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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Uniformrocks, und sein Kinn legte sich bis zum Hals in feiste Falten. Er wirkte zehn Jahre älter als ich. Doch mochte er auch nur aussehen wie ein träger Genießer, er würde seine Vorrechte allemal und mit allen Mitteln gegen jeden verteidigen, der sie bedrohte.
    Der Feldwebel erschien als Erster. Gleich nach ihm traten seine Männer mit Merle ins Zelt. Sie schritt aufrecht und stolz zwischen ihnen einher, trotz ihres zerschlagenen Gesichts und der geschwollenen Lippe. Mit Eiseskälte stand sie vor Burl und würdigte ihn keines Grußes. Vielleicht ahnte nur ich etwas von der Wut, die in ihr brodelte. Furcht war ihr keine anzumerken.
    Als sie neben mir stand, hob Burl den Kopf und musterte uns beide; dann streckte er die Hand aus und deutete mit dem Finger auf Merle. »Vagantin! Du bist dir bewusst, dass dieser Mann FitzChivalric ist, der von der Alten Macht besessene Bastard.«
    Merle antwortete nicht. Denn es war keine Frage.
    »In Blauer See hat dir Will, Mitglied von Galens Zirkel und Vasall König Edels, für deine Hilfe bei der Ergreifung dieses Mannes eine reiche Belohnung in Gold geboten. Du hast damals behauptet, nicht zu wissen, wo er sich befindet.« Er machte eine Pause, als wolle er ihr Gelegenheit geben, sich dazu zu äußern. Sie schwieg auch jetzt. »Doch dann finden wir dich hier wieder, und das in seiner Gesellschaft.« Er holte tief Atem. »Und nun sagt er mir, dass du ihm hilfst, um Veritas, dem vorgeblich rechtmäßigen Thronfolger, zu dienen. Und er droht mir sogar mit Veritas’ Zorn. Sag mir also, bevor ich ein Urteil fälle, ist das alles wirklich in deinem Sinne? Oder spricht er nicht für dich?«
    Wir wussten beide, dass er ihr so eine goldene Brücke baute. Ich hoffte, dass sie vernünftig genug war, ihm darauf entgegenzukommen. Sie schluckte und antwortete mit leiser, beherrschter Stimme: »Ich brauche niemanden, der für mich spricht. Ich bin auch keines Menschen Dienerin, und deshalb diene ich auch nicht FitzChivalric.« Sie verstummte, und mir fiel ein Stein vom Herzen. Dann aber straffte sie sich und fuhr fort: »Doch falls Veritas aus dem Hause Weitseher lebt, ist er der rechtmäßige König der Sechs Provinzen. Und ich zweifle nicht daran, dass alle, die sich gegen ihn wenden, seinen Zorn spüren werden - falls er jemals zurückkehrt.«
    Burl seufzte, blies die Luft durch die Nase und schüttelte betrübt den Kopf. Dann gab er einem seiner Männer ein Zeichen. »Du. Brich ihr einen Finger. Egal welchen.«
    »Ich bin eine Musikantin!«, protestierte Merle entsetzt. Sie starrte ihn ungläubig an, wie wir alle. Es war vorgekommen, dass ein Musikant wegen Hochverrats hingerichtet wurde. Einen Musikanten zu töten, das mochte angehen. Einen zu verletzen - nein.
    »Hast du mich nicht verstanden?«, fragte Burl den Soldaten, als dieser sich nicht weiter rührte.
    »Herr, sie ist eine Vagantin.« Die Miene des Bedauernswerten drückte ratlose Bestürzung aus. »Es bringt Unglück, einem Vaganten etwas anzutun.«
    Burl wandte sich von ihm an seinen Feldwebel. »Du wirst mir dafür sorgen, dass dieser Mann fünf Peitschenhiebe erhält, bevor ich mich heute Abend zurückziehe. Fünf, hörst du, und ich möchte die einzelnen Striemen auf seinem Rücken zählen können.«
    »Wie Ihr befehlt«, antwortete ihm der Feldwebel matt.
    Burl richtete wieder den Blick auf den Soldaten. »Brich ihr einen Finger. Egal welchen.« Er wiederholte die gleichen Worte und genau in dem gleichen Tonfall, als spräche er sie zum ersten Mal aus.
    Der Mann trat auf Merle zu, als befände er sich in einem Alptraum. Er würde gehorchen, denn Burl würde seinen Befehl nicht zurücknehmen.
    »Dafür werde ich dich töten«, und das war mir ein ernstes Versprechen.
    Er lächelte erheitert. »Soldat, breche ihr zwei Finger. Egal welche.« Der Feldwebel zog seinen Dolch und war mit einem raschen Schritt hinter mir. Er setzte mir die Klinge an den Hals und drückte mich auf die Knie nieder. Ich blickte zu Merle auf. Sie sah mich einmal kurz mit stumpfen und leeren Augen an, dann schaute sie wieder starr geradeaus. Ihre Hände waren wie meine auf den Rücken gefesselt. Sie stand da wie versteinert und wurde blasser und blasser, bis der Mann sie tatsächlich berührte. Als er ihre Handgelenke umfasste, schrie sie aus voller Kehle auf. Dennoch hörte man deutlich das zweimalige kurze Knacken, mit dem ihre Finger brachen, als der Mann sie an den Gelenken nach hinten bog.
    »Lass sehen«, befahl Burl.
    Als verübelte er Merle,

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