie Veritas’ Kronprinzessin wurde, machte sie das Volk der Sechs Provinzen zu ih rem eigenen, doch sie wird nie vergessen haben, dass, sollte König Eyod sterben, ihre Landsleute ebenfalls Anspruch auf sie erheben würden. Wie konnte sie ihren Verpflichtungen gerecht werden, wenn Farrow und Tilth zwischen ihr und ihrem Volk lagen, nicht als Teil der Sechs Provinzen, sondern als Feindesland?
     
    Der nächste Tag brach te stürmisches Wetter. Dies war verbunden mit einer recht zwiespältigen Freude. Einerseits brauchten wir keine Angriffe zu fürchten, andererseits waren zwei ruhelose und einander nicht gerade wohlgesonnene Trupps Soldaten gezwungen,
müßig in den Baracken auszuharren. Doch vor allem oben im Palas war Bearns sehr ge genwärtig, während Edel mit Abwesenheit glänzte. Wann im mer ich ei nen Blick in die große Halle warf, sah ich Herzog Brawndy ruhelos auf und ab gehen oder mit versteinerter Miene vor einem der Kamine in die lodernden Flammen starren. Seine Töchter flankierten ihn wie wachsame Schneekatzen. Zelerita und Fidea waren noch jung. An ihren Gesichtern ließen sich die Ungeduld und Verärgerung ablesen, die ihr Vater hinter seinem fast ausdruckslosen Gesicht verbarg. Brawndy hatte um eine Privataudienz beim König ersucht. Je länger man ihn warten ließ, desto größer war die Krän kung. Man leugnete damit die Wichtigkeit des An liegens, das ihn hergeführt hatte. Es kam noch hinzu, dass die fortdauernde Anwesenheit des Herzogs in unserer Halle für sein Gefolge ein unübersehbarer Hinweis darauf war, dass der König noch nicht da ran gedacht hatte, ihn zu emp fangen. Ich beobachtete, wie der Kes sel langsam anfing zu sieden, und fragte mich, wer den größ ten Schwall abbekommen würde, wenn er schließlich überkochte.
    Ich unternahm mei nen vierten unauffälligen Rundgang durch die große Halle, als Kettricken erschien. Sie war einfach gekleidet, in ein langes, glattes purpurfarbenes Gewand mit einem weißen Überkleid. Das Haar fiel ihr offen auf die

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