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Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Kettricken und die anderen auf einem großen Stickrahmen, der fast den ganzen Raum ausfüllte, eine Steppdecke mit Stickereien versahen. Entlang des oberen Randes entstand ein leuchtender Blumengarten. Chade saß nicht weit entfernt von Merle. Er trug ein weißes Hemd und schwarze Hosen, dazu eine bunt bestickte Weste. Sein Haar war im Nacken zu einem Kriegerzopf geflochten, und er trug an einem Lederband das Bockswappen auf der Stirn. Er wirkte um Jahrzehnte jünger als in Bocksburg. Sie unterhielten sich so leise, dass es über der Musik nicht zu hören war.
    Mit der Nadel in der Hand blickte Kettricken zu uns auf und begrüßte uns gelassen. Sie stellte mich den übrigen Anwesenden als Tom vor und erkundigte sich höflich nach dem Fortschritt meiner Genesung. Ich dankte, dann wurde ich aufgefordert, mich zu setzen. Der Narr ging um den Stickrahmen herum und machte Jofron ein Kompliment für ihre Kunstfertigkeit; und als sie ihn einlud, nahm er neben ihr auf der Bank Platz. Ganz selbstverständlich bewaffnete er sich mit Nadel und Garn, fädelte ein und ließ in einer Ecke der großen Stofffläche Fantasieschmetterlinge entstehen. Dabei unterhielten er und Jofron sich mit leiser Stimme über Gärten. Er schien sich wohlzufühlen, ich hingegen kam mir ausgegrenzt vor und fehl am Platz, da ich als Einziger in einem Raum voller still beschäftigter Menschen völlig tatenlos dastand. Ich wartete darauf, dass Kettricken mich ansprach, doch sie hielt den Kopf über die Stickarbeit gesenkt. Merle schaute zu mir her und lächelte mir leicht zu. Chade wich meinem Blick aus. Er sah an mir vorbei, als wären wir uns fremd.
    Die Gespräche im Zimmer waren gedämpft und immer wieder von langen Pausen unterbrochen, bis sie dann meistens durch eine Bitte um einen Garnstrang oder eine Bemerkung über die Arbeit des Nachbarn fortgesetzt wurden. Merle spielte die altvertrauten Bock’schen Lieder, jedoch ohne dabei zu singen. Niemand sprach zu mir oder schenkte mir Beachtung. Ich wartete.
    Nach einer Weile begann ich mich zu fragen, ob es sich hier um eine subtile Art der Bestrafung handelte. Ich bemühte mich um Gelassenheit, aber die Spannung baute sich in Abständen immer wieder in mir auf. Von Zeit zu Zeit musste ich mich immer wieder aufs Neue ermahnen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und locker zu bleiben. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich ein ähnliches Unbehagen bei Kettricken bemerkte. In Bocksburg, jungvermählt und neu bei Hofe, hatte ich ihr fast täglich aufgewartet. Damals zeigte sie sich bei der Handarbeit recht lustlos, dafür brachte sie umso mehr Begeisterung für ihren Garten auf; aber jetzt ließ sie mit einer Verbissenheit die Nadel fliegen, als hinge die Existenz der Sechs Provinzen davon ab, ob und wann sie diese Decke fertigstellte. In meiner Erinnerung war sie schmaler gewesen und ihr Gesicht schärfer konturiert. Ein Jahr nachdem sie ihr Haar zum Zeichen der Trauer um ihren Gemahl abgeschnitten hatte, war es noch immer nicht wieder lang genug, um sich ordentlich aufstecken zu lassen; dünne blonde Strähnen kräuselten sich um ihre Stirn und ihre Wangen. Um Mund und Augen hatten sich Falten eingegraben, und sie kaute an den Lippen, was mir früher nicht bei ihr aufgefallen war.
    Der Vormittag schleppte sich dahin, bis sich endlich einer der Männer aufrichtete, die Arme reckte und erklärte, seine Augen wären müde, für heute sei es genug. Er fragte die Frau neben ihm, ob sie Lust hätte, ihn auf die Jagd zu begleiten, und sie stimmte begeistert zu. Als wäre dies eine Art Signal, erhoben sich nach und nach alle anderen von ihren Plätzen, streckten sich und nahmen Abschied von Kettricken. Mich befremdete der vertrauliche Umgangston, den sie mit ihr pflegten, bis mir einfiel, dass man sie hier nicht als Monarchin betrachtete, sondern als ein geweihtes OPFER an die Berge. In ihrem Volk galt das Staatsoberhaupt nicht als Herrscher, sondern als Führer und Berater. Von ihrem Vater, König Eyod, erwartete man, dass er uneigennützig immer und jederzeit seinen Untertanen zur Verfügung stand. Seine Position war zwar weniger erhaben als die der Monarchen der Sechs Provinzen, dafür brachte man ihm aber mehr Liebe und Achtung entgegen. Unwillkürlich stellte ich mir die Frage, ob es für Veritas nicht besser gewesen wäre, hierherzukommen und Kettrickens Prinzgemahl zu sein.
    »FitzChivalric.«
    Kettrickens Ansprache wirkte wie ein Befehl, und ich hob den Kopf. Nur sie, ich, Merle, Chade und der Narr

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