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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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der ihn vor mir getragen hatte. Seltsam, wie schwer es mir fiel, das Vernünftige zu tun. Ich nahm den Ohrring ab, wickelte ihn in das kleinste der Seidenmuster, die ich noch bei mir trug, und verstaute ihn in meiner Gürteltasche. Die Schmuckhändlerin hatte sich zu sehr dafür interessiert und sich sein Aussehen genau eingeprägt. Falls Edel beschloss, mir seine Häscher nachzuschicken, würde man nicht vergessen, diesen Ring als Erkennungsmerkmal zu erwähnen.
    Nachdem ich aufgegessen hatte, wanderte ich durch den Ort, hielt Ohren und Augen offen und versuchte ohne Fragen zu stellen all das in Erfahrung zu bringen, was ich wissen musste. Als ich am Marktplatz angekommen war, schlenderte ich von einem Stand zum anderen und opferte trotz meiner misslichen Lage vier Kupfergroschen für einen Beutel Teekräuter, Trockenfrüchte, einen kleinen Kochtopf sowie einen Becher. An mehreren Buden, die Kräuter feilboten, erkundigte ich mich nach Elfenrinde, aber entweder kannte man es hier gar nicht oder unter einem anderen Namen. Auch gut, dachte ich und hoffte, ohne sie auskommen zu können. Man verkaufte mir stattdessen Sonnenkranzkerne, von denen man mir versicherte, sie seien das beste Mittel, um trotz großer Müdigkeit hellwach zu bleiben.
    Eine Lumpensammlerin ließ mich für zwei Kupfergroschen in ihrem Karren wühlen. Ich förderte einen übelriechenden, aber noch brauchbaren Umhang zutage und eine Hose, die ebenso kratzig wie warm zu sein versprach. Meine restlichen Seidenstücke tauschte ich gegen ein Kopftuch ein, das mir die Alte unter zahlreichen anzüglichen Bemerkungen umbinden half. Wieder machte ich aus meinem Umhang ein Bündel für meine übrigen Sachen und begab mich dann zu den Schlachthöfen im Osten der Stadt.
    Der Gestank, der mir entgegenwaberte, war fast greifbar. Von Pferch zu Pferch türmte sich der Mist zu Bergen, darüber der durchdringende Geruch von Blut und Gedärmen aus den Schinderbaracken und der beißende Dunst der Gerbereien. Über diesem bestialischen Gestank war die Luft erfüllt vom Brüllen der Rinder, dem Quieken der Haragar, dem Summen der Schmeißfliegen und den rauen Zurufen der Männer, die das Vieh von einem Pferch in den nächsten trieben oder zur Schlachtbank zerrten. Sosehr ich mich auch zu beherrschen versuchte, es gelang mir nicht, meine Sinne gegen das blinde Elend und die Panik der wartenden Tiere abzuschotten. Sie wussten nicht, was sie erwartete, aber der Blutgeruch und der Lärm erregten in einigen von ihnen ein Entsetzen, das mit dem vergleichbar war, das ich empfunden hatte, als ich auf dem Boden von Edels Kerker lag. Trotz allem musste ich an diesem grässlichen Ort ausharren, denn hier kamen die Handelskarawanen an, und von hier nahmen einige auch ihren Ausgang. Wer Vieh hierhergetrieben hatte, kaufte meistens andere Handelsware ein, um den Rückweg nicht mit leeren Händen anzutreten. Ich hoffte, bei irgendeinem der Kaufleute Arbeit zu finden, um im Schutz eines Wagenzugs wenigstens bis zum Blauen See zu gelangen.
    Bald stellte ich fest, dass ich nicht der einzige mit solchen Hoffnungen war. Auf einem freien Platz zwischen zwei Spelunken war ein bunt gemischter Gesindemarkt im Gange. Da standen Hirten, die mit einer Herde vom Blauen See hergekommen waren, ihren Lohn hier verprasst hatten und nun, abgebrannt und verkatert, nichts anderes wollten als nach Hause und sich unterwegs noch ein paar Groschen verdienen. Für einige von ihnen war es der Rhythmus ihres Lebens als Viehtreiber. Auch ein paar Halbwüchsige lungerten hier herum auf der Suche nach Freiheit und Abenteuer und der Möglichkeit, sich fern elterlicher Aufsicht die Hörner abzustoßen. Darunter mischten sich andere Gestalten, der Abschaum der Stadt, die keine feste Arbeit finden konnten oder zu ruhelos waren, um an einem Ort sesshaft zu werden. So richtig passte ich zu keiner der Gruppen, doch zu guter Letzt stand ich bei den Hirten.
    Ich hatte mir einen Lebenslauf zurechtgelegt: Meine Mutter sei kürzlich gestorben und der Hof an meine ältere Schwester gefallen, die mich nicht gebrauchen konnte. Also hatte ich mich auf den Weg zu meinem Onkel gemacht, der hinter dem Blauen See wohnte, aber auf halbem Weg war mir das Geld ausgegangen. Nein, ich hatte bisher noch nicht als Viehtreiber gearbeitet, doch auf unserem Hof hatten wir Pferde, Rinder und Schafe gehabt, weshalb ich einiges über Haltung und Pflege wusste und man mir eine gute Hand für Tiere nachsagte.
    An diesem Tag blieb ich efolglos. Den

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