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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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die Worte ließen mich nicht ruhen. Sie hatten sich als ständige Mahnung in einem bestimmten Winkel meines Unterbewusstseins eingenistet und stachelten mich an, meine Zeit nicht weiter zu vertrödeln, sondern schnell wieder aufs Pferd zu steigen und auf kürzestem Weg zu Veritas zu reiten.
    Während ich so am Bachufer kniete, beugte ich mich dennoch kurz nieder, um zu trinken, und dabei kam mir zu Bewusstsein, dass ich mein Leben gerettet hatte.
    Ich weichte den von Blut getränkten Hemdsärmel im Wasser ein, um den Stoff behutsam von der Wunde zu lösen. Dort war kaum mehr als aufgeschürfte Haut, die Wundränder waren zwar rot und geschwollen, doch sie zeigten keine Symptome einer Vergiftung. Jetzt erst fiel mir ein, dass ich das tödliche Messer in dieser Nacht bereits zweimal benutzt hatte, und dabei hatte ich es wenigstens einmal abgewischt. Vermutlich war so nur noch ein geringer Rest Gift an der Klinge gewesen, als ich sie gegen mich selbst wandte.
    Plötzlich erblickte ich einen Hoffnungsschimmer am Horizont: Man würde nach einem Toten suchen oder nach einem Sterbenden, der längst zu schwach war, um sich auf dem Pferderücken zu halten. Der ganze Zirkel war Zeuge meiner Tat gewesen und musste meinen Todeswillen gespürt haben. Konnten sie Edel davon überzeugen, dass ich damit aus dem Weg geräumt war? Darauf konnte ich nicht bauen, aber ich konnte es hoffen. Ich stieg wieder aufs Pferd und setzte meinen Ritt fort. Pfeil trug mich an Bauernhöfen, Kornfeldern und Obstplantagen vorüber, und an Bauern, die auf Handkarren ihre Erzeugnisse zum Markt brachten. Ich schaute nicht nach links, nicht nach rechts und hielt mich in allem sehr zurück. Denn schon bald würde man überall nach mir fragen.
    Endlich stießen wir auf weite Brachen, auf denen Schafe oder Haragar weideten. Am frühen Nachmittag tat ich dann, was ich tun musste. An einem von Buschwerk gesäumten Bachlauf tränkte ich Pfeil noch einmal und wandte dann seinen Kopf in Richtung Fierant. »Heim in den Stall, alter Junge«, flüsterte ich ihm zu, und als er sich nicht rührte, gab ich ihm einen aufmunternden Klaps auf die Flanke. »Hopp, lauf zu Flink. Sag ihnen allen, dass ich irgendwo tot am Wegesrand liege.« Mit der Macht der Alten Gabe flößte ich ihm das Bild seiner Krippe ein, die randvoll mit Hafer gefüllt war und von dem ich wusste, wie sehr er ihn liebte. »Los jetzt, Pfeil, lauf zu!«
    Er schnaubte neugierig zu mir hin, entfernte sich dann tänzelnd ein paar Schritte von mir, hielt inne und blickte zu mir zurück, als ob ich vielleicht mit ihm Fangen spielen wollte. »Lauf! Lauf nach Hause!«, schrie ich ihn an und stampfte mit dem Fuß auf. Er scheute auf, dann fiel er in seinen raumgreifenden Trab, dem ich nur noch hinterherschauen konnte. Sein Opfer war notwendig, um meine Verfolger in die Irre zu führen. Außerdem erregte ich zu Fuß weniger Aufsehen, als wenn ich am hellichten Tag unter aller Augen auf des Königs eigenem Ross daherritt. Pfeils Hufschlag verklang. Ich fragte mich, ob ich je wieder ein so edles Tier reiten würde, ganz zu schweigen davon, ein solches mein Eigen zu nennen. Sehr wahrscheinlich war es nicht.
    Komm zu mir! Dieser Befehl hallte noch immer in meinem Kopf wider.
    »Ich bin unterwegs«, murmelte ich wie zu mir selbst zu. »Erst muss ich mir etwas zu essen beschaffen und ein paar Stunden schlafen, aber dann bin ich schon unterwegs.«
    Ich verließ die Straße und folgte dem Bachlauf in dichter bewaldetes Gebiet. Vor mir lag ein langer und anstrengender Weg, und in Angriff nehmen musste ich ihn mit kaum mehr als den Kleidern, die ich am Leib trug.

KAPITEL 10
    DER GESINDEMARKT
    S klaverei ist in den Chalced-Staaten Tradition und eine der Säulen ihrer Wirtschaft. Angeblich handelt es sich bei den Sklaven um Kriegsgefangene, aber viele der Männer und Frauen, denen die Flucht in die Sechs Provinzen gelungen ist, berichten davon, bei Piratenüberfällen verschleppt worden zu sein. Chalceds Regierung leugnet zwar solche Praktiken, aber sie leugnet auch, dass man sich gegenüber den von den Handelsinseln aus operierenden Piraten unangemessen tolerant zeigt. Beides geht Hand in Hand.
    In den Sechs Provinzen hält man nichts von Sklaverei. Die meisten der früheren Grenzkonflikte zwischen Shoaks und Chalced entzündeten sich weniger an wirklichen Uneinigkeiten wegen des Grenzverlaufs als vielmehr an der Sklavenfrage. Bürger von Shoaks wollten nicht hinnehmen, dass Soldaten, die in Kämpfen verwundet oder

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