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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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für mich überhaupt von Bedeutung war.
    »Wer ist Krähe?«, fragte der Narr urplötzlich.
    »Wer ist Krähe?«, wiederholte ich die Frage verdutzt.
    »Wenn mich nicht alles täuscht, waren das soeben meine Worte.«
    »Krähe ist...« Wie beschämend, dass ich so wenig über jemanden wusste, mit dem ich mehrere Tage unterwegs gewesen war. »Ich glaube, sie stammt aus Bock. Sie ist viel gereist, hat unzählige Schriften und Prophezeiungen studiert und ist aus der Fremde zurückgekehrt, um den Weißen Propheten zu suchen.« Ich kommentierte mein spärliches Wissen mit einem abschließenden Schulterzucken.
    »Sag mir, findest du sie - bedeutungsvoll?«
    »Wie bitte?«
    »Hast du nicht das Gefühl, sie strahlt etwas aus, etwas...« Er schüttelte ungehalten den Kopf. Zum ersten Mal seit ich ihn kannte, sah ich den Narren um Worte verlegen. »Manchmal glaube ich, sie ist wichtig. Es scheint mir, als ob ihr Schicksal mit dem unseren verknüpft ist. Dann wieder kommt sie mir nur vor wie eine neugierige alte Frau, die einen bedauerlich schlechten Geschmack in der Wahl ihrer Begleiter an den Tag legt.«
    »Damit meinst du mich.« Ich lachte.
    »Nein. Ich meine diese aufdringliche Musikantin.«
    »Weshalb seid ihr einander so feindselig gesinnt, du und Merle? « Erst neulich musste ich ihn gegen sie verteidigen, und nun vielleicht sie gegen ihn.
    »Nicht feindselig, Fitzilein. Von meiner Seite aus ist es Gleichgültigkeit. Unglücklicherweise kann sie sich nicht vorstellen, dass es einen Mann gibt, den es nicht juckt, ihr den Hengst zu machen. Sie betrachtet meine Reserviertheit als Kränkung und versucht, daraus bei mir auf irgendeinen Mangel oder Fehler zu schließen, wohingegen mir ihre besitzergreifende Art dir gegenüber ganz und gar nicht passt. Sie empfindet keine echte Zuneigung für dich, Fitz. Sie will nur irgendwann einmal sagen können, ich kannte FitzChivalric.«
    Ich schwieg, weil ich fürchtete, er könne Recht haben.
    Wir erreichten den Palast von Jhaampe. Er war Bocksburg so unähnlich, wie man sich nur denken kann. Ich habe gehört, dass die einzigartige Architektur Jhaampes auf die kuppelförmigen Jurten zurückgeht, in denen einige der Nomadenstämme auch heute noch wohnen. Die kleineren Wohnhäuser waren diesem Ursprung noch nahe genug, um mir nicht das ehrfürchtige Staunen einzuflößen, das ich jedes Mal beim Anblick des Palastes empfand. Der lebende Baum, der den mittleren Stützpfeiler bildete, ragte hoch über uns auf. In weitem Kreis gepflanzte kleinere Bäume waren mit viel Sorgfalt über Jahre hinweg so in ihrem Wuchs beeinflusst worden, dass sie mit ihren Ästen und Zweigen als Gerüst für die sanft gewölbten Außenwände dienen konnten. Sobald dieses lebende Spalier vollendet war, erhielt es eine Verkleidung aus Matten aus Rindenbast. Verputzt mit einem besonderen Lehm und mit einer bunten Lackschicht überzogen, erinnerten diese Gebilde mich immer wieder an die geschlossenen Tulpenblüten, nach denen sie benannt waren, oder an Pilzkappen. Trotz seiner beeindruckenden Größe wirkte der Palast organisch, als wäre er aus der satten Erde des altehrwürdigen Waldes emporgewachsen, der ihn schützend umgab.
    Die Größe verlieh dem Palast seine Majestät. Keine sonstigen äußeren Zeichen wiesen auf seine Bedeutung hin, keine Fahnen, keine Wachen in Uniform. Niemand verwehrte uns den Zutritt, als der Narr eine geschnitzte Seitentür öffnete und mich eintreten ließ. Ich folgte ihm durch ein Labyrinth vereinzelter Räumlichkeiten. Weitere Kammern befanden sich auf Plattformen über uns und waren über Leitern oder, wenn es sich um größere Gemächer handelte, über hölzerne Stiegen erreichbar.
    Die Wände der Räume waren dünn. In den meisten Fällen bestanden sie aus Rindenbasttapisserien in Holzrahmen. Im Innern des Palastes war es kaum wärmer als draußen. Die einzelnen Räume wurden im Winter durch kleine Feuerbecken geheizt.
    Ich folgte dem Narren zu einem Gemach, dessen Außenwände mit Tuschezeichnungen von Wasservögeln bemalt waren. Es schien dauerhafter gebaut zu sein und besaß ebenfalls mit Vögeln verzierte hölzerne Schiebetüren. Von drinnen hörte man Stimmengemurmel und den Klang von Merles Harfe.
    Der Narr klopfte an, wartete kurz, dann schob er die Tür zur Seite, und wir traten ein. Ich erblickte Kettricken und die Freundin des Narren, Jofron, sowie mehrere andere Leute, die ich nicht kannte. Merle saß auf einer niedrigen Bank und spielte leise ihre Weisen, während

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