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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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einen Lehrling, und wenn er zur Lehre nichts taugt, kann er ihn als einfachen Handlanger weiterverkaufen. Dann ist man sechs Jahre lang nicht viel besser als ein Sklave.« Sie schluckte. »Manche sagen, es spornt einen Lehrling an, wenn er weiß, dass er vielleicht in einer Küche die Drecksarbeit verrichten oder sechs Jahre lang in einer Schmiede den Blasebalg treten muss, wenn sein Meister nicht zufrieden ist.«
    »Nun, so wie es sich anhört, solltest du dich mit den Puppen anfreunden«, meinte ich lahm. Ich setzte mich auf die Deichsel von Damons Karren und schaute auf die wolligen Köpfe meiner Schützlinge. Tassin setzte sich neben mich.
    »Oder hoffen, dass mich jemand loskauft«, sagte sie niedergeschlagen.
    »Du redest von dir, als wärst du eine Sklavin. So schlimm ist es doch nicht, oder?«
    »Tag für Tag etwas tun müssen, das man für albern hält?«, begehrte sie auf. »Und geschlagen werden, weil man es nicht richtig macht? Ist das etwa besser als ein Sklavendasein?«
    »Nun, du hast zu essen und einen Platz zum Schlafen, und du wirst eingekleidet. Außerdem gibt er dir die Möglichkeit, etwas zu lernen, nämlich ein Gewerbe, das dir den Weg in alle Sechs Provinzen ebnet, wenn du es gut beherrschst. Irgendwann gibst du vielleicht eine Vorstellung am Königshof in Bocksburg.«
    Sie schaute mich befremdet an. »Du meinst in Fierant.« Mit einem Seufzer rückte sie näher. »Ich fühle mich einsam. All die anderen, sie wollen Puppenspieler werden. Sie schimpfen auf mich, wenn ich Fehler mache, nennen mich faul und wollen nicht mehr mit mir reden, wenn sie glauben, ich hätte eine Vorstellung verdorben. Nicht einer von ihnen hat ein Herz oder hätte sich so um mich gekümmert wie du.«
    Darauf wusste ich keine Antwort. Ich kannte die anderen nicht gut genug, um ihr zustimmen oder widersprechen zu können. Also sagte ich nichts und ließ meinen Blick über die Steppe wandern, über die sich sanft die Abenddämmerung senkte. Wir verharrten in Schweigen, als es so allmählich dunkler wurde. Es war Zeit, Feuer zu machen.
    »Erzähl mir«, sagte sie schließlich, »wie bist du Schafhirte geworden?«
    »Meine Eltern starben. Meine Schwester erbte den Hof. Wir vertrugen uns nicht besonders gut, und hier bin ich.«
    »So ein Biest!«, sagte sie heftig.
    Ich holte Atem, um meine erfundene Schwester zu verteidigen, dann aber kam mir zu Bewusstsein, dass ich mit einer Antwort Tassin ermutigte, das Gespräch fortzuführen, was ich ganz und gar nicht wollte. Mir fiel zur Ausrede auch keine Arbeit ein, um mich davonzustehlen. Die Schafe und anderen Tiere grasten friedlich vor unseren Augen, ihnen fehlte nichts. Sinnlos zu hoffen, dass die anderen bald wiederkamen. Nicht, solange sie in der Schänke sitzen konnten, wo es zu trinken gab und sie nach den langweiligen Tagen unterwegs neue Gesichter sehen konnten.
    Schließlich murmelte ich etwas von Hunger und Abendessen und stand auf, um mit Steinen eine Feuerstelle einzurichten und dann trockenen Dung und Holz für das Feuer zu sammeln. Tassin bestand darauf zu kochen. Ich hatte keinen großen Hunger, aber sie aß mit herzhaftem Appetit und verpflegte mich großzügig von Maestro Dells Vorräten. Sie goss auch eine Kanne Tee auf, den wir nach dem Essen aus dickwandigen roten Keramikbechern tranken, während wir am Feuer saßen.
    Irgendwie hatte sich unser dunkles Schweigen inzwischen aufgehellt. Es war angenehm gewesen, dazusitzen und zuzusehen, wie einem jemand anders die Mahlzeit zubereitete. Anfangs hatte Tassin viel geplappert und neugierig gefragt, ob ich dieses oder jenes Gewürz mochte und ob ich meinen Tee lieber stark trank? Sie erwartete jedoch keine wirkliche Antwort darauf. Mein Schweigen schien ihr den Eindruck zu vermitteln, dass ich ein guter Zuhörer war, und ungefragt erfuhr ich mehr und mehr von ihrem Leben und ihr selbst. Beinahe verzweifelt erzählte sie davon, wie schrecklich es war, unter der Fuchtel dieses gemeinen Menschen etwas lernen zu müssen, wozu sie nicht die geringste Neigung verspürte. Sie sprach mit verständnisloser Bewunderung von der Hingabe ihrer Gefährten und deren Enthusiasmus, den sie nicht zu teilen vermochte. Dann verstummte ihr Redefluss, und sie schaute mich mit einem gequälten Blick an, der alles ausdrückte, was sie mit Worten nicht sagen konnte. Sie brauchte mir nicht zu erklären, wie einsam sie sich fühlte. Anschließend kam sie auf Dinge des Alltags zu sprechen, die kleinen Ärgernisse, wie zum Beispiel Essen, das

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