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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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noch in tie fem Schlummer, aber wie das Unglück es wollte, wachte vielleicht doch die falsche Person auf und ertappte mich vor Mollys Tür. Andererseits musste ich wissen, ob es ihr gutging.
    Der einfache Riegel an ihrer Tür stellte für niemanden ein Hindernis dar, und ich nahm mir vor, für ei nen besseren zu sorgen. Lautlos wie ein Schatten betrat ich ihre Kammer, und lautlos schloss ich die Tür hinter mir.
    Im Kamin war das Feuer niedergebrannt. Die unter der grauen Aschehülle glimmenden Scheite erfüllten die Dunkelheit im Raum mit einem rötlichen Schimmer. Ich verharrte einen Moment, bis meine Augen sich an das dunkle Licht gewöhnt hatten, dann ging ich auf Zehenspitzen weiter. Vom Bett her konnte ich Mollys tiefe, regelmäßige Atemzüge hören. Damit hätte ich zufrieden sein sollen, aber mich quälte die Vorstellung, sie könnte vergiftet sein und in nerlich vor sich hin fiebern und langsam in den Tod hinüberdämmern. Ich nahm mir fest vor, dass ich nicht mehr tun wollte, als nur auf ih rem Kissen zu füh len, ob sie fieberte. Nicht mehr als das. Ich huschte zu ihrem Bett.
    In dem ungewissen Licht konnte ich gerade eben die Um risse ihres Körpers unter der Decke ausmachen. Sie roch nach Heide, es war ein warmer und süßer Duft. Sie war gesund. Hier schlief kein fieberheißes Giftopfer. Ich konnte beruhigt gehen. »Schlaf gut«, hauchte ich.
    Lautlos schnellte sie in die Höhe. Der Wi derschein der Glut lief rot an der Klinge des Messers entlang, das sie gegen mich zückte. »Molly!«, rief ich, duckte mich und hob abwehrend den Arm.

    Sie erstarrte, die andere Hand zur Faust geballt, und für den Bruchteil einer Sekunde herrschte vollkommene Stille und Bewegungslosigkeit. Dann zischte sie: »Neuer!«, und rammte mir die linke Faust in den Magen.
    Als ich mich ächzend zusammenkrümmte, rollte sie blitzschnell vom Bett herunter. »Holzkopf! Du hast mich zu Tode erschreckt! Was fällt dir ein, an meinem Riegel herumzuhantieren und in meine Kammer geschlichen zu kommen! Ich sollte die Wachen rufen, damit sie dich hinauswerfen!«
    »Nein«, flehte ich sie an, während sie bereits das Feuer schürte und an den Flammen eine Kerze entzündete. »Bitte. Ich gehe schon. Ich hatte nichts Böses im Sinn und wollte dich nicht beleidigen. Ich wollte mich nur vergewissern, dass dir nichts fehlt.«
    »Dass mir nichts fehlt!« Selbst ihr Flüstern klang erbost. Ihr Haar war für die Nacht zu dicken Zöpfen geflochten, die mich an das kleine Mädchen erinnerten, das ich vor so vie len Jahren kennengelernt hatte. Doch vor mir stand kein klei nes Mädchen mehr. Sie fing meinen Blick auf, warf sich einen Hausmantel über und knotete den Gürtel zu. »Ich bin so aufgeregt, dass ich die ganze Nacht kein Auge mehr zutun werde! Du hast getrunken, stimmt’s? Was willst du hier?«
    Die Kerze wie eine Waffe vor sich haltend, kam sie auf mich zu. »Nein«, wies ich ih ren Verdacht zurück, stellte mich aufrecht hin und zog mein Hemd glatt. »Glaub mir, ich bin nicht betrunken. Und wirklich, ich hatte keine unehrenhaften Absichten. Aber - heute Nacht ist etwas vorgefallen, und plötz lich hatte ich Angst, dir könnte etwas zugestoßen sein. Deshalb musste ich einfach kommen und sehen, ob es dir gutgeht. Doch weil ich wusste, Philia würde es nicht gutheißen, bin ich heimlich...«
    »Neuer, du redest dummes Zeug«, unterbrach sie mich in eisigem Ton.

    Sie hatte Recht. »Es tut mir leid«, sagte ich noch ein mal und sank auf die Bettkante.
    »Mach es dir gar nicht erst gemütlich. Du wolltest gehen, wenn ich mich recht erinnere. Allein oder mit Hilfe der Wachen, du hast die Wahl.«
    »Du brauchst die Wachen nicht zu rufen.« Ich stand hastig auf. »Ich sehe ja, es geht dir gut.«
    »Selbstverständlich geht es mir gut«, sagte sie spitz. »Wes halb sollte es mir nicht gutgehen? Heute Nacht so gut wie gestern Nacht oder die drei ßig Nächte davor. In keiner davon hast du dich bemüßigt gefühlt, herzukommen und dich nach meinem Wohlergehen zu erkundigen. Weshalb ausgerechnet jetzt?«
    Ich holte tief Atem. »Weil manche Nächte gefährlicher sind als andere. Es ge schehen Dinge, die mich veranlassen, darüber nachzudenken, was noch schlim mer sein könnte. Zu man chen Zeiten ist es nicht empfehlenswert, die Liebste eines Bastards zu sein.«
    Ihr Mund wurde zu einem schmalen Strich, und ihre Stimme war ausdruckslos, als sie fragte: »Was bitte soll das heißen?«
    Das Herz schlug mir bis zum Hals, aber ich war entschlossen, so

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