Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier
Ankunft hier gelangte ich ziemlich bald zu der Erkenntnis, dass König Eyods Hof keine geeignete Wirkungsstätte für einen Narren war.« Er seufzte. »Außerdem war mir nicht unbedingt daran gelegen, Hofnarr für einen anderen als König Listenreich zu sein. Ich war also gezwungen, nach einer anderen Möglichkeit Ausschau zu halten, mir mein täglich Brot zu verdienen. Eines Abends, vom süßen Wein fast schon betrunken, fragte ich mich, was ich am besten konnte. ›Nun, eine Marionette sein‹, gab ich mir zur Antwort. An den Fäden des Schicksals zum Tanzen gebracht und dann achtlos in die Ecke geworfen zu werden, um dort als Häufchen Elend auf die nächste Vorstellung zu warten. Warum sollte ich also nicht einmal, statt an den Fäden zu hängen, selbst die Fäden ziehen? Am nächsten Tag setzte ich meinen Entschluss in die Tat um, und schon bald hatte ich Freude daran. Die einfachen Spielzeuge, mit denen ich aufgewachsen bin, und was ich in Bock gesehen habe, sind für die Kinder hier in den Bergen wahre Wunderdinge. Ich stellte fest, dass ich in diesem Handwerk kaum noch mit Erwachsenen zu tun hatte. Die Kinder hier lernen sehr früh zu jagen, zu fischen, zu weben und auf den Feldern zu arbeiten, und was sie dabei erwirtschaften, ist ihr Eigentum. Also tausche ich bei ihnen ein, was ich brauche. Kinder, habe ich gemerkt, sind viel eher bereit, das Ungewöhnliche hinzunehmen. Sie gestehen ihre Neugier offen ein und verachten nicht gleich den Gegenstand, der sie auslöst.« Seine weißen Finger schlangen noch kurz einen sorgfältigen Knoten, dann führte er mir seine neue Schöpfung vor.
Ich beobachtete das muntere Gehampel mit dem nostalgischen Bedauern, nie selbst ein solches Ding aus buntlackiertem Holz besessen zu haben. »Ich möchte, dass meine Tochter solches Spielzeug hat«, hörte ich mich laut sagen. »Schönes Spielzeug und weiche, hübsche Kleider, Haarbänder und Puppen, um sie an sich zu schmiegen.«
»Das wird sie«, versprach er mir ernst. »Das wird sie.«
Die Tage vergingen. Meine Hände bekamen wieder ein normales Aussehen, sogar ein paar Schwielen. Die Heilerin sagte, ich bräuchte keinen Verband mehr. Allmählich fühlte ich mich ruhelos, wusste jedoch sehr wohl, dass ich noch nicht wieder kräftig genug war, um einen baldigen Aufbruch ins Auge zu fassen.
Meine Rastlosigkeit raubte wiederum dem Narren die Ruhe. Mir fiel gar nicht auf, dass ich ständig vor dem Herd auf und ab wanderte, bis er eines Tags vom Stuhl aufstand und mir den Tisch in den Weg schob, um mich vom Kurs abzubringen. Wir lachten beide, aber die unterschwellige Spannung blieb. Ich sah mich als einen Störenfried, der die Atmosphäre vergiftete, wohin er auch kam.
Krähe kam oft zu Besuch und trieb mich zur Verzweiflung mit ihren Lektionen über die Schriften, die den Weißen Propheten betrafen. Zu häufig war darin von einem Wandler die Rede. Manchmal nahm der Narr an den Gesprächen teil, doch meistens gab er nur nichtssagende Geräusche als Kommentar von sich, während Krähe versuchte, mir die Zusammenhänge zu erklären. Fast vermisste ich ihre grantige Wortkargheit von früher, und je mehr sie von ihrem Wissen preisgab, desto verwunderter fragte ich mich, welcher Wind eine Frau aus Bock so weit in die Fremde verschlagen hatte, wo sie Anhängerin einer merkwürdigen Lehre geworden war, deren Inhalte sie eines Tages wieder zurück in die heimatlichen Gefilde führen würden.
Merle besuchte mich ebenfalls, wenn auch nicht so häufig wie Krähe, und gewöhnlich nur dann, wenn der Narr in irgendwelchen Geschäften außer Haus war. Es hatte den Anschein, dass die beiden nicht im selben Zimmer sein konnten, ohne dass die Funken sprühten. Sobald ich in der Lage gewesen war, ein paar Schritte zu gehen, hatte sie mich zu Spaziergängen im Freien überredet, wahrscheinlich, um dem Narren nicht zu begegnen. Meistens fühlte ich mich nach Unterhaltungen mit Merle gereizt und aufgewühlt. Sie redete viel über den Krieg daheim, was sie aus Gesprächen zwischen Chade und Kettricken erfahren hatte, denn sie war oft bei ihnen und spielte an den Abenden für sie, so gut es sich eben mit der verletzten Hand und einer geliehenen Harfe bewerkstelligen ließ. Sie wohnte im Hauptbereich der königlichen Residenz. Diese Kostprobe eines Lebens bei Hofe schien ihr zu behagen. Sie befand sich fast ständig in einem Zustand der Euphorie. Die bunten Kleider des Bergvolks betonten ihre dunklen Haare und Augen, und die Kälte zauberte
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