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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ich mei ne Versuche, Veritas zu er reichen, aufgegeben hatte, grübelte ich lange über das vertrackte Problem nach, wie ich die Wachen aus König Listenreichs Gemächern locken sollte.
Draußen hörte ich das Donnern der Brandung und das Heulen des Windes, und als ich einmal kurz das Fenster öffnete, wehte mich ein heftiger Windstoß fast durch das halbe Zimmer. In der Burg war man allgemein der Ansicht, es sei ein schöner Tag für die Ze remonie; der tobende Sturm hielt die Korsaren dort fest, wo sie Zu flucht gesucht hatten, und bewahrte uns für die nächs te Zeit vor neuen Überfällen. Ich sah zu, wie der Graupelregen den Schnee mit einer Kruste und die Straßen mit einer hauchdünnen Eisschicht überzog. Ich stellte mir Burrich vor, wie er mit Kettricken und dem König in seiner Sänfte in Sturm und Nässe nachts unterwegs sein würde. Wahrlich keine Aufgabe, um die ich ihn beneidete.
    Der Boden für ein dramatisches, mysteriöses Ereignis wie das plötzliche Verschwinden des Königs war gut vorbereitet. Nach den Geschichten vom Narbenmann und der Schlange vor dem Ka min schien nun die Küche vom Unheil betroffen zu sein. Der Brotteig war nicht aufgegangen und die Milch in den Bottichen sauer geworden, bevor man auch nur den Rahm hatte abschöpfen können. Meine arme Freundin Sarah war erschüttert bis ins Mark und erklärte, nie zuvor hätte sich in ihrer Küche etwas derartiges zugetragen. Nicht einmal den Schweinen wollte man die verdorbene Milch hinschütten, so fest glaubten alle, sie sei verflucht. Das verdorbene Brot bedeutete die doppelte Arbeit für das Kü chengesinde, das ohnehin reichlich damit zu tun hatte, die vielen Gäste satt zu be kommen, die zum Fest eingetroffen waren. Ich machte nun die Erfahrung, dass, wenn in der Kü che große Missstimmung herrschte, eine ganze Burg davon angesteckt werden konnte.
    In der Wachstube waren die Rationen gekürzt worden, wobei der Eintopf versalzen und das Bier aus unerklärlichen Gründen schal geworden war. Der Herzog von Tilth beschwerte sich über Essig statt Wein in seinen Gemächern, was den Herzog von
Bearns seinen Standesgenossen aus Rippon und Shoaks gegenüber zu der Bemerkung hinreißen ließ, selbst Essig wäre als Zei chen der Gastlichkeit in ih ren Räumen willkommen gewesen. Die unglückliche Äußerung kam auf Umwegen Mistress Hurtig zu Ohren, die daraufhin sämtlichen Kammerdienern und Mägden eine ge hörige Standpauke hielt, weil es ih nen nicht ge lungen war, das we nige, das Bocksburg noch an An nehmlichkeiten zu bieten hatte, auch auf die minderen Gastgemächer auszudehnen. Die Dienstboten rechtfertigten sich damit, von oben sei die Anweisung gekommen, die Aufwendungen für diese Gäste so ge ring wie mög lich zu halten, doch fand sich niemand, der einen solchen Befehl gegeben oder auch nur weitergegeben haben wollte. So ging es den ganzen Tag über, weshalb ich irgendwann froh gewesen war, in Ve ritas’ Turm meine Ruhe zu finden.
    Doch ich musste an der Zeremonie teilnehmen. Aus meinem Fernbleiben hätte man zu leicht Schlüsse ziehen können. Also stand ich widerwillig und geplagt von einem Hemd mit überweiten Ärmeln und ei ner scheußlich kratzigen Hose in der Menge, wobei ich geduldig Edels Auftritt erwartete. Meine Gedanken waren nicht bei sei nem Pomp und sei nem Zeremoniell, ich hatte meine eigene Sorgen. War es Bur rich gelungen, Pferde und Sänfte aus der Burg zu schmuggeln, ohne Verdacht zu erregen? Inzwischen war es dunkel geworden. Wahrscheinlich saß er bei diesem Wetter schon draußen im kümmerlichen Schutz der kahlen Bäume. Den Pferden hatte er sicherlich Decken übergelegt, aber das nützte nicht viel gegen den Schneeregen, der jetzt fiel. Burrich hatte mir inzwischen den Namen der Schmiede genannt, wo Rußflocke und Rö tel untergebracht waren. Irgendwie musste ich ei nen Weg finden, dem Schmied weiterhin sein wöchentliches Bestechungsgeld zukommen zu lassen und immer wieder nach ihnen zu sehen, um mich zu überzeugen, dass sie gut versorgt wurden. Ich
hatte Burrich in die Hand versprechen müssen, diese Aufgabe keinem anderen an zuvertrauen. Würde die Königin ihre Frauen wegschicken können und allein in ihren Gemächern sein? Und wieder und wieder stellte sich die Frage, wie ich die Wachen dazu bringen sollte, ihren Posten in König Listenreichs Gemächern zu verlassen, damit Chade sein Zauberkunststück vollbringen konnte?
    Plötzliches Raunen störte mich aus meinen Gedanken auf. Ich schaute zum Podium,

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