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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Wange. »So festhalten und nicht wegnehmen. Ich will nur etwas holen.« Die Augen des Mädchens hingen wie gebannt an der Narbe in meinem Gesicht, und um sie zu beruhigen, sagte ich: »Helle Haut, wie du sie hast, heilt meistens, ohne dass ein Mal zurückbleibt. Und selbst wenn, wird es nicht groß sein.«
    Ihre bestürzte Miene verriet mir, dass ich genau das Falsche gesagt hatte. Weshalb in Edas Namen musste ich mich auch wieder einmischen!
    Bei der Flucht aus Fierant hatte ich meine sämtlichen Heilkräuter und den Topf mit Burrichs Salbe zurückgelassen, aber mir war an der Stelle, wo die Schafe weideten, eine Blume aufgefallen, die aussah wie zwergwüchsige Goldrute und einige Pflanzen, die an Tormentill erinnerten. Zur Probe riss ich eine davon aus. Sie hatte den falschen Geruch, und der Saft von den Blättern war nicht gelatineartig, sondern eher klebrig. Ich wusch mir die Hände und sah mir dann die Goldrute näher an. Der Geruch stimmte. Ich zuckte die Schultern und pflückte eine Handvoll Blätter ab; dann aber dachte ich mir, wenn ich schon dabei war, konnte ich mir auch selbst einen Vorrat sammeln. Dem Anschein nach war es das gleiche Kraut, nur wuchs es niedriger und kümmerlicher auf diesem trockenen, steinigen Boden. Ich breitete meine Ernte auf der Wagendeichsel aus und sortierte alles. Die größeren Blätter ließ ich zum Trocknen liegen, doch die zarteren zerquetschte ich zwischen zwei gesäuberten Steinen und trug den so entstandenen Brei auf einem der Steine zum Wagen der Gaukler. Das Mädchen schaute zweifelnd drein, nickte aber, als ich ihr versicherte: »Das Mittel wird die Blutung stillen. Je eher sich die Wunde schließt, desto kleiner die Narbe.«
    Als sie das Tuch wegnahm, sah ich, dass die Verletzung ohnehin fast aufgehört hatte zu bluten, aber für alle Fälle bestrich ich sie mit einer Fingerspitze der Blätterpaste. Das Mädchen saß ganz still, und mir kam plötzlich zu Bewusstsein, dass ich seit meiner Trennung von Molly keine Frau mehr berührt hatte. Dieses Mädchen hatte blaue Augen, mit denen es mich groß ansah. Ich wich dem ernsten Blick aus. »So. Ab jetzt die Finger weg davon, und nicht waschen. Auch wenn sich Schorf bildet, nimm dich zusammen und kratz ihn nicht ab.«
    »Ich danke dir«, sagte sie schüchtern.
    »Gern geschehen.« Ich wandte mich zum Gehen.
    »Mein Name ist Tassin.«
    »Ich weiß. Er hat ihn laut genug gebrüllt.« Ich ging die Stufen hinunter.
    »Er ist ein grässlicher Mann. Ich hasse ihn. Wenn ich könnte, würde ich weglaufen.«
    Es schien mir falsch, sie einfach sich selbst zu überlassen. Unten blieb ich stehen. »Ich weiß, es kommt einem ungerecht vor, wenn man geschlagen wird, obwohl man sich Mühe gibt. Aber so ist es nun einmal. Wenn du wegläufst, nichts zu essen hast, keinen Platz zum Schlafen und nur Lumpen als Kleider, das wäre aber weit schlimmer. Streng dich an, damit er zufrieden ist und keinen Grund mehr hat, dich zu schlagen.« Ich glaubte so wenig an meine eigenen Worte, dass ich sie kaum über die Lippen brachte, aber was sollte ich ihr sagen? Pack deine Sachen und lauf weg? Sie würde in dieser Gegend nicht einen Tag überleben.
    »Ich will mir aber keine Mühe geben.« Unter der Flut der Tränen hatte ein Fünkchen Trotz überlebt. »Ich will kein Puppenspieler sein, und Maestro Dell wusste das, als er meine Lehrjahre gekauft hat.«
    Ich trat unauffällig den Rückzug zu meinen Schafen an, aber Tassin kam die Stufen hinunter und folgte mir.
    »In unserem Dorf gab es einen Mann, der mich leiden mochte. Er wollte mich zur Frau, hatte aber gerade kein Geld. Es war Frühling, und kein Bauer hat im Frühjahr Geld. Er versprach meiner Mutter, im Herbst den Brautpreis zu bezahlen, aber meine Mutter sagte: ›Wenn er jetzt schon arm ist, wo er doch nur sich selbst zu versorgen hat, wird es nur noch schlimmer, wenn zwei Mäuler oder gar mehr zu stopfen sind‹. Und dann verkaufte sie mich an den Puppenspieler, für die Hälfte von dem, was er gewöhnlich für einen Lehrling zahlt, weil ich nicht mitgehen wollte.«
    »Wo ich herkomme, wird es andersherum gehandhabt«, sagte ich unbeholfen. Was sie erzählte, kam mir unwahrscheinlich vor. »Die Eltern bezahlen einen Meister, damit er ihr Kind als Lehrling annimmt, weil sie hoffen, ihm damit ein besseres Leben zu ermöglichen.«
    Sie strich sich das Haar aus der Stirn. Es war hellbraun und lockig. »Ich habe davon gehört. Auch hier gibt es das manchmal, aber nur selten. Ein Meister kauft sich

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