Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier

Titel: Fitz der Weitseher 03 - Der Nachtmagier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
mit unserer Tochter im Arm vor mir stehen würde, so müsste ich dennoch auf die Suche nach meinem König gehen. Ganz gleich, was mit mir geschieht, ich muss Veritas suchen!«
    Bei meinen letzten Worten veränderte sich die Atmosphäre im Raum. Chade hob den Kopf und betrachtete mich mit leuchtenden Augen. Kettricken wandte sich ab, und ich sah eine Träne über ihre Wange rinnen. Wahrscheinlich hatten sie meine Worte beschämt. Für den Narren war ich wieder sein Wandler. In Merle keimte die Hoffnung, ich könnte ihr doch noch den Stoff zu einer Ballade liefern.
    Doch an mir nagte der übermächtige Hunger nach dem Absoluten. Veritas hatte es mir gezeigt, in seiner reinen, materiellen Form. Ich würde dem Ruf meines Königs folgen und ihm dienen, wie ich es geschworen hatte. Doch jetzt rief mich noch eine andere Stimme. Die Stimme der Gabe.

KAPITEL 23
    DIE BERGE
    M an könnte dem Irrtum erliegen, das Bergreich mit seinen kleinen Weilern und der verstreut lebenden Bevölkerung wäre erst seit kurzem unter einem Herrscher vereint und ein neuer Zusammenschluss einzelner Stämme. Tatsächlich reicht seine Geschichte jedoch erheblich weiter zurück als die schriftlichen Aufzeichnungen der Sechs Provinzen. In alter Zeit schlossen die verschiedenen Jäger, Hirten und Bauern, ob Nomaden oder Sesshafte, sich nach und nach unter einer Richterin zusammen, die in Jhaampe residierte. Obwohl ihre Nachfolger vom Ausland als König, beziehungsweise Königin bezeichnet wurden, ist er oder sie für die Bevölkerung des Bergreichs noch immer das geweihte Opfer, jemand, der bereit ist, alles, selbst das eigene Leben, zum Wohl der Untertanen zu geben. Die erste Richterin aus Jhaampe ist heute nur noch eine sagenhafte Gestalt aus der Zeit vor dem Beginn der historischen Aufzeichnungen. Von ihren Taten berichten nur noch Legenden und die Lieder, die im Bergvolk noch weiterhin gesungen werden.
    Doch wie alt diese Lieder auch sein mögen, es finden sich in diesen mündlichen Überlieferungen Hinweise auf einen noch früheren Herrscher in einer unbekannten Hauptstadt. Das Bergreich, so wie wir es heute kennen, besteht aus den Nomaden und Siedlungen an den östlichen Ausläufern des Gebirges. Hinter den mächtigen Bergen liegen die eisigen Küsten des Weißen Meeres. Einige wenige Handelswege winden sich noch immer durch die felsigen Schluchten zu dem Volk von Jägern, das an jenem Ort aus Eis und Schnee lebt. Im Süden der Berge liegen am Fuße des Gebirges die Urwälder der Regenwildnis und irgendwo dort auch die Quellen des Regenflusses, des Haupthandelsweges der Chalced-Staaten. Dies sind die einzigen Länder und Völker jenseits des Gebirges, die wirklich erforscht und kartographiert wurden. Doch seit Menschengedenken hat es noch Sagen von einem anderen Land gegeben, das verborgen und vergessen zwischen namenlosen Gipfeln liegen soll. Je weiter man in die Berge eindringt und dabei das Gebiet der Stämme hinter sich lässt, die zu Jhaampe gehören, desto unwirtlicher und wilder wird die Landschaft. Hier liegt auf den höheren Gipfeln ewiger Schnee und die Täler sind ausgefüllt von Gletschereis. In manchen Gebieten sollen aus Felsspalten Dampf und Rauch aufsteigen. Hier gerät die Erde immer wieder leicht ins Beben, wobei sie sich manches Mal auch in urzeitlicher Wut aufbäumt. Es gibt keinen Grund, sich in diese Einöde aus Geröll und zerklüftetem Fels zu wagen. Die Jagd ist weiter unten an den grünen Hängen der Berge viel leichter und ergiebiger, außerdem sind die Hochweiden zu karg, um Schafhirten den Weg und die Gefahren lohnend erscheinen zu lassen. So überrascht es kaum, dass sich die üblichen Mythen um das vergessene Land ranken. Man erzählt sich von Drachen und Riesen, alten Ruinenstädten, wilden Einhörnern, sagenhaften Schätzen und geheimnisvollen Karten, die den Weg weisen zu menschenleeren, mit Gold gepflasterten Straßen. In dieser Vorstellung verbergen sich in jenem vergessenen Land Täler ewigen Frühlings, wo das Wasser dampfend aus dem Boden quillt. Böse Zauberer seien dort in Edelsteinhöhlen gebannt, und altes Unheil sei es, das dort in der Erde schlummert. All das gibt es angeblich in dem sagenhaften Land jenseits der Grenzen des Bergreichs.

    Kettricken war tatsächlich davon ausgegangen, dass ich ihr meine Hilfe bei der Suche nach Veritas versagen würde. Während meiner Genesung hatte sie den Entschluss gefasst, auf eigene Faust nach ihm zu suchen, und damit begonnen, die nötigen Reisevorbereitungen zu

Weitere Kostenlose Bücher